eco - Verband der Internetwirtschaft e. V.
Internet-Verband eco befürchtet UMTS-Desaster
Zu hohe Lizenzkosten behindern Mobile Commerce auf Jahre
Köln (ots)
Die 99,4 Mrd DM für die UMTS-Lizenzen werden die Anbieter, die Verbraucher und den Markt für Mobile Commerce in Deutschland über Jahre hinweg schwer belasten, erklärt der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. (Köln). "Durch die a conto-Zahlung an Finanzminister Eichel bleibt wenig Geld für die Entwicklung neuer Dienste für das mobile Internet übrig", spart Dr. Bettina Horster Vorsitzende des Arbeitskreises "Mobile Commerce" im eco-Verband und Geschäftsführerin der VIVAI Software GmbH, nicht mit Kritik. Sie erläutert: "Die Betreiber müssen jeden Monat zusammen eine halbe Mrd DM über die Lizenzdauer von 20 Jahre hinweg aufwenden, gleichgültig, ob und wie gut das Netz läuft. Dieses Geld wäre besser in innovative Dienste mit direktem Kundennutzen investiert worden."
Die UMTS-Anbieter tragen laut Horster mehr als viermal so hohe Lizenzkosten im Vergleich zu den 20 Mrd DM, die Fachleute als wirtschaftliche Obergrenze für alle Anbieter zusammen errechnet hatten. Die völlig überhöhten Einstiegsinvestitionen - zur Lizenz kommen zahlreiche weitere Kostenblöcke auf die Anbieter hinzu - werden die Rolle Deutschlands im Weltmarkt für Mobile Commerce schwächen, prognostiziert der Verband. Leidtragende werden nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Verbraucher sein: hohe Preise, mangelhafte Netzqualität und ein eingeschränktes Diensteangebot seien angesichts der verpulverten Milliarden für die Lizenz abzusehen, meint die M-Commerce-Expertin Dr. Bettina Horster.
"Die Lizenz ist nur die Erlaubnis, an den Start zu gehen. Jetzt beginnt der mühselige Aufbau der Infrastruktur, die Bewältigung der technischen Hürden, die bei jeder neuen Technologie zu erwarten sind, das Schnüren von attraktiven Angeboten für den Verbraucher und nicht zuletzt die millionenschwere Vermarktung der neuen Dienste", erläutert Dr. Bettina Horster die Gründe für ihre Skepsis. Sie erklärt: "Auf der Endgeräteseite gibt es bislang nur schicke Designstudien. Aber niemand weiß, ob die Kunden wirklich ein Bildtelefon haben wollen, und was sie bereit wären, dafür auszugeben. Auch die Vision von der allgegenwärtigen Email-Kommunikation ist mit den Ameisen-Tastaturen heutiger Handys und den Designmodellen absurd - auf den Minitasten wird selbst das Eintippen einer einfachen Webadresse zur Qual. Natürlich sind zusammenlegbare Bluetooth-Tastaturen und Spracheingabe denkbar - aber das ist Zukunftsmusik mit ungetesteter Nutzerakzeptanz."
Dr. Bettina Horster will nicht als Skeptikerin per se verstanden werden wissen: "Mobile Commerce wird nach den Geburtswehen, die mit jeder neuen Technologie verbunden sind, ohne Zweifel eine große Zukunft haben. Die völlig übersteigerten Lizenzkosten könnten jedoch dazu führen, dass bis dahin mehrere der heutigen UMTS-Lizenznehmer gar nicht mehr im Rennen sind." Sie befürchtet insbesondere, dass die schon heute aktiven Mobilfunkbetreiber ihre GSM-Gewinne einsetzen werden, um durch starke Subventionierung von UMTS die neuen Anbieter aus dem Markt zu halten. Horster: "Im schlimmsten Fall haben wir es dann mit einem Duopol zu tun."
Die Argumentation, dass die hohen Lizenzsummen und der gleichzeitige Markteintritt von sechs Anbietern zu einem scharfen Wettbewerb führen werden, von dem der Verbraucher profitiere, hält Dr. Bettina Horster für unsinnig. Im Gegenteil müssten die Anbieter jetzt beim Aufbau der Infrastruktur besonders kostenbewusst vorgehen, was potenziell zu einer schlechteren Netzqualität führe, unter der der Kunde leide. Noch gravierender ist laut Horster, dass die Kalkulationen der Anbieter auf absehbare Zeit keinen UMTS-Massenmarkt zuließen. Sie verweist auf Umfragen, wonach die Mehrheit der Internet-Nutzer (zwei Drittel) bereit wären, maximal 40 Mark monatlich für den multimedialen Mobilfunk auszugeben. "Weit darüber liegende Nutzungsgebühren würden den Massenmarkt verhindern und damit Deutschland eine schlechte Startposition in den Zukunftsmarkt Mobile Commerce verschaffen", meint die eco-Expertin. Nach Berechnungen von Dr. Bettina Horster führen jedoch die beinahe 100 Mrd DM Lizenzgesamtsumme unter Berücksichtigung der Netzaufbaukosten zu Monatsbeträgen in der Größenordnung von über 300 DM. "Bei 300 Mark monatlich finden sich jedoch nur wenige Kunden für UMTS und der Massenmarkt rückt in weite Ferne", resümiert Horster, neben dem eco-Engagement zugleich Geschäftsführerin der VIVAI Software GmbH, die auf "B-to-B im mobilen Internet" spezialisiert ist.
Der Verband der deutschen Internet-Wirtschaft hatte von Anfang für einen sog. "Schönheitswettbewerb" statt der Versteigerung der UMTS-Lizenzen plädiert. Die Versteigerung von Frequenzen komme lediglich dem Staatshaushalt zugute, hatte der Verband frühzeitig gewarnt. "Bundesfinanzminister Hans Eichel hat hier in Anlehnung an andere Länder von der Regulierungsbehörde eine für ihn wunderbare Einnahme-Falle aufstellen lassen - und die Telekommunikationsgesellschaften sind sehenden Auges hineingetappt", analysiert Dr. Bettina Horster das Zustandekommen der heutigen Situation: "Jetzt, nachdem der erste Lizenznehmer binnen Tagen schon wieder aus einem Konsortium ausgestiegen ist, die vermeintlichen Gewinner einen kräftigen Kursverfall an der Börse hinnehmen mussten und sich durch Bonitätsherabstufungen der großen Ranking-Agenturen auf höhere Zinsen für Anleihen einstellen müssen, kommt Katerstimmung auf."
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