eco - Verband der Internetwirtschaft e. V.
Internetwirtschaft übt scharfe Kritik an NRW-Sperrpolitik
Köln (ots)
Harald A. Summa: "Haftung der Internet-Zugangsanbieter ist, als ob der Vorstand der Post für die Beförderung von Milzbrand-Briefen verantwortlich gemacht würde - absurd!"
Die deutsche Internetwirtschaft wehrt sich aufs schärfste gegen die Internet-Sperrpolitik der Düsseldorfer Bezirksregierung. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. (Köln), wirft dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow Handeln am Rande der Legalität vor. Büssow hatte persönlichen Druck auf die Geschäftsführer von Internet-Diensteanbietern (Internet Service Provider) ausgeübt, um deren Firmen zur Sperrung unerwünschter Inhalte zu zwingen. Der eco-Verband spricht von "erpresserischem Vorgehen".
In Folge des Büssow-Drucks hat die mittelständische Düsseldorfer Firma ISIS vier Webadressen herausgenommen, "um einem ordnungsrechtlichen Verfahren und einem Bußgeld zu entgehen", wie eine ISIS-Sprecherin mitteilte. ISIS greift hierzu in das Domain Name System (DNS) ein: ISIS-Kunden, die eine der vier Webadressen eintippen, werden über einen DNS-Server automatisch auf ein Meldeformular für illegale Websites bei der Düsseldorfer Bezirksregierung umgeleitet. Die gleichen Webadressen bleiben allerdings über alle anderen DNS-Server weiterhin im Netz erreichbar. An mehreren Stellen im Netz wird ausdrücklich darauf hingewiesen, wie die bei ISIS gesperrten Webseiten beispielsweise über die DNS-Server der Deutschen Telekom AG, dem nach Kundenzahl größten ISP Deutschlands, und der DENIC eG, dem zentralen Verwaltungsorgan der Domain ".de", erreichbar bleiben. Schlimmer als diesen Placebo-Effekt stuft die Internetwirtschaft die ungewollte Aufmerksamkeit ein, die genau diejenigen Webseiten erlangen, die aus dem Netz gedrängt werden sollen.
Harald A. Summa, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft, erklärt dazu: "Es darf nicht sein, dass Herr Büssow in einer selbstherrlichen Zensur festlegt, was die Bevölkerung Deutschlands im Internet vorfindet und was nicht. Die Verfolgung und Verurteilung von Anbietern strafbarer Inhalte obliegt Staatsanwälten und Gerichten, nicht einem Verwaltungsorgan. Es kann nicht angehen, dass sich ein Regierungspräsident zum Staatsanwalt aufschwingt und ohne richterliche Anordnung versucht darüber zu bestimmen, welche Inhalte aus dem Internet entfernt werden. Der Versuch, auf die Geschäftsführer von Access-Providern als vermeintliche Mittäter Druck auszuüben ist ebenso absurd, wie eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vorstandes der Deutschen Post AG für das Befördern von Milzbrand-Briefen. Dass dies dann auch noch durch einen Regierungspräsidenten und nicht durch die Strafverfolgungsbehörden erfolgt, schlägt dem Fass den Boden aus."
Jörg Tauss, Mitglied des Deutschen Bundestages, Beauftragter für Neue Medien und bildungs- und forschungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, schreibt in einer eigenen Presseerklärung dazu: "Es kann und darf nicht das Ziel sein, diejenigen zu kriminalisieren, die lediglich den Zugang zu den Datennetzen ermöglichen, aber keinen Einfluss auf die Inhalte nehmen können. Maßnahmen wie Zensur, die Verpflichtung zur automatischen inhaltlichen Filterung oder eine generelle Überwachung elektronischer Kommunikation können für demokratisch verfasste Staaten nicht in Betracht kommen."
"Büssow und geistig Gleichgesinnte verdrängen die Internetwirtschaft aus Düsseldorf, aus Nordrhein-Westfalen und in letzter Konsequenz aus Deutschland" warnt der eco Forum e.V. vor den weitreichenden Folgen der unbedachten Vorgehensweise in NRW.
eco Electronic Commerce Forum e.V. ist der Verband der Internetwirtschaft in Deutschland. Ziel ist, die kommerzielle Nutzung des Internets voranzutreiben, um die Position Deutschlands in der globalen Internet-Ökonomie und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu stärken. eco Forum e. V. versteht sich in diesem Sinne als Interessenvertretung der deutschen Internetwirtschaft gegenüber der Politik, in Gesetzgebungsverfahren und in internationalen Gremien.
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