eco - Verband der Internetwirtschaft e. V.
Das eco Forum e.V. hält eine erfolgreiche Sperrung des Zugriffs auf Inhalte ausländischer Rechner nicht für möglich
Köln (ots)
Die Bezirksregierung Düsseldorf drängt seit einigen Monaten die Access-Provider in Nordrhein-Westfalen dazu, den Zugang zu vier, größtenteils Neonazi-Propaganda verbreitenden amerikanischen Websites zu sperren.
Das eco Forum e.V. Verband der deutschen Internetwirtschaft weist darauf hin, dass das Problem derartiger illegaler Inhalte bei deutschen Providern beziehungsweise auf Servern in Deutschland weitestgehend nicht mehr besteht. Sollte es auftreten, wird es im Rahmen der freiwilligen Selbstkontrolle und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden schnell und effizient gelöst.
Daher bezieht sich die Kritik an dem Vorstoß der Bezirksregierung Düsseldorf nur auf die Sperrung des Zugriffs auf Inhalte ausländischer Rechner.
Harald A. Summa, Geschäftsführer des eco Forum e.V. erklärt: "Eine erfolgreiche Sperrung des Zugriffs auf Inhalte ausländischer Rechner ist nicht möglich. Derartige Sperrmaßnahmen sind kontraproduktiv und haben schädliche Nebenwirkungen. Zudem führen sie lediglich zu einer Verlagerung des rechtswidrigen Datenverkehrs in andere Bereiche, die dann auch nicht mehr durch die Verfassungsschutzbehörden kontrollierbar sind."
Eine Lösung dieses Problems lässt sich nach Ansicht des eco Forum e.V. nur über die Entwicklung vereinheitlichter "notice and take down procedures" und "trace back strategies" erreichen. Hierdurch würden vereinheitlichte Verfahren hinsichtlich der Sperrung von Inhalten eingeführt und die Ermittlung der Verantwortlichen gewährleistet.
"Hier sollte gemeinsam in Abstimmung mit anderen europäischen Staaten und auch den USA zusammen gehandelt werden, um einen wenig Erfolg versprechenden nationalen Alleingang zu vermeiden. Auch die Förderung der Verbreitung von PICS/ ICRA konformen Filtersystemen auf der Nutzerebene und die diesbezügliche Aufklärung der Internet-Nutzer wäre wünschenswert", so Harald A. Summa.
Darüber hinaus kritisiert das eco Forum e.V., dass in der bisherigen Diskussion rechtspolitische Gesichtspunkte nur unzureichend behandelt worden sind. So stellt sich unter anderem die verfassungsrechtliche Frage, ob nicht ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Fernmeldegeheimnis, Betriebsgeheimnis, den eingerichteten und ausgeübten Gewerbe-betrieb und die Privatsphäre der Bürger vorliegt.
Harald A. Summa weist in diesem Zusammenhang darauf hin, "dass von den in Frage stehenden Sperrmaßnahmen nicht lediglich rechtswidrige, sondern ebenfalls rechtmäßige, nicht zu beanstandende, Inhalte betroffen sind. Daher sind von diesen Maßnahmen nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der Internet Service Provider betroffen; sondern auch die einen hohen Stellenwert einnehmende Informationsfreiheit und die Freiheit des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs werden erheblich tangiert. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen derartiger Maßnahmen sind nicht kalkulierbar."
Derzeit handelt es sich nur um vier zu sperrende Websites und es sind lediglich Access-Provider aus Nordrhein-Westfalen von dem Begehren der Bezirksregierung Düsseldorf betroffen. Allerdings ist nach Ansicht des eco Forum e.V. zu erwarten, dass es dabei nicht bleiben wird. Das Verhalten der Bezirksregierung Düsseldorf ist vielmehr als erster Vorstoß zu werten, deren Vorbild dann andere Bundesländer folgen werden. Zudem wird es nicht bei vier zu sperrenden Websites bleiben. Vielmehr ist zu erwarten, dass nicht nur rechts-extremistische Inhalte, sondern jegliche Art von jugendgefährdenden Inhalten, sowie Urheberrechtsverletzungen und Verletzungen aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes Gegenstand von Sperrungsmaßnahmen sein werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage wer die Listen der zu sperrenden Websites pflegt und aktualisiert und wer darüber entscheidet, welche Inhalte nicht erwünscht sind.
"Kann es in einer demokratischen Gesellschaft möglich sein, dass Verwaltungsangestellte - ohne ein rechtstaatliches Verfahren und entsprechende Kontrollmöglichkeiten - darüber entscheiden, welche Inhalte zu sperren sind und welche nicht. Die Durchführung der Sperrmaßnahmen würde von der Exekutive auf die Internet Service Provider übertragen, welche hierzu weder gesellschaftlich legitimiert noch personell und technisch in der Lage sind", erklärt der Geschäftsführer des eco Forum e.V. Harald A. Summa. "Aus diesem Grund muss dem Begehren der Bezirksregierung Düsseldorf besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da man auf diesem Wege versucht, entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung der zukünftigen Medienlandschaft zu nehmen."
Die Bezirksregierung Düsseldorf scheint sich zudem selbst nicht darüber im Klaren zu sein, welches Ziel sie mit den Sperrmaßnahmen verfolgen will und wie dies technisch überhaupt zu realisieren ist.
Der Vorstoß der Bezirksregierung Düsseldorf und des Regierungspräsidenten Herrn Büssow hat die Internet Service Provider in eine schwierige Situation gebracht. Wird eine Sperrung der betreffenden Websites vorgenommen, werden Zensurvorwürfe erhoben. Wird die Sperrung unterlassen, setzen sich die Internet Service Provider dem Vorwurf der Förderung rechtsextremen Gedankengutes aus.
"Anstatt in dieser schwierigen Lage eine konkrete Hilfestellung zu bieten, werden die Internet Service Provider von der Bezirksregierung Düsseldorf allein gelassen. Vielmehr wird durch die Aussagen des Regierungspräsidenten Herrn Büssow der Druck noch erhöht, um die Internet Service Provider im Wege des "vorauseilenden Gehorsams" zur freiwilligen Sperrung der betreffenden Websites zu veranlassen", so Harald A. Summa.
Vor diesem Hintergrund fordert das eco Forum e.V. die betroffenen Internet Service Provider dazu auf, sich dem Begehren der Bezirksregierung Düsseldorf zu widersetzen und keine Sperrung der betreffenden Websites durchzuführen.
Hierzu besteht derzeit auch kein Anlass, da das Verwaltungsverfahren vorerst ausgesetzt wurde. Sollte die Bezirksregierung Düsseldorf eine Sperrungsverfügung gegenüber den Internet Service Providern erlassen, so kann gegen diese Sperrungsverfügung dann mit den zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln vorgegangen werden.
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