Weisser Ring protestiert gegen Täter-Story
ARD will
Oetker-Entführer Plattform zur Selbstdarstellung geben
Mainz (ots)
Als zynisch und menschenverachtend kritisiert die Opferschutzorganisation Weisser Ring die selbstdarstellerischen Äußerungen des Oetker-Entführers Dieter Zlof im Rahmen einer NDR-Dokumentation, die am kommenden Freitag im bundesweiten ARD-Programm gesendet werden soll. Dafür haben die ARD-Verantwortlichen sogar den Ausstrahlungstermin der Polit-Sendung "Bericht aus Berlin" auf 23.00 Uhr verschoben.
"Es ist einfach unfassbar, dass einem Rechtsbrecher, der seinem Opfer einen lebenslangen Schaden zugefügt hat, eine solche von Gebühren- und Steuerzahlern finanzierte Plattform geboten werden soll, die er schamlos und weitgehend unkommentiert zur Verharmlosung seiner abscheulichen Tat nutzen darf", so WR-Sprecher Helmut K. Rüster.
Der Vorsitzende des Weissen Rings, Dr. Wolf Weber, hat die Intendanten aller ARD-Sendeanstalten nachdrücklich darum gebeten, von der Ausstrahlung der NDR-Dokumentation in der vorgesehenen Form Abstand zu nehmen. Die Entrüstung der Zuschauer über die einem Schwerverbrecher gebotene Möglichkeit, sich und seine Täter-Story öffentlich zu vermarkten, werde zu einer intensiven Diskussion quer durch alle gesellschaftlichen Kreise führen. Ebenso muss alles vermieden werden, dass öffentliche Spekulationen darüber entstehen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Zlof ein aus Gebühren- und Steuergeldern finanziertes Honorar erhalten hat.
In einer Zeit, in der die Opferperspektive bei Politik, Justiz und Wissenschaft und Medien immer stärkere Beachtung findet und damit das öffentliche Bewusstsein für die Situation der Opfer von Kriminalität und Gewalt weiter geschärft wird, kann die NDR-Dokumentation in weiten Teilen nur Kopfschütteln, bestenfalls Missverständnisse und schlimmstenfalls die Botschaft hervorrufen: Dieses Gewaltverbrechen war so tragisch nicht.
Zitat Zlof:
"Hätte ich die 20 Millionen und wäre unentdeckt geblieben, wäre ich heute ein Biedermann. Ich würde ab und zu mal eine gute Tat tun, würde einen Kindergarten finanzieren und wäre der große, angesehene Mann. So bin ich eben gescheitert an einem Zufall und bin dann einer derer, die eben geoutet wurden und gescheitert sind und eben als kriminell bezeichnet werden."
Die NDR-Dokumentation lässt auch eine weitere Aussage von Zlof unkommentiert.
"Auch ich habe in meinem Leben X Traumata bekommen und verarbeitet, jeder von uns hat das, und jeder muss es verarbeiten. Das Leben ist nun mal eine Abfolge von Traumata, wenn man das so will. Die Frage ist nur, wie weit schwinge ich mich dazu auf, jemand anderem bewusst ein Trauma zu verpassen. Und da habe ich eben Für und Wider abgewogen und habe eben gesagt, gut, ich nehme es mir jetzt einfach mal heraus, so wie es andere auch tun, und verpasse jemandem ein gewisses Trauma. Und selbstverständlich wird der eine, der weniger erlebt hat im Leben, der weniger Narben auf der Seele hat, sagen, "nee, das kannst Du doch nicht machen", während jemand wie ich sagt: Da muss er durch. Das schafft er.
Nahezu alle Aussagen von Zlof zu seinem Tat-Entschluss, zur Tatausführung und zur "Nachbetrachtung" sind geprägt von einer gegenüber dem Opfer und der Gesellschaft geradezu zynischen Einstellung zu elementaren Werten unserer Gesellschaft, deren Verhöhnung auch nicht von der ARD und schon gar nicht aus Konkurrenzgründen heraus geduldet werden darf.
Beim NDR weist man die Kritik des Weissen Rings brüsk zurück und unterstellt den Opferschützern sogar, politischen Druck auszuüben. Erklärlich wird die gereizte Stimmung allenfalls dadurch, dass man der SAT.1-Produktion, die den Entführungsfall Oetker aus der Opferperspektive aufgearbeitet hat und dafür bereits im Vorfeld ein positives Medienecho verzeichnen konnte, mit der "Hauptfigur" Zlof um jeden Preis Paroli bieten will.
(Der 2-Teiler "Der Tanz mit dem Teufel - Die Entführung des Richard Oetker" wird ausgestrahlt am 11. und 12. November auf SAT.1)
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