Wer möchte Opfern von Straftaten helfen?
"Wenn jemand anruft beim Opfer-Telefon vom WEISSEN RING, dann melde ich mich erst mal und sage: Mein Name ist Julia, hier ist das Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS ... und dann warte ich. Nicht jeder startet direkt los und erzählt, warum er jetzt anruft. Es kann auch schon mal vorkommen, dass derjenige so emotional ist, dass er gar nicht sprechen kann. Und dann versuche ich eben auch, ein Gespräch zu eröffnen. ,Hallo' zu sagen. Wie gesagt: Ich stell' mich dann vor ... sag' auch: vielleicht erst mal einen Schluck Wasser trinken ... wir haben hier Zeit ... ich bin da ... komm' erst mal an. Und wenn Du so weit bist, dann erzähl mir, was passiert ist."
Julia, ehrenamtliche Mitarbeiterin am Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS
Wer möchte Opfern von Straftaten helfen?
WEISSER RING braucht Unterstützung: Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Opfer-Telefon und Onlineberatung gesucht
Häusliche Gewalt. Sexueller Missbrauch. Vergewaltigung. Einbruch. Stalking. Wer nach einer Straftat Hilfe sucht, wendet sich häufig an den WEISSEN RING, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer - und immer öfter sind das bundesweite Opfer-Telefon 116 006 oder die Onlineberatung die Anlaufstelle für den ersten Kontakt. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Anrufe und Anfragen noch einmal deutlich gestiegen, die Onlineberatung meldete für den Monat Mai 2020 sogar den bisherigen Rekordwert.
Deshalb brauchen die Helfer jetzt selbst Unterstützung: Der WEISSE RING sucht ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sein Opfer-Telefon und die Onlineberatung. Wer im Rhein-Main- oder Rhein-Ruhr-Gebiet wohnt und drei Stunden in der Woche Menschen helfen möchte, die Opfer einer Straftat geworden sind, kann sich ab sofort auf www.weisser-ring.de bewerben.
"Manche Menschen, die uns schreiben, fragen, ob sie an der richtigen Stelle sind. Weil sie glauben, dass das, was sie erlebt haben, keiner hören möchte oder uns vielleicht auch nicht interessiert. Wir sind jedoch für jeden da, der Opfer einer Straftat geworden ist, und hören auch jedem zu. Es gibt keine Straftaten, die weniger schlimm sind als andere."
Michelle, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der Onlineberatung des WEISSEN RINGS
"Nach dem Schrecken einer Straftat kann und will nicht jeder sofort offen und persönlich mit anderen Menschen darüber sprechen", sagt Bianca Biwer, Bundesgeschäftsführerin des WEISSEN RINGS. "Manchen Betroffenen fällt es leichter, am Telefon oder per Nachricht über das Erlebte zu reden, vielleicht auch anonym. Wir erreichen auf diesem Weg Menschen in Not, die sich sonst nie bei uns gemeldet hätten." Die Beraterinnen und Berater am Opfer-Telefon haben seit der Einrichtung 2009 knapp 170.000 Gespräche geführt. Die Onlineberatung gibt es seit Sommer 2016, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beantworteten seither mehr als 12.000 Anfragen.
"Die Leute, die uns schreiben, die können erwarten, dass sie anonym bleiben, wenn sie das möchten. Die können natürlich auch gern ihren Vornamen nennen und all das, was sie nennen möchten. Es geht gar nicht darum, wie viel sie sagen. Für mich ist wichtig, dass sie sich melden und dass sie es einfach loswerden können."
Patrick, ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der Onlineberatung des WEISSEN RINGS
"Besonders an der Arbeit am Telefon ist: Man weiß nie, mit wem man es zu tun hat, und man weiß nie, mit was für einem Fall man es zu tun hat. Ob es jetzt ein Anruf sein wird, wo es der Person unheimlich schlecht ist und sie den Tränen nah ist, oder ob es eine einfache Sachfrage ist."
Alexander, ehrenamtlicher Mitarbeiter am Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS
Welche Voraussetzungen sollte jemand mitbringen, der als Opfer-Beraterin oder -Berater arbeiten möchte? Einen bestimmten Beruf oder eine bestimmte Ausbildung müssen Bewerber um ein Ehrenamt beim WEISSEN RING nicht vorweisen. Wichtige Eigenschaften für die Aufgaben am Opfer-Telefon oder in der Onlineberatung sind psychische Stabilität und Entscheidungsfreude, Einfühlsamkeit sowie die Fähigkeit, gut zuzuhören und sich verständlich auszudrücken. Gearbeitet wird von zu Hause aus; ein eigener Computer mit Internetanschluss sowie IT-Grundkenntnisse sollte vorhanden sein. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in einer Schulung professionell ausgebildet und auf ihre Aufgabe vorbereitet, im Anschluss finden regelmäßige Teamtreffen und Superversionen statt.
"Mich begeistert an der Arbeit am meisten, dass ich Menschen helfen kann, die die Hilfe benötigen. Die nicht wissen, wie sie weitermachen sollen nach einer Straftat. Ich habe ein gutes Gefühl dabei, wenn ich weiß, dass ich jemandem hoffentlich helfen konnte."
Michelle, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der Onlineberatung des WEISSEN RINGS
"Ich nehme da auch persönlich was mit. Ich bin der Meinung, dass ich daran auch wachse, dass die Persönlichkeit sich mitentwickelt, dass mich das ein Stück weit auch erdet. Und gehe da immer mit einem guten Gefühl raus."
Julia, ehrenamtliche Mitarbeiterin am Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS
Opfer-Telefon und Onlineberatung können bundesweit und kostenlos in Anspruch genommen werden. Die aktuell knapp 70 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Opfer-Telefons sind unter der Rufnummer 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr erreichbar. Bei der Onlineberatung unterstützen aktuell 35 Ehrenamtliche die Hilfesuchenden schriftlich. Die Beraterinnen und Berater verstehen sich als Lotsen, die jedem Ratsuchenden die bestmögliche Hilfe für seine jeweilige Situation aufzeigen.
Bewerbungen für beide Teams sind ab sofort bis zum 14. August 2020 über die jeweiligen Formulare auf der Homepage des WEISSEN RINGS möglich: www.weisser-ring.de. Dort finden sich auch weitere Informationen. Rückfragen können schriftlich an die E-Mail-Adressen onlineberatung@weisser-ring.de und opfertelefon@weisser-ring.de geschickt werden.
Der WEISSE RING wurde 1976 in Mainz gegründet als "Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.". Er ist Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität. Der Verein unterhält ein Netz von rund 2.900 ehrenamtlichen, professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und -helfern in bundesweit rund 400 Außenstellen, beim Opfer-Telefon und in der Onlineberatung. Der WEISSE RING hat mehr als 100.000 Förderer und ist in 18 Landesverbände gegliedert. Er ist ein sachkundiger und anerkannter Ansprechpartner für Politik, Justiz, Verwaltung, Wissenschaft und Medien in allen Fragen der Opferhilfe. Der Verein finanziert seine Tätigkeit ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und testamentarischen Zuwendungen sowie von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängten Geldbußen. Der WEISSE RING erhält keinerlei staatliche Mittel.
WEISSER RING e. V. Bundesgeschäftsstelle Weberstraße 16 55130 Mainz www.weisser-ring.de Eingetragen unter VR 1648 beim Amtsgericht Mainz Bundesvorsitzender: Jörg Ziercke