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Kriminalität kostet den Staat mehr Geld als gedacht
Erster Wissenschaftspreis von WEISSER RING und BKA vergeben
Kölner Professorin Anna Bindler hat die unabhängige Jury überzeugt

Kriminalität kostet den Staat mehr Geld als gedacht / Erster Wissenschaftspreis von WEISSER RING und BKA vergeben / Kölner Professorin Anna Bindler hat die unabhängige Jury überzeugt
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Mainz (ots)

Wie teuer ist Kriminalität für die Opfer und für die Gesellschaft? Wie sehr lohnt es sich für den Staat, in Prävention und Opferschutz zu investieren? Mit diesen Fragen hat sich Dr. Anna Bindler beschäftigt, Professorin an der Universität zu Köln. Für ihre Forschungsarbeit wurde sie jetzt mit dem "Wissenschaftspreis Opferschutz" ausgezeichnet. Der WEISSE RING, Deutschlands größte Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, hat den Preis gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt am Mittwoch erstmals in Mainz vergeben. Der Nachwuchspreis ging an den Kriminalisten David Grasmann.

Prof. Dr. Anna Bindler berechnete, zusammen mit ihrer Kollegin Dr. Nadine Ketel, auf Grundlage niederländischer Daten die Kosten von Kriminalität für einzelne Menschen, aber auch für die ganze Gesellschaft. "Wir haben uns angesehen, was vor und nach der Viktimisierung passiert. Im Laufe der Zeit konnten wir Veränderungen feststellen und sehen, dass Arbeitsmarkteinkommen sinken und die Abhängigkeit von Sozialleistungen ansteigt", erklärt Bindler. "Um hier ein Beispiel zu nennen: Die Abhängigkeit von Sozialleistungen steigt um über 40 Prozent bei Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden." Im Durchschnitt seien die Effekte auf Einkommen und Sozialleistungen auch vier Jahre später noch sichtbar. Die Kosten, die dem Staat entstehen, wenn Menschen Opfer von Kriminalität werden, liegen im Milliardenbereich. "Was wir zeigen, ist, dass die Kosten für die Individuen, die Opfer von Kriminalität werden, höher sind, als wir bisher gedacht haben. Wenn wir über Kompensationszahlungen, über Unterstützungsprogramme nachdenken, spielt das eine wichtige Rolle." Die Ergebnisse der Forschung ließen sich teilweise sicher auch auf Deutschland übertragen, sagt Bindler. "Die Auszeichnung empfinde ich als ganz tolle Wertschätzung unserer Arbeit und auch als Zeichen, dass wir die Menschen, die Organisationen und Institutionen, die wir erreichen möchten, mit unserer Forschungsarbeit auch wirklich erreicht haben."

Nachwuchspreisträger David Grasmann widmete sich in seiner Masterarbeit der Fragestellung, wie sich sowohl der Opferschutz als auch die Aufklärungsquote bei Gewalttaten bei (über-)lebenden Opfern durch eine engere Zusammenarbeit von Polizei und Rechtsmedizin weiter verbessern lassen. Dafür konzipierte Grasmann einen Leitfaden, der Polizisten vor Ort ermöglicht, wissenschaftlich fundiert und standardisiert eine Entscheidung über die Einbeziehung der Rechtsmedizin in das Ermittlungsverfahren zu treffen. "In erster Linie geht es also um die Identifikation von Gewaltopfern, die davon profitieren würden, dass die Rechtsmedizin möglichst frühzeitig miteinbezogen wird, damit anfangs vorhandene Spuren nicht irreversibel verloren gehen und deshalb im weiteren Strafverfahren nicht mehr zur Aufklärung der Tat zur Verfügung stehen." Der Kriminalist setzt seine Forschung aktuell im Rahmen einer Dissertation fort, hier wird sein Modell nun in der Praxis getestet.

"Der WEISSE RING möchte mit dem Wissenschaftspreis ein Zeichen dafür setzen, wie wichtig unabhängige Forschung für eine funktionierende Gesellschaft ist. Wir hoffen jetzt, dass die Erkenntnisse unserer Preisträger praktische Anwendung finden, damit auch Kriminalitätsopfer von guter Wissenschaft profitieren", sagt Dr. Patrick Liesching, Bundesvorsitzender des WEISSEN RINGS und Vorsitzender des Preises. Schirmherrin ist die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. "Der Opferschutz hat für die Landesregierung eine hohe Priorität, weshalb wir mit dem WEISSEN RING sehr eng und effektiv zusammenarbeiten. Deshalb ist es mir ein Anliegen, die Verleihung des Wissenschaftspreises Opferschutz als Schirmherrin zu unterstützen", sagt die Ministerpräsidentin.

Die Preise sind dotiert mit 5.000 Euro (Wissenschaftspreis Opferschutz) und 3.000 Euro (Nachwuchspreis). Eine unabhängige und interdisziplinär besetzte Jury hat die Wettbewerbsbeiträge bewertet und diese beiden Arbeiten ausgewählt. In der Jury saßen Prof. Dr. Elisa Marie Hoven (Universität Leipzig), Prof. Dr. Renate Volbert (Psychologische Hochschule Berlin), Dr. Ulrike Schmidt (Universitätsklinikum Bonn), Prof. Dr. Bernd-Dieter Meier (Juristische Fakultät Hannover), Dr. Matthias Röhl (Richter am Bundessozialgericht), Tina Neubauer (Diplompädagogin) und Prof. Dr. Marc Allroggen (Universitätsklinikum Ulm).

Alle zwei Jahre sollen nun Forschungsarbeiten ausgezeichnet werden, die sich in herausragender Weise mit Fragen des Opferschutzes und der Opferwerdung beschäftigen. Die Preisverleihung fand am 22. März 2023 in Mainz statt, dem "Tag der Kriminalitätsopfer". Mit diesem Aktionstag macht der WEISSE RING jährlich auf die Interessen und Nöte von Kriminalitätsopfern aufmerksam. Gäste der Preisverleihung auf dem Mainzer Kupferberg waren unter anderen Pascal Kober, der Opferbeauftragte der Bundesregierung, sowie einige Opferbeauftragte aus den Ländern, außerdem der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin und der Ehrenvorsitzende des WEISSEN RINGS und langjähriger Präsident des Bundeskriminalamts, Prof. Jörg Ziercke.

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Der WEISSE RING wurde 1976 in Mainz gegründet als "Gemeinnütziger Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und zur Verhütung von Straftaten e. V.". Er ist Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität. Der Verein unterhält ein Netz von fast 3.000 ehrenamtlichen, professionell ausgebildeten Opferhelferinnen und -helfern in bundesweit 400 Außenstellen, beim Opfer-Telefon und in der Onlineberatung. Der WEISSE RING hat mehr als 100.000 Förderer und ist in 18 Landesverbände gegliedert. Er ist ein sachkundiger und anerkannter Ansprechpartner für Politik, Justiz, Verwaltung, Wissenschaft und Medien in allen Fragen der Opferhilfe. Der Verein finanziert seine Tätigkeit ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und testamentarischen Zuwendungen sowie von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängten Geldbußen. Der WEISSE RING erhält keinerlei staatliche Mittel.

Pressekontakt:

WEISSER RING e. V.
Team Presse & Kommunikation
Fon: +49 6131 8303-4000
E-Mail: presse@weisser-ring.de
www.weisser-ring.de
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