Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Neuer Schnelltest für Raucherinnen soll Risiko des plötzlichen Kindstods verringern
Bochum/Osnabrück (ots)
Methode der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-Universität Bochum will Gefahren deutlich vor Augen führen - DBU fördert
Wenn der Test, an dem der Bochumer Klinik-Kinderarzt Dr. Thomas Nüßlein arbeitet, allgemein verfügbar werden sollte, werden zukünftig die Chancen für Babys steigen, dem plötzlichen Kindstod zu entgehen. Ähnlich wie bei einem Cholesterin-Test könnten Schwangere exakt, schnell und ohne apparativen Aufwand anhand konkreter Zahlen selbst feststellen, wie stark sie Tabakrauch ausgesetzt sind, um dann noch rechtzeitig gegenzusteuern. Denn Aktiv-, aber auch Passivrauchen der Mutter in der Schwangerschaft stellt für den Säugling einen wichtigen Risikofaktor dar, den plötzlichen Kindstod zu erleiden. Ein hoher Wert könnte die Mutter motivieren, ihren eigenen Tabakkonsum zu verringern, aber auch darauf zu achten, dass ihre Umgebung vermehrt Rücksicht nimmt. Gefördert wird das Projekt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-Universität Bochum mit 100.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück.
Eins von 1.000 lebend geborenen Babys sterbe in Deutschland am plötzlichen Kindstod, erläutert Dr. Nüßlein. Damit sei diese Todesursache als "häufig" einzustufen. Neben anderen äußeren Faktoren wie dem Schlafen des Säuglings in Bauchlage, der Überwärmung des Kinds im Kinderbett und der Tatsache, dass die Mutter nicht stille, stelle der Tabakkonsum einen wesentlichen Faktor dar. Nüßlein: "Die herausragende Bedeutung des Risikofaktors Tabakrauch ist unumstritten."
Dabei nehme aber der Zigarettenkonsum gerade bei jungen Frauen eher zu. Die Lungenkrebsrate habe sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Die Beziehung zwischen mütterlichem Rauchen und gehäuftem Auftreten des plötzlichen Kindstods sei wissenschaftlich nachgewiesen. Nach erfolgreicher Vermeidung anderer Risikofaktoren seien bis zu zwei Drittel aller Fälle von plötzlichem Kindstod auf den Tabakkonsum der Eltern zurück zu führen. Andere Experten bezeichneten das Rauchen sogar als einzigen noch vermeidbaren Risikofaktor.
Wichtig sei es, Methoden zu entwickeln, die objektiv belegten, wie stark das ungeborene Kind in den ersten Schwangerschaftsmonaten den negativen Folgen des Tabakkonsums ausgesetzt gewesen sei. Versuche, diese Fakten etwa durch Befragung zu ermitteln, führten in aller Regel nicht zum Erfolg. Selbst bei guter Kooperationsbereitschaft der schwangeren Frauen passten die Angaben selten zum tatsächlichen Konsum. Nüßlein: "Es ist wahrscheinlich ein gewisser Selbstschutz-Mechanismus, die tägliche Zigarettenzahl eher geringer einzuschätzen als es den Tatsachen entspricht."
Cotinin als Stoffwechselprodukt des Nikotin eigne sich besonders als Maßeinheit für den Tabakkonsum und ermögliche vor allem durch eine einfache Untersuchung des Urins eine Aussage über das Rauchverhalten. Auch im "Kindspech", dem ersten nach Geburt ausgeschiedenen Darminhalt des Neugeborenen, lasse es sich nachweisen. Untersuchungen an 300 Neugeborenen hätten bewiesen, dass sich durch die Höhe der Cotinin-Konzentration im "Kindspech" gesundheitliche Probleme des Säuglings im ersten Jahr deutlich besser voraussagen ließen, als dies durch Angaben der Eltern zum Rauchverhalten in der Schwangerschaft möglich sei.
Zwar existierten bereits Untersuchungsmethoden zur Messung des Nikotins und seiner Abbauprodukte, doch seien diese apparativ aufwändig, teuer, zeitintensiv, teilweise unzuverlässig und nicht dezentral durchzuführen. Das Gegenteil sei bei dem neuen Schnelltest der Fall, der wie ein Cholesterin-Test in Apotheken von den Schwangeren selbst, aber auch von Ärzten und Hebammen eingesetzt werden könne. So könne Frauen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten durch eine Cotinin-Messung gezeigt werden, wie stark ihr Kind durch das mütterliche Aktiv- und Passivrauchen gefährdet sei. Das wirke sicher besser als Appelle, die gerade bei starker Tabakgewöhnung nur selten auf fruchtbaren Boden fielen, so Nüßlein. Wenn der Zigarettenkonsum aber frühzeitig in der Schwangerschaft eingestellt werde, könnte nicht nur das Risiko des plötzlichen Kindstods verringert werden. Es könnten auch durch fortgesetztes Rauchen bewirkte Fehlentwicklungen des Ungeborenen - wie eine unterentwickelte Lunge - unter Umständen vermieden werden.
Durch das Feststellen hoher Cotininwerte direkt nach der Geburt könnten Säuglinge als Risikoneugeborene eingestuft und Vorsorgemaßnahmen wie eine Monitorbeobachtung im ersten Lebensjahr eingeleitet werden. Die Mehrheit der Fälle von plötzlichem Kindstod träten in den ersten sechs Lebensmonaten auf. Nüßlein: "Mit guten Worten ist es nicht getan. Nur durch einen Test mit handfesten Ergebnissen wird es uns gelingen, das Risiko von Neugeborenen zu verringern, am plötzlichen Kindstod zu sterben."
Hinweis an die Redaktionen: Sie erreichen Dr. Nüßlein für vertiefende Fragen unter Telefon 0234/509-2631, Fax 0234/509-2627 und E-Mail t.nuesslein@elis-stiftung.de.
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