NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND
Exklusiv: Schwarzmeer-Expedition von National-Geographic entdeckt intaktes antikes Holzschiff
Internet-Pressekonferenz mit Robert Ballard
19.00 Uhr
www.nationalgeograhic.com/events/00/ballard.
WASHINGTON (ots)
Eine von NATIONAL GEOGRAPHIC finanzierte Expedition zum Schwarzen Meer unter der Leitung des NATIONAL GEOGRAPHIC-Forschers Robert Ballard hat vier alte Schiffswracks entdeckt. Eines davon in beinahe perfektem Zustand, mit Holzmasten und Stützpfosten, die 330 Meter unter dem Meeresspiegel immer noch aufrecht stehen. Außerdem fand die Expedition Hinweise auf eine archäologische Stätte.
Die heutige Pressekonferenz in Washington wird ab 19.00 live im Internet übertragen unter www.nationalgeographic.com/events/00/ballard.
Mit Hilfe der Radiokarbonmethode wurde festgestellt, dass das Schiff etwa 1500 Jahre alt ist und aus der Zeit zwischen 410 und 520 n. Chr. stammt. "Es ist äußerst selten, dass man die Deckaufbauten eines antiken Schiffes findet, inklusive Mast und hölzernen Stützpfosten", sagt die Archäologin Cheryl Ward vom Institute of Nautical Archeology, die auch an der Expedition teilnahm. "Dieses Schiff ist vor 1500 Jahren in Handarbeit gebaut worden. Es ist so wunderbar erhalten, dass es aussieht, als wäre es gerade eben vom Dock gelaufen. Wir hatten noch nie die Gelegenheit, ein antikes Schiff so genau kennenzulernen wie dieses. Schon jetzt stellen wir neue Fragen zur Seefahrt und zum Schiffsbau in der Antike. Zum Beispiel: Warum gibt es an diesem Schiff kein Metall?"
Das im September entdeckte, gut erhaltene Schiff bestätigt die Annahme der Wissenschaftler, dass das sauerstofffreie Wasser des Schwarzen Meeres unterhalb einer Tiefe von 200 Metern eine ideale Umgebung für die Konservierung alter Holzschiffe ist. Dies macht das Schwarze Meer zu einer Schatztruhe für Archäologen. Denn Wracks, die in anderen Gewässern gefunden wurden, fehlen üblicherweise die hölzernen Teile, die rasch von holzfressenden Organismen zerstört werden.
Das von der Expedition geborgene archäologische Material wurde unter Leitung des Archäologen Fredrik Hiebert vom Museum of Archeology and Anthropology der Universität von Pennsylvania analysiert. Mit Hilfe der Radiokarbonmethode wurde die Altersbestimmung am Holz des Wracks vorgenommen, ebenso an fünf hölzernen Artefakten, die von einer offenbar archäologischen Stätte etwa 300 Meter unter der Meeresoberfläche geborgen wurden. Die Stätte befindet sich in der Nähe der versunkenen alten Küstenlinie, die vor mehreren tausend Jahren überflutet wurde.
An einer anderen Stelle der versunkenen Küste westlich von Sinop in der Türkei wurden fünf geschnitzte hölzerne Gegenstände geborgen. Bei dieser Fundstätte scheint es sich um ein Gebäudefundament zu handeln. Es liegt in einem Gebiet, das vor 7600 Jahren von einer katastrophalen Flut überschwemmt wurde. Eine Analyse der Ablagerungen und der chemischen Zusammensetzung des Steinbodens in diesem Gebiet zeigt beträchtliche Unterschiede zum Meeresboden der Umgebung. «Die Ergebnisse stimmen mit den Aufzeichnungen der Expedition überein, die von der Annahme ausgehen, dass das Gebiet einst von Menschen bewohnt war. Sie beweisen es jedoch nicht absolut zweifelsfrei», erläutert Hiebert.
Die Radiokarbonmethode ergab, dass die fünf hölzernen Artefakte weniger als 200 Jahre alt sind. Sie stammen also nicht von der Besiedlung aus der Zeit vor der Flut. «Das Holz, das wir gefunden haben, muss dorthin geschwemmt worden sein,» sagt Hiebert. Große Gegenstände, darunter hölzerne Stämme sowie Steine, die aussahen, als wären sie zu Blöcken geschnitten worden, konnten mit der Ausrüstung dieser Expedition nicht gehoben werden.
«Wir müssen jetzt wieder zum Schwarzen Meer zurück und unsere Anstrengungen intensivieren. Wir müssen beweisen, dass hier einst Menschen gelebt haben, wo jetzt Wasser ist. Oder eben das Gegenteil», sagt Ballard.
Die drei anderen Wracks wurden nahe beieinander in einer gemischten Schicht zwischen der sauerstofffreien und der sauerstoffreichen Schicht etwa 100 Meter unter der Meeresoberfläche gefunden. Es sind Handelsschiffe, die vermutlich aus römisch-byzantinischer Zeit stammen und wahrscheinlich zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert n. Chr. gebaut wurden. Man nimmt an, dass sie zu verschiedenen Zeitpunkten gesunken sind.
Eines dieser Schiffe ist außergewöhnlich groß: etwa sechs Meter breit und 24 Meter lang. In allen drei Schiffen fanden sich große Mengen von Terracotta-Amphoren, mit denen Wein oder andere Flüssigkeiten transportiert wurden. Die karottenähnliche Form der Amphoren sei ein Markenzeichen der Kunsthandwerker im alten Sinop gewesen, erläutert Ward.
«Die Untersuchung der Fracht dieser Wracks könnte wesentlich zu unserem Verständnis der Bedeutung des Schwarzen Meeres beitragen. Es war ganz deutlich ein Teil der klassischen mediterranen Welt», sagt Hiebert.
Die Expedition benutzte in erster Linie drei Suchgeräte, um die Wracks und die Holzfragmente zu orten: die "DSL-120" von der Woods Hole Oceanographic Institution, die das zu untersuchende Gebiet mit seinen 600 Meter weit reichenden Side-scan-Sonargeräten absuchte und vielversprechende Ziele ortete; die "Argus", ein mit visuellen Techniken arbeitendes Tauchgerät mit komplizierten Kameras, starken Lampen und Sonargeräten, die Ziele orten; und das ferngesteuerteTauchgerät "Little Hercules", das wie ein Roboter Objekte sucht, Fotos macht und mit einer einfachen Stange Proben heraufholt. "Little Herc" und "Argus" wurden beide am Institute for Exploration entwickelt und werden häufig zusammen eingesetzt . Die "Argus" beleuchtet die Suchstelle, während "Little Herc" Bilder und Proben sammelt.
Wissenschaftler vermuten, dass das Schwarze Meer ein Süßwassersee gewesen ist, bevor es vom Salzwasser des Mittelmeers vor etwa 7600 Jahren überflutet wurde. Die Forschungen der Geologen William Ryan und Walter Pitman haben gezeigt, dass das heutige Schwarze Meer sich veränderte, als abschmelzende Gletscher den Pegel des Mittelmeers ansteigen ließen. Das Wasser durchbrach schließlich den Landstreifen, der das Meer von dem kleineren Süßwassersee trennte. NATIONAL GEOGRAPHIC wird demnächst einen Bericht aus erster Hand von Ballards Expedition 2000 veröffentlichen. Ballard schreibt zur Zeit an einem neuen Buch für die Society - "Abenteuer Ozeanforschung" - das im April 2001 erscheinen wird.
Berühmtheit erlangte Ballard durch die Entdeckung der "Titanic" im Jahr 1995. Er fand zahlreiche für die Forschung bedeutende Schiffswracks, darunter das deutsche Schlachtschiff "Bismarck", die gesunkene Flotte von Guadalcanal und den amerikanischen Flugzeugträger "Yorktown", der während des Zweiten Weltkriegs in der Schlacht von Midway versenkt wurde. Unter den Funden der letzten Zeit befinden sich zwei phönikische Wracks vor der israelischen Küste (Siehe dazu auch den Beitrag von NATIONAL GEoGRAPHIC DEUTSCHLAND in der Januar-Ausgabe 2001). Dabei handelt es sich um die ältesten Schiffswracks, die jemals in tiefen Gewässern gefunden wurden.
HINWEIS: Vor und während der Pressekonferenz können per mail Fragen gestellt werden unter: press@nationalgeographic.com
Download-fähige Fotos von der Expedition und eine Landkarte des Gebietes finden sich unter nationalgeographic.com/ngnews/blacksea.html
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