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Arzneimitteltherapie an der Schwelle des neuen Jahrtausends

Eschborn (ots)

Eine Standortbestimmung der Pharmakotherapie
hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen erarbeitete Prof. Dr. Dr.
Ernst Mutschler gestern bei seinem Abschiedsvortrag auf der 30.
Internationalen Pharmazeutischen Fortbildungswoche der
Bundesapothekerkammer in Davos.
Eines der grössten Probleme ist - bedingt durch die zunehmend
höhere Lebenserwartung - die steigende Zahl dementer Patienten. Bei
der Alzheimer-Erkrankung wird hier ein Durchbruch wohl erst mit einer
sicheren Frühdiagnose gelingen. Durch den starken Verlust von
Nervenzellen sind die Patienten im Endstadium pflegebedürftig. Die
Ursache der Erkrankung ist nur teilweise geklärt, verschiedene
Vorstellungen wurden entwickelt. Ein Merkmal sind Ablagerungen im
Gehirn, u.a. so genannte Beta-Amyloid-Plaques.
Kürzlich wurde nach jahrelanger Suche die Beta-Sekretase, ein
Schlüsselenzym entdeckt, das die Bildung dieser Plaques aus einer
Vorläufersubstanz bewirkt. Durch ein weiteres Enzym wird andererseits
diese Vorläufersubstanz dagegen zu einem die Nervenzellen schützenden
Eiweiß (APPs) abgebaut. Die Forscher hoffen nun durch die Hemmung der
Beta-Sekretase die Plaquebildung zu verhindern und zusätzlich den
protektiven Weg zu begünstigen. Noch im Anfangsstadium befindet sich
der Versuch, durch Gentherapie mit einem Nervenwachstumsfaktor-Gen
Nervenzellatrophien aufzuhalten.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt wird auch in Zukunft bei
Krebserkrankungen liegen. "In der Tumortherapie zeichnet sich ein
Paradigmenwechsel ab" konstatierte Mutschler, "wobei neben dem
Versuch, die Tumorzellen selbst zu vernichten, das dem Tumor
zugrundeliegende Bindegewebe (Stroma) im Mittelpunkt steht". Ohne
Gefäßversorgung kann ein Tumor nicht wachsen, daher muss er das
Bindegewebe zur Gefäßbildung, zur so genannten Angiogenese, zwingen.
Angiogenesehemmstoffe sind durch die Substanzen Angiostatin und
Endostatin im Körper selbst vorhanden; erste klinische Versuche mit
diesen beiden nunmehr gentechnologisch verfügbaren Substanzen sind
angelaufen. Ziel ist es, das Wachstum des Tumors zu einem frühen
Zeitpunkt zu verhindern. Andererseits gibt es auch im Körper
Substanzen, die als Gegenspieler agieren, und die Gefäßbildung
anregen. Dadurch unterstützen sie das Bestreben des Tumors, sich mit
Hilfe des Bindegewebes sein Wachstum zu sichern. Eine parallele
Entwicklungsschiene ist deshalb die Suche nach Arzneistoffen, die
diese Substanzen, die die Gefäßbildung aktivieren, hemmen.

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