Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Steuerschätzung
Köln (ots)
Mit Ehrlichkeit versuchen
MARKUS GRABITZ, Berlin, zur Steuerschätzung
Der Kassensturz durch die Steuerschätzer beschert keine große Überraschung. Mit einem Minus von 0,9 Prozent war 1975 als Jahr der schärfsten Rezession in die Geschichte der Republik eingegangen. 2009 schrumpft die Wirtschaft nun vermutlich sechs Mal so stark. Auch wenn jede Steuerschätzung nur eine Momentaufnahme ist, steht doch fest: Der wirtschaftliche Niedergang wird dicke Löcher in die öffentlichen Kassen reißen.
Die Steuerschätzung wirft einen großen Schatten auf all die Ankündigungen, die da getroffen werden: Am kühnsten sind die Liberalen. Sie versprechen den Wählern eine große Steuerreform mit den Sätzen 15-25-35 Prozent. Das Projekt würde einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Die Union geht nicht ganz so weit, verspricht aber immerhin, etwas gegen die heimlichen Steuererhöhungen zu tun. Wann, und in welchem Umfang? Nun ja, da will sich die Unionsspitze nicht festlegen. Die SPD kritisiert zwar zu Recht bei FDP und Union, dass Steuersenkungen angesichts der explodierenden Neuverschuldung unrealistisch sind. Dennoch versprechen auch die Genossen ihrer Klientel Erleichterungen: Sie wollen den Eingangssteuersatz senken und Steuerschecks an Geringverdiener verteilen.
SPD, Union und FDP begehen gerade einen schweren Fehler. Ihre Wahlkampfpläne bauen auf der falschen Vorstellung auf, die Wahl im Herbst würde anhand von Steuersenkungskonzepten entschieden. Nichts ist falscher als das: Die Bürger wissen sehr wohl, dass in Zeiten zurückgehender Einnahmen nicht mehr spendiert werden kann. Die Botschaft der Steuerschätzung könnte eindeutiger kaum sein: Der Staat wird sich eines Tages all das Geld zurückholen müssen, das er derzeit für Schutzschirme aller Art ausgibt. Das bedeutet: Die Wähler nehmen keiner Partei die Steuerversprechen ab. Sie wissen, dass es teuer wird.
Nein, entschieden wird die Wahl nicht beim Thema Steuern. Es geht darum, welcher Partei die Menschen am meisten vertrauen. Vielleicht sollten es Union, FDP, SPD und Co. mit Ehrlichkeit versuchen.
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