Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Bauerntag
Köln (ots)
Zugeständnis
MARKUS GRABITZ zum Bauerntag
Auf einmal sind alle irgendwie systemrelevant. Als die Krise losging, waren es die Banken, die mit viel Steuergeld vor dem Zusammenbruch gerettet werden mussten. Dann wurde Opel und Karstadt von der SPD der Status systemrelevant verliehen, weil sich ihr Kanzlerkandidat so im Herbst mehr Stimmen aus der Arbeiterschaft erhofft. Und nun sind auch die Bauern systemrelevant, irgendwie jedenfalls.
In diesem wohligen Gefühl wog die Kanzlerin die Landwirte bei ihrem primär wahltaktisch motiviertem Auftritt auf dem Bauerntag. Es ist zwar nicht abzustreiten, dass mit den Roh^stoff- auch die Nahrungsmittelpreise gesunken sind und Bauern weniger erlösen. Fest steht aber auch, dass sie Erleichterungen bei den Betriebskosten spüren, Energie und Kunstdünger sind billiger. Insofern ist zweifelhaft, ob das Bauern-Konjunkturpaket wirklich so nötig war, wie das ihre Standesvertreter beteuern. Damit hielt sich die Politik aber nicht lange auf, sondern gewährte den Bauern ein Steuerprivileg beim Agrardiesel. Merkel versprach den Landwirten jetzt sogar, dass die eigentlich auf zwei Jahre befristete Steuersubvention weiterlaufen könne.
So richtig einzusehen ist das aber nicht: Schließlich ist der Einsatz von Biodiesel für Landwirte ohnehin schon steuerfrei. Es wäre viel eher im Stil einer Klimakanzlerin gewesen, wenn sie das Umrüsten der Höfe auf den Einsatz von Biodiesel unterstützt hätte. Stattdessen sollen nun Landwirte auf Dauer auch noch für das Verbrennen von kostbaren fossilen Energien steuerlich belohnt werden.
<$19>H<$0>inter dem Zugeständnis beim Agrardiesel steht Kalkül: Merkel will Bauernpräsident Gerd Sonnleitner stützen. Der Lobbyist ist in den eigenen Reihen angefochtener als das gestrige Wahlergebnis vermuten lässt. Unter der Oberfläche gärt es im Verband. Der wortmächtige Romuald Schaber hat tausende Landwirte für seinen Club der Milchviehhalter abgeworben. In Bayern hat er seinen Anhängern massiv von der Stimme für die CSU abgeraten. Merkel möchte verhindern, dass ihr das im Herbst noch einmal widerfährt.
Pressekontakt:
Kölnische Rundschau
Jost Springensguth
print@kr-redaktion.de
Original-Content von: Kölnische Rundschau, übermittelt durch news aktuell