Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur NRW-Kommunalwahl
Köln (ots)
Die ureigenen Belange
SANDRO SCHMIDTzur Kommunalwahl in NRW
Die Prognosen lassen Schlimmes befürchten. Wenn am Sonntag rund 14,4 Millionen Nordrhein-Westfalen ab 16 Jahren aufgerufen sind, in Städten, Gemeinden und Kreisen ihre Abgeordneten und Bürgermeister zu wählen, könnte es gut sein, dass nur rund sieben Millionen vom wichtigsten demokratischen Recht Gebrauch machen. 2004 lag die Wahlbeteiligung landesweit bei 54,4 Prozent. Und das war bereits ein Rekordtief. In diesem Jahr, so glauben Wahlforscher, könnte die Quote sogar unter 50 Prozent fallen.
Gerade unter Jung- und Erstwählern scheint die Lust, auf die Verhältnisse in der eigenen, unmittelbaren Umgebung Einfluss zu nehmen, äußerst gering zu sein. Doch wer sich nicht einmischt bei der Besetzung von öffentlichen Ämtern und Mandaten, muss sich nicht wundern, wenn dann die nach seiner Ansicht Falschen die Entscheidungen treffen: über die Sanierung des Bürgersteigs vor der Haustür, den Neubau von Wohnvierteln, die Zukunft der Schule am Ort, die Sportstätten nebenan, den Spielplatz oder das Jugendheim.
Politikerverdrossenheit? Es ändert sich ja doch nichts? Das sind keine stichhaltigen Argumente. Im Gegenteil: Wer einfach die anderen machen lässt, ist selbst Schuld an den Verhältnissen. Niemand wird daran gehindert, sich für die Allgemeinheit zu engagieren, seine Freizeit zu opfern, um seinen Wohnort lebenswerter zu gestalten, Mehrheiten für seine Ansichten zu suchen, einer der Dutzenden von Parteien beizutreten, künftig selbst zu kandidieren. Sich auf der Couch zurückzulehnen und zu meckern, ohne sich - und sei es nur durch den Minimalaufwand der Stimmabgabe - selbst einzubringen, ist dagegen wohlfeil.
In Afghanistan, Iran und nicht nur dort riskieren Menschen Gesundheit und Leben, wenn sie in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft zur Wahl gehen - hierzulande "droht" höchstens der Verlust einer halben Stunde an Freizeit. Sind die Hälfte der Bürger an Rhein und Ruhr so gleichgültig geworden, dass es sie nicht einmal interessiert, wer über ihre ureigenen Belange befinden darf?
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