Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zur Cap Anamur
Köln (ots)
Kontinent ohne Lobby
RAIMUND NEUSSzur Cap Anamur
Unfassbar, dass so eine Anklage überhaupt vor einem Gericht zugelassen worden war. Nun also, und das ist das einzig Gute an dem Verfahren im Fall Cap Ananmur, haben wir es schriftlich: Wer Schiffbrüchige aufnimmt, begeht keine "Beihilfe zur illegalen Einwanderung". Das haben die Richter in Agrigent gestern festgestellt, und das hatte zuletzt sogar die Staatsanwaltschaft eingesehen.
Diese Feststellungen ändern nichts daran, dass der frühere Cap-Anamur-Chef Elias Bierdel dem Anliegen seiner Organisation geschadet hat, als er sich nach der Rettung der Flüchtlinge in Siegerpose zeigte. Das war unpassend, aber nicht strafbar. Ebenso wenig ändert das Urteil etwas daran, dass nur wenige Bootsflüchtlinge im Mittelmeer Gründe vorbringen können, die nach europäischen Standards einen Anspruch auf Asyl begründen könnten. Die meisten der 2004 Geretteten sind wieder abgeschoben worden. Zu Recht lässt sich kein europäisches Land zwingen, einfach jeden aufzunehmen, der das begehrt.
<$19>N<$0>ur: Ertrinken lassen darf man die Abgewiesenen nicht. Dieser simple humanitäre Grundsatz ist bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex anscheinend in Vergessenheit geraten. Jedenfalls gibt es immer mehr Berichte über Bootsflüchtlinge in Not, die von Frontex-Schiffen abgedrängt werden, anstatt sie an Bord zu nehmen. Das ist eine grobe Menschenrechtsverletzung. Ohnehin lösen die Frontex-Einsätze das Problem ebenso wenig wie der Versuch, durch zum Teil entwürdigende Bedingungen in Flüchtlingslagern für Abschreckung zu Sorgen.
Ohne nachhaltige Änderung der Lage in Afrika wird es dabei bleiben, dass viele Afrikaner selbst als Hilfsarbeiter in Europa eine bessere Perspektive sehen als daheim. Dort, in Afrika, muss sich etwas ändern, und das ist nicht nur durch Subventionen zu erreichen. Ein grundlegender politischer Wandel, eine Ablösung korrupter Regime, ist erforderlich, und dafür müsste Europa eine Strategie entwickeln. Leider aber hat Afrika, von Einzelnen wie Bundespräsident Köhler abgesehen, keine Lobby.
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