Alle Storys
Folgen
Keine Story von Kölnische Rundschau mehr verpassen.

Kölnische Rundschau

Kölnische Rundschau: zu China auf der Buchmesse

Köln (ots)

Vielen wird die Reise zur Buchmesse verwehrt: Liao
Yiwu etwa, der das Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens im 
Gedicht "Massaker" anklagte. Und auch Yan Lianke soll in Frankfurt 
lieber nicht erzählen, warum drei seiner erfolgreichen Romane daheim 
verboten sind. Seinen Namen setzte die staatliche Verwaltung für 
Presse und Publikationen (GAPP) als oberste Zensurbehörde einfach 
nicht auf die Delegationsliste. Sind somit jene über 100 Autoren, die
ab heute das Gastland China am Main vertreten, allesamt linientreue 
Vasallen? Dient der Buchmesse-Besuch einem autoritären Regime nur als
liberales Feigenblatt? Wohl kaum. Gewiss, auch der Vorsitzende des 
unabhängigen Pen-Clubs in China, Liu Xiaobo, wartet im Gefängnis auf 
seinen Prozess wegen "Untergrabung der Staatsgewalt". Doch zugleich 
sitzen schon morgen Autoren desselben Pen-Verbands auf dem 
Frankfurter Podium und diskutieren über "Literatur und Macht". Ebenso
wenig wie die Olympischen Spiele wird auch die Buchmesse Pekings 
Unterdrückungs-Strategien im Handstreich beenden. Und dass der 
Börsenverein die GAPP als Ansprechpartner akzeptieren musste, ist 
eine bittere Pille. Umgekehrt lässt sich China auf fremdem Terrain 
auf ein Großereignis ein, das es nicht kontrollieren kann. Da sind 
auch die Gastgeber gut beraten, die Besucher nicht in Dissidenten und
Staatsknechte zu klassifizieren. Denn diese Formel muss angesichts 
eines Landes
versagen, das seinen rasanten Wandel selbst kaum begreift.
Meinungsfreiheit gegen Zensur ist nur noch eine von vielen 
Frontlinien. Zugleich nämlich gerät die ernsthafte Literatur durch 
leicht konsumierbare Kassenschlager unter Druck - der Markt frisst 
die Widerspenstigen womöglich gar effektiver als der Staat. Dennoch 
bleibt der Frankfurter Auftritt für beide Teilnehmer ein Balanceakt, 
Eklat-Gefahr inklusive. Da könnte es eine taugliche Arbeitshypothese 
sein, den Gästen zunächst zuzuhören. Denn auch Vorurteile sind
eine Form von Zensur.

Pressekontakt:

Kölnische Rundschau
Engelbert Greis
print@kr-redaktion.de

Original-Content von: Kölnische Rundschau, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Kölnische Rundschau
Weitere Storys: Kölnische Rundschau
  • 12.10.2009 – 05:00

    Kölnische Rundschau: zu Saarland/Jamaika

    Köln (ots) - Was war in den letzten Wochen nicht alles über künftige Dreier-Koalitionen in Deutschland spekuliert worden. In erster Linie drehten sich die Fantasien natürlich um Rot-Rot-Grün. Wenn schon nicht im Bund, so schien dies doch die Chance der Sozialdemokraten in den Ländern zu sein. Die "klassische" Ampel fand nur noch in unrealistischen Planspielen von Kanzlerkandidat Steinmeier statt. Doch ...

  • 10.10.2009 – 05:00

    Kölnische Rundschau: zum Friedensnobelpreis

    Köln (ots) - Die Autorin Herta Müller hat am Donnerstag gesagt, der Nobelpreis ehre nicht sie, sondern ihre Bücher. Das mag man als grenzesoterische Entfernung vom eigenen Lebensinhalt sehen, zeigt aber letztlich bloß gesunde Distanz zu einer Auszeichnung, deren donnerhallende Wucht eine einzelne Person, egal welche, nur überfordern kann. Und genau diese Distanz zeigt jetzt Obama. Mit gutem Grund. Obama weiß, ...

  • 08.10.2009 – 19:17

    Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau Kommentar zum Literaturnobelpreis

    Köln (ots) - Man spricht deutsch HARTMUT WILMES zum Literaturnobelpreis Drei Treffer in den letzten zehn Jahren - da kann sich die deutschsprachige Literatur kaum über mangelnde Gunst der Nobelpreis-Juroren beschweren. Nach dem insgesamt unumstrittenen Günter Grass und der höchst kontrovers bewerteten Elfriede Jelinek dürfte Herta Müller in der ...