Kölnische Rundschau: Kommentar zu Berliner Sparforderungen
Köln (ots)
Ehrlich werden
NORBERT WALLET, Berlin, zur Spardiskussion
Lachen möchte man, wenn es nicht so bitter ernst wäre. Zehn Milliarden Euro muss Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ab 2011 jährlich einsparen, wenn die Vorgaben der EU und die Richtlinien der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse erfüllt werden sollen. Zehn Milliarden ist nicht wenig, könnte man meinen. Offenbar sind sie aber doch so wenig, dass die Bundesregierung noch rasch 8,5 Milliarden Euro für Wahlgeschenke ausgeben konnte.
Nun aber müsse wirklich ernstlich gespart werden, droht der Finanzminister. Nur wo genau? Da solle sich der Bürger bis Juni oder Juli gedulden. Ein Schelm, der Böses dabei denkt, etwa an die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die rein zufällig kurze Zeit zuvor stattgefunden haben wird.
Bis dahin aber sollen wir bitteschön fest daran glauben, dass in der Politik einfach alles geht: Die Steuern noch mal um 20 Milliarden zu senken, die Krankenkassen mit Milliardenzuschüssen auf ein "sozial gerechtes Pauschalensystem" umzustellen und - natürlich - keine Steuern zu erhöhen. Dazu wären Alchemistenkünste nötig, deren geheimes Wissen jedoch als endgültig verschollen gilt. Wer nicht an die magischen Fähigkeiten der Regierung glaubt, wird ihr vorhalten, dass sie sich rasch entscheiden und zu ihren Plänen bekennen soll. Es bedarf allerdings ein wenig Mut zur Ehrlichkeit. Man muss zu Ende buchstabieren, was das bisher Angedeutete für die Bürger heißt, und damit Wahlversprechen brechen.
Wer, wie CDU-Haushälter, Steuerzuschüsse für Krankenkassen deckeln will, schließt den Umbau des Gesundheitssystems, wie ihn die FDP verlangt, aus. Wer, wie Schäuble, die vielen reduzierten Mehrwertsteuersätze durchforsten will, rüttelt an der Zusage, keine Steuern zu erhöhen. Wer, wie fast die gesamte CDU, die große Steuerreform nach der Steuerschätzung im Mai neu bewerten will, möchte in Wirklichkeit vom Plan weiterer Entlastungen Abstand nehmen. Das alles ist möglich. Nur von so mancher zuvor geweckter Illusion muss man sich dann verabschieden.
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