Joseph Joachim in die Post geschaut - Lübecker Brahms-Institut erwirbt elf Briefe des Komponisten
Lübeck (ots)
Das Brahms-Institut an der Musikhochschule Lübeck (MHL) hat elf unbekannte Briefe von Joseph Joachim erworben. Sie erweitern die wertvolle Sammlung mit einem Schwerpunkt um den Geiger, Komponisten und Brahms-Freund. Zwischen 1875 und 1888 schrieb Joseph Joachim zwanzig Briefseiten in französischer Sprache an Jean-Théodore Radoux, belgischer Fagottist und Direktor des Konservatoriums in Liège. Institutsleiter Prof. Dr. Wolfgang Sandberger konnte das Konvolut kürzlich erwerben: "Die Schreiben bezeugen eindrucksvoll, dass der Violinvirtuose sein eigener Manager war. Er thematisiert Termine, Auftrittsmöglichkeiten, Besetzungen und Konzertprogramme. Für die Forschungsarbeit am Brahms-Institut, wo zurzeit eine Dissertation zu Joseph Joachim entsteht, sind die Briefe eine wahre Fundgrube." In den Schreiben klingen auch persönliche Themen aus Joachims Leben an: Eine Konzertabsage begründet er mit einer eigenen Erkrankung und dem schlechten Gesundheitszustand seiner Frau Amalie nach der Geburt des Sohnes. Die Briefe im Oktavformat sind, typisch für Joachim, in sauberer Schrift mit nur wenigen Korrekturen verfasst. Die Ausdrucksweise auf Französisch ist gepflegt, auf einem hohen sprachlichen Niveau.
Joachim, 1831 mit jüdischer Abstammung in Ungarn geboren, verfasste die Briefe in einer wichtigen Zeit seiner Karriere. 1869 berief ihn Kaiser Wilhelm I. von Preußen zum Gründungsrektor der "Königlich Akademischen Hochschule für ausübende Tonkunst" in Berlin. Seine pädagogische Arbeit prägte die spätere Musikhochschule Berlin. Joachim avancierte zu einem der einflussreichsten Musiker seiner Zeit. Mit Johannes Brahms verband ihn seit Jugendjahren eine intensive Künstlerfreundschaft, schon dessen Klaviersonate C-Dur op. 1 ist "Joseph Joachim zugeeignet".
Zur Sammlung des Lübecker Brahms-Instituts gehört ein bedeutender Teilnachlass von Joachim. Das umfangreichste Konvolut umfasst rund 900 Schreiben an seinen älteren Bruder Heinrich und dessen Frau. Seit 2018 sind die Briefübertragungen und Digitalisate über die Website des Instituts zugänglich. Weitere Informationen unter www.brahms-institut.de.
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Susanne Proepsting
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