Indonesien
Frauen, Kinder und Menschenrechtsverteidiger in Aceh von Gewalt bedroht
Bonn (ots)
Übergriffe gegen Zivilisten nehmen zu / Schüsse auf Autos von Demonstranten / Menschenrechtsverstöße von Sicherheitskräften und bewaffneten Oppositionsgruppen / Gräueltaten der vergangenen zehn Jahre weiterhin unaufgeklärt / Hilfsorganisationen und Menschenrechtler werden behindert und eingeschüchtert
"Menschenrechtsverstöße gegen Zivilisten in Aceh nehmen in jüngster Zeit erneut zu. Täter sind sowohl Soldaten der indonesischen Armee als auch Mitglieder bewaffneter Oppositionsgruppen", zu diesem Ergebnis kommt amnesty international in drei heute erscheinenden Berichten über die Situation von Frauen, Kindern und Menschenrechtsaktivisten. Während die Opfer der Gräueltaten des vergangenen Jahrzehnts noch auf Gerechtigkeit warten, fallen erneut Hunderte dem "Verschwindenlassen", Tötungen und Folter zum Opfer. "Die Menschen leben weiterhin in Angst vor Gewalt von beiden Seiten und in der Ungewissheit darüber, welche Tragödie sich als Nächste in ihrem Leben ereignen wird", beschreibt die Menschenrechtsorganisation die Lage der Bevölkerung.
"Wir sind Gewalt gewohnt- Gewalt ist unser täglich Brot", so Ridwan*, der 14 Jahre alt war, als sein Vater getötet wurde. Wie er versuchen tausende Kinder das Schicksal ihrer Angehörigen aufzuklären. Häufig geraten sie dabei selbst in Gefahr. Saiful* war gerade 13 Jahre alt, als sein Vater 1991 "verschwand". Kurz darauf "verschwand" auch sein Onkel. Acht Jahre später, im November 1999, wurde Saifuls älterer Bruder von Sicherheitskräften festgenommen und ist seitdem ebenfalls verschwunden. Saifuls Bemühungen, das Schicksal seiner Angehörigen aufzuklären, trugen ihm den Vorwurf ein, Mitglied der bewaffneten Oppostionsgruppe "Bewegung für ein freies Aceh" (Gerakan Aceh Merdeka - GAM) zu sein. "Mir wurde der Vater genommen, ich muss etwas tun. Viele von uns möchten herausfinden, wo ihre Verwandten sind", sagte Saiful gegenüber amnesty international.
Auch Frauen werden in Aceh weiterhin Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen. Am 7. März 2000 drangen Sicherheitskräfte in ein Haus in Matangkuli in Nord-Aceh ein, in dem sie Mitglieder der "Bewegung für ein freies Aceh" (GAM) vermuteten. Anschließend vergewaltigten uniformierte Männer die anwesenden Mädchen und Frauen. Obwohl der Vorfall untersucht wurde, ist es bisher zu keiner Anklage gekommen.
Selbst Mitarbeiter humanitärer Organisationen und Menschenrechtsverteidiger wurden verhaftet und gefoltert oder "verschwanden". Hilfe für die Zivilbevölkerung ist kaum noch möglich, weil Hilfsorganisationen der Zutritt zu Krisengebieten verweigert wird.
Jafar Siddiq Hamzah wurde am 2. September diesen Jahres tot in einer Schlucht aufgefunden. Hamzah, der für das in den USA ansässige Internationale Forum für Aceh (IFA) arbeitete, war einen Monat zuvor in Medan, Nord-Sumatra verschwunden. Berichten zu Folge war sein Körper mit Stacheldraht gefesselt und wies Spuren von Folter auf. Sowohl die Sicherheitskräfte als auch die GAM haben die Verantwortung für Hamzahs Tod zurückgewiesen. Eine polizeiliche Untersuchung verlief ergebnislos.
Einschüchterungen und Drohungen gehen aber auch von der GAM aus. Berichte sprechen von Morddrohungen und schwarzen Listen, die lokalen Behörden untersagen, Hilfe anzunehmen. "Es kann in Aceh keinen wirklichen Frieden geben, wenn die Menschenrechtsverstöße nicht untersucht werden. Beide Seiten, sowohl die Sicherheitskräfte wie auch die GAM müssen die Übergriffe gegen Zivilisten einstellen", betont amnesty international.
Im Mai 2000 unterzeichneten die indonesischen Behörden und die GAM ein Abkommen über die Einstellung offensiver Operationen, um die Verteilung humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Die Vereinbarung trat am 2. Juni 2000 für einen Zeitraum von drei Monaten in Kraft und wurde kürzlich um weitere drei Monate bis zum 15. Januar 2001 verlängert.
Am 10. und 11. November demonstrierten einige tausend Menschen in der Provinzhauptstadt Banda Aceh, für ein Referendum über die Unabhängigkeit von Aceh. Die Sicherheitskräfte versuchten die Zugangsstraßen nach Banda Aceh zu sperren und schossen auf Autokolonnen. Berichte lokaler Nicht-Regierungsorganisationen gehen von über 20 Toten aus. Einer der Organisatoren der Demonstration Mohammad Nazar, wurde am 20. November unter dem Vorwurf verhaftet, zum Hass gegen die Regierung aufgerufen zu haben. Nach Ansicht von amnesty international verstößt eine solche Anklage gegen internationale Menschenrechtsstandards und dient vor allem dazu, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.
* Namen geändert
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