amnesty international zur Deutsch-chinesischen Umweltkonferenz
Menschenrechte dürfen nicht hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstehen
Bonn (ots)
Eindringlicher Appell an Fischer, Trittin, Wieczorek-Zeul / Kein Ende der Verfolgung politischer Dissidenten und der Repressionen von Anhängern religiöser Bewegungen / Dialog muss begleitet werden von politischem Druck in bilateralen Kontakten und einer klaren Verurteilung durch die internationale Gemeinschaft
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international hat vor der ersten Deutsch-chinesischen Umweltkonferenz eindringlich an Außenminister Fischer, die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Wieczorek-Zeul, und Umweltminister Trittin appelliert, bei allen Gesprächen über Entwicklung, wirtschaftliche Beziehungen und Exportförderung die Menschenrechte nicht zu vergessen. "Nachhaltige Entwicklung ist nur in einer Gesellschaft möglich, in der die grundlegenden Menschenrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit sowie Versammlungs- und Organisationsfreiheit verwirklicht sind. Deshalb muss auch bei dieser Konferenz die unverändert prekäre Menschenrechtssituation zur Sprache gebracht werden", erklärte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von amnesty international, Barbara Lochbihler. "Bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf im März diesen Jahres hat Außenminister Fischer selbst wörtlich die Einschätzung vertreten, dass sich die Lage im vergangenen Jahr ,keineswegs positiv entwickelt' hat. Jetzt wird es Zeit, dass er seinen Worten Taten folgen lässt und seinen ganzen Einfluss auf die Vertreter der chinesischen Regierung geltend macht."
Exemplarisch für eine Reihe von systematischen Menschenrechtsproblemen in der Volksrepublik China hat amnesty international den Bundesministern Einzelschicksale vorgelegt, die belegen, dass die Verfolgung von Oppositionellen und die Repression gegen Anhänger religiöser Bewegungen unvermindert andauert.
Die beiden führenden Anhänger der "Chinesischen Demokratischen Partei", Xu Wenli und Liu Xianbin, sind nur zwei von vielen politischen Dissidenten, deren Engagement von den chinesischen Behörden als "Gefährdung der staatlichen Sicherheit" angesehen wurde und die zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. "Politisch Andersdenkende werden in China zu drakonischen Strafen verurteilt, nur weil sie von grundlegenden Menschenrechten Gebrauch machen und mit friedlichen Mitteln und im Rahmen der chinesischen Gesetze versuchen, politische Reformen herbeizuführen", erläutert Dirk Pleiter, China-Experte der deutschen Sektion von amnesty international. "Das zeigt, wie der Anspruch der chinesischen Behörden, das Rechtssystem zu reformieren und Rechtssicherheit zu fördern, durch eine Gesetzeslage konterkariert wird, welche die willkürliche Verfolgung von Personen ermöglicht. Dieses Thema muss auch Bestandteil des Rechtsdialogs mit der chinesischen Regierung sein, ansonsten ist er eine Farce. Es wäre nicht akzeptabel, wenn Bundesaußenminister Fischer das Thema Menschenrechte bei seinen Gesprächen mit Rechtsanwälten und Strafrechtlern aussparen sollte", so Pleiter.
Besonders besorgt ist die Menschenrechtsorganisation angesichts der andauernden schweren Menschenrechtsverletzungen in der überwiegend von Muslimen bewohnten Autonomen Uighurischen Region Xinjiang. Berichten zufolge sind dort zurzeit Tausende politische Gefangene in Haft. Viele der Häftlinge wurden gefoltert, wobei nach Informationen von amnesty international in dieser Region besonders brutale Foltermethoden angewandt werden. Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße ist die Zahl der zum Tode Verurteilten um ein vielfaches höher als in der übrigen Volksrepublik. Todesurteile und Hinrichtungen werden bei über 60 Delikten exzessiv angewandt. Jahr für Jahr werden in China mehr Exekutionen bekannt als in allen anderen Ländern der Erde zusammen.
Angesichts der Verschlechterung der Menschenrechtssituation kritisiert amnesty international, dass kein deutliches menschenrechtliches Profil der deutschen Chinapolitik erkennbar sei. "Der Verweis auf den neu begonnenen Rechtsstaatsdialog und den bestehenden Menschenrechtsdialog mit China allein reichen dafür bei weitem nicht aus. Der Dialog ist kein Selbstzweck, er muss erfolgsorientiert angelegt sein und ist ein mögliches Instrument unter anderen, die Menschenrechtssituation in China zu verbessern", erklärt Barbara Lochbihler. "Bis jetzt war der Dialog auf bilateraler wie auf EU-Ebene wenig hilfreich für die Verbesserung der Menschenrechte in China. Er kann und darf auf keinen Fall die öffentliche Kritik ersetzen. Im Gegenteil: Soll der Dialog erfolgreich sein, muss er begleitet werden von politischem Druck in bilateralen Kontakten und einer klaren Verurteilung durch die internationale Gemeinschaft. So muss sich eine konsequente Menschenrechtspolitik gegenüber China messen lassen an der deutlichen Benennung und Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen bei der Menschenrechtskommission in Genf. Die deutsche Regierung muss ihren Einsatz verstärken, damit bei der nächsten Menschenrechtskommission endlich über eine von der EU miteingebrachte Resolution abgestimmt werden kann."
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