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Springer-CEO Mathias Döpfner: "Leadership-Modelle lösen sich auf, in der Politik, in der Wirtschaft und in den Medien"

Hamburg (ots)

Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Konzerns, kritisiert im Exklusiv-Interview mit MEEDIA die Politik für ihren egozentrischen Umgang mit der Macht und macht diesen für den Aufstieg von Populisten und Extremisten verantwortlich. "Die Bürger haben ein Gespür dafür, wenn Politiker Politik für sich selbst machen", so der Medienmanager und ehemalige Journalist. "Wähler fühlen sich als nützliche Idioten, die ab und an mal ein paar Kreuze machen dürfen. Ob in Amerika, Osteuropa, Großbritannien oder auch in unserem eigenen Land: Die Leute haben darauf keine Lust mehr und suchen nach einem anderen Typus."

Dies zeige auch: "Die alte Garde ist durch - und zwar überall." Gemeint sei dabei auch der eigene Berufsstand. Journalisten seien "von den gleichen Generationserscheinungen geprägt", so Döpfner. Mit Reportern, die ihre Leitartikel als Politikberatung verfassten und eine "unheimliche Nähe" zu den Protagonisten suchten, gehe es nicht mehr gut. Die Konsequenz: "Leadership-Modelle lösen sich auf, in der Politik, in der Wirtschaft und in den Medien, sie werden durch neue Leitbilder und Formen ersetzt." Medienmacher müssten auf diese Entwicklung reagieren, wenn sie nicht abgehängt werden wollen. "Wir als Journalisten und Arbeitgeber von Journalisten müssen neu denken. Wenn wir das nicht selbst hinbekommen, werden es andere tun. Es gibt da draußen eine ganz neue Journalistengeneration."

Derweil sieht Döpfner, der Springer seit nunmehr 16 Jahren als CEO leitet, das demokratische Politik-System gefährdet. "Schon allein deshalb, weil sie einfach vorausgesetzt wird." Bei manchen Gesprächen mit Führungskräften aus der Wirtschaft, die am System zweifelten, sei er geradezu erschrocken: "Die Demokratie-Vergessenheit macht mir große Sorgen."

Um das Ungleichgewicht wieder auszupendeln, fordert Döpfner im Gespräch die Wiederbelebung der Streitkultur, wie es sie unter Strauß, Wehner, Brandt, Schmidt oder Kohl gegeben habe. "Das findet heute nicht mehr statt, weil sich niemand mehr traut, etwas zu sagen. Entweder, weil sie nichts zu sagen haben, oder weil sie Angst vor der Gesinnungspolizei haben. Es hat sich eine beredte Sprachlosigkeit entwickelt, weshalb ich für mutiges, konkretes und saftiges Formulieren plädiere." Man dürfe aus Angst vor verbaler Auseinandersetzung keine "übertriebene" political correctness leben, auch wenn Medien dazu neigten, "sofort die Keule" rauszuholen.

In diesem Zusammenhang verteidigt der Springer-CEO gegenüber MEEDIA auch das Agenda-Setting der Bild-Zeitung unter ihrem Chefredakteur Julian Reichelt. Über die Berichterstattung der zum Springer-Verlag gehörenden Boulevardzeitung wird derzeit diskutiert wie lange nicht mehr. Kritiker werfen dem Blatt und seinem Chefredakteur vor, sich feindselig gegenüber Einwanderung und Flüchtlingen zu positionieren und Ängste zu schüren. Döpfner stellt sich hinter seinen ersten Blattmacher: "Ich es gut, dass Bild in jüngster Zeit noch kantiger, mutiger, entschiedener geworden ist." Boulevardjournalismus müsse in seiner Stilistik emotionalisieren, zuspitzen, personalisieren. "Er muss mehr dürfen als eine traditionelle Abo-Zeitung, die in ihrer Sachlichkeit brillieren muss." Der Kurs der Bild werde zudem auch von den Lesern "honoriert", führt der CEO unter Berufung auf die eigene Marktforschung an.

Trotz dieser Erkenntnisse, verteidigt er die damals unter Ex-Bild-Chefredakteur und -Herausgeber Kai Diekmann angeführte "Refugees Welcome"-Kampagne, auch wenn er einen Fehler im Nachhinein nicht ausschließen kann: "Wenn Sie sagen, Bild hätte noch mehr kritische Fragen noch eher stellen müssen, haben Sie wahrscheinlich auch recht."

Im Interview, das Mathias Döpfner anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Medien-Branchendienstes MEEDIA gegeben hat, erklärt er darüber hinaus, sich mit Auflagenverlusten von Print-Angeboten abgefunden zu haben. Es gehöre dazu, "seinen inneren Frieden mit dieser strukturell bedingten Entwicklung zu schließen anstatt sie schönzureden". Denn: "Auch ein Klon von Henri Nannen, Rudolf Augstein und Axel Springer würde die Auflagenentwicklung von Stern, Spiegel oder Bild nicht drehen. Wir müssen den Rückgang der Auflage akzeptieren, den Verlust von Marktanteilen aber mit allen Kräften verhindern."

Die Verwendung der Zitate aus dem Interview ist unter Nennung/Verlinkung der Quelle frei. Das gesamte Gespräch finden Sie bei MEEDIA.de: https://meedia.de/2018/07/18/die-alte-garde-ist-am-ende-und-zwar-ueberall-springer-ceo-mathias-doepfner-ueber-die-aufloesung-von-leadership-modellen-in-politik-und-medien/

Pressekontakt:

Georg Altrogge
Chefredakteur MEEDIA
040/ 431 79 47 - 0

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