Ärzte umgehen den gesetzlichen Leistungsausschluss für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel
Bergisch Gladbach (ots)
Ärzte umgehen den gesetzlichen Leistungsausschluss für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, indem sie zunehmend verschreibungspflichtige Alternativen zu Lasten der Kassen verordnen. Zu diesem Schluss kommt der IKK-Bundesverband auf Grund einer Analyse von Arzneimittelverordnungsdaten des 1. Halbjahres 2004.
Seit Anfang des Jahres dürfen nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die sogenannten OTC- Präparate, nicht mehr zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden. In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass die Pharmaindustrie bei Änderungen im Leistungsrecht Möglichkeiten gefunden hat, ihre Produkte weiterhin zu Lasten der GKV verschreiben zu lassen. Der IKK-Bundesverband hat nun die Verordnungsdaten des 1. Halbjahres 2004 gezielt darauf hin analysiert, ob auch jetzt wieder solche Strategien gefahren werden.
Das Ergebnis ist alarmierend: Es gibt klare Hinweise darauf, dass bei gleicher Indikation nunmehr auf verschreibungspflichte Mittel zurückgegriffen wird.: Insbesondere bei den Antiallergika wurden statt der bewährten nicht verschreibungspflichtigen Standardarzneimittel gezielt verschreibungspflichtige Scheininnovationen verordnet. So wird seit Januar ein Präparat mit dem Wirkstoff 'Levocetirizin' verstärkt verschrieben; die Anzahl der verordneten Tagesdosen hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum immerhin verdoppelt. Die Anzahl der verordneten Tagesdosen des Wirkstoffs 'Desloratadin', ebenfalls ein Antiallergikum, hat sich um 27 Prozent erhöht. Auch die Verordnungen für das Rheuma- und Schmerzmittel 'Dexibuprofen' - eine fragwürdige Scheininnovation - sind drastisch angestiegen, obwohl jahrelang bewährte und verträgliche Arzneimittel verfügbar sind.
Besonders fragwürdig und problematisch ist die um 62 Prozent gestiegene Verordnungszahl einer Oxytetraxyclin-Hustenlöser- Kombination. Diese Zusammensetzung aus Antibiotikum und einem pflanzlichen Schleimlöser - aus pharmakologischer Sicht nicht sinnvoll - stammt aus der Frühzeit der Antibiotikatherapie und hatte zu Recht jahrelang ein Nischendasein in den Schränken der Apotheken gefristet. Auch diese vom Pharmamarketing beworbene Kombination wird offenbar eingesetzt, um ein anderes, nicht mehr verordnungsfähiges Medikament desselben Herstellers zu ersetzen.
Für den IKK-Bundesverband zeigt sich hier, dass einige Vertragsärzte den Vermarktungsstrategien der Firmen erliegen. "Ein pharmakologischer oder medizinischer Grund für das veränderte Verschreibungsverhalten der Vertragsärzte ist nicht erkennbar. Hier handelt es sich um eine klare Umgehungsstrategie, die zu Lasten der Solidarität geht", so Rolf Stuppardt, Vorstandsvorsitzender des IKK- Bundesverbandes. "Die Ärzte, die den Vermarktungsstrategien der Pharmaindustrie erliegen, handeln gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Außerdem ist die Verordnung von nicht bewährten oder veralteten Arzneimitteln, für die es etablierte Therapiealternativen gibt, nicht im Sinne des Verbraucher- und Patientenschutzes."
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ots-Originaltext: IKK Bundesverb. d. Innungskrankenkassen
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