Wird Venezuela die Wirtschaftskrise überwinden?
Präsidentschaftswahlen in Venezuela
Berlin/Bogotá (ots)
Heute wählt Venezuela einen neuen Präsidenten. Der amtierende, autoritär regierende Präsident Nicolás Maduro ist seit 2013 im Amt und wurde 2018 in einer umstrittenen Wahl bestätigt. Die Opposition erkannte das Ergebnis damals nicht an, wie auch die USA, die EU-Staaten und zahlreiche weitere Länder. Jetzt treten mehr als 30 Parteien mit 10 Kandidaten zur Wahl an.
"Als aussichtsreichster Vertreter der Opposition gilt Edmundo González Urrutia, Generalsekretär des Oppositionsbündnisses Plataforma Unitaria Democrática (PUD), einem Zehn-Parteien-Oppositionsbündnis, und ehemaliger Botschafter in Argentinien und Algerien. Laut den meisten Umfragen müsste González bei einem fairen Verfahren die Wahl gewinnen. Seine Zustimmungswerte liegen weit über jenen von Präsident Nicholás Maduro. Daran wird auch die zuletzt gesunkene Inflation nicht viel ändern", sagt Janosch Siepen von Germany Trade & Invest (GTAI) in Bogotá".
"Es ist jedoch davon auszugehen, dass Maduro zu Mitteln des Wahlbetrugs greift oder anderweitig in die Wahl eingreift. Zuletzt hat die Maduro-Regierung eine Einladung an die EU zur Entsendung eines Teams unabhängiger Wahlbeobachter für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen formell zurückgezogen. Es deutet daher viel daraufhin, dass die Wahl weder fair noch frei ablaufen wird", so Siepen weiter.
"Vor diesem Hintergrund besteht ein hohes Risiko, dass die politischen Turbulenzen zu einer beschleunigten Abwertung der Währung führen, was wiederum die Inflation deutlich ansteigen lassen dürfte. Bei einem Wahlsieg von González könnte dem Land dagegen voraussichtlich die diplomatische Wiedereingliederung in die westliche Staatengemeinschaft bevorstehen", erklärt Siepen.
Venezuela verfügt über die größten Ölreserven der Welt (18 Prozent der globalen Vorkommen) und die zweitgrößten Erdgasreserven in der westlichen Hemisphäre. Das Land war lange Zeit eine verhältnismäßig reiche Volkswirtschaft in Südamerika und Standort zahlreicher multinationaler und deutscher Unternehmen. Noch 2013 hatte es das vierthöchste Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in der Region. Bis 2020 schrumpfte die venezolanische Wirtschaft um fast 80 Prozent, unter anderem aufgrund von Misswirtschaft, Verstaatlichungen, sinkenden Ölpreisen, Hyperinflation und US-Sanktionen.
"Jetzt könnte Venezuela davon profitieren, dass traditionelle Bezugsmärkte fossiler Energie für den Westen angesichts des Kriegs in der Ukraine, Sanktionen gegen Russland und der unsicheren Lage in Nahost unzugänglich oder gefährdet sind. Trotz der US-Sanktionen hofft die Maduro-Regierung darauf, die Ölproduktion weiter zu steigern. Denn die USA haben bereits diverse Sondergenehmigungen erteilt, damit ausländische Unternehmen im venezolanischen Öl- und Gasgeschäft aktiv sein können. Neben Chevron gilt das zum Beispiel für Repsol aus Spanien und Maurel & Prom aus Frankreich", so Siepen.
Economist Intelligence Unit (EIU) und Internationaler Währungsfonds prognostizieren für Venezuela etwa 4 Prozent BIP-Wachstum für das laufende Jahr und rund 3 Prozent für 2025. Geschäftschancen für deutsche Unternehmen gibt es bei der Lieferung und Produktion von Nahrungsmitteln und Getränken, landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und Düngemitteln, Fahrzeugteilen, Pharmazeutika, Kunststoff sowie im Tourismus.
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