Bayrisches Fernsehen
Programmänderung
Freitag, 7. Januar 2000, 22.20 Uhr: "Morituri"
München (ots)
"Morituri" Amerikanischer Spielfilm von 1964 mit Yul Brynner, Martin Behnrath, Marlon Brendo u.a. Regie Bernhard Wicki
Bernhard Wicki ist tot. Zwei Monate nach seinem 80. Geburtstag, an dem der grandiose Schauspieler und Regisseur in München mit einer großen Gala geehrt wurde, ist am Montag nach langer Krankheit in München einem Herzversagen erlegen. Am 28. Oktober 1919 im niederösterreichischen St. Pölten als Sohn eines Schweitzer Ingenieurs und einer Österreicherin mit ungarischen Vorfahren geboren, verlebte Bernhard Wicki seine Schulzeit bis zum Abitur u.a. in einem schlesischen Internat, in Halle, auf Schloß Cumberland, am Realgymnasium von Salzburg und in der Erzherzöglichen Lehranstalt in Mauer bei Wien (1939-40).Seine Schauspielausbildung genoß er bei Gründgens und am ReinhardSeminar in Wien. Unterbrochen wurde diese Zeit durch Wickis Verhaftung am Tag der "Reichskristallnacht". 10 Monate KZ als politischer Häftling in Sachsenhausen brachten dem damals 19jährigen seine Mitgliedschaft in deer kommunistischen Partei und seine Aktivitäten in der Jugendmalklasse des Dessauer Bauhauses ein.
1940 gab er sein Bühnendebüt als Faust am Schönbrunner Theater Schloßtheater in Wien. Bremen, Salzburg, München hießen die nächsten Stationen, 1944 bis1950 gehörte er dem Züricher Schauspielhaus an. Im Jahr seiner Trennung von der renommierten Schweitzer Bühne gab Wicki in dem Melodrama "Der fallende Stern" sein Leinwanddebüt, die erste Hauptrolle brachte der "Haflinger-Sepp" 1953. Über 70mal stand er seitdem vor der Film- oder TV-Kamera. Zu den wichtigsten Kinofilmen des Schauspielers Wicki gehören: "Kinder, Mütter und ein General" (1954), "Es geschah am 20. Juli"(195519 als Stauffenberg, die Komödie "Die Züricher Verlobung"(1957), Michelangelo Antonionis Meisterwerk "Die Nacht (1960), " Die gläserne Zelle " von Hans W. Geissendörfer (1978), "Eine Liebe in Deutschland" (1957) von Andrzej Wajda (1983), "Paris, Texas" (1984) oder zuletzt als "Dany" und Richard Blanks düsterem Zeitgemälde "Prinzenbad" (1993). Seine Charkterisierungskunst machte auch etliche Folgen der TV-Krimiserien um den "Kommissar" oder"Derrick" zu einem Hochgenuß. Herausragend auch sein "Graf Öderland" in der Fernsehverfilmung des gleichnamigen May-Frisch-Stückes, Peter Beauvais´TV-Film "Glückssucher" oder die achtteilige Serie "Theodor Chindler" von Hans W. Geissendörfer - eine Sternstunde des Fernsehens.
Der Regisseur Wicki war 1958 mit dem Dokumentarfilm über Jugendliche und ihre Probleme "Warum sind sie gegen uns?" ins Rampenlicht getreten und mit etlichen Preisen bedacht worden. Zur Sensation wurde seine Spielfilmdebüt "Die Brücke" ein Jahr später. Etliche seiner jungen unbekannten Darsteller wurden durch diesen Film zu Stars, Wicki selbst auch im Ausland über Nacht berühmt. Die Amerikaner vertrauten ihm daraufhin den deutschen Teil der Großproduktion über die Landung in der Normandie "Der längste Tag" (1961/62) an. Doch Wickis Verhältnis zum amerikanischen Produktionsstil blieb gebrochen, seine Ausflüge nach Hollywood brachten dem Eigenwilligen mehr Ärger als Erfolgserlebnisse ein (Der Besuch/Morituri), da er seine Qualitätsvorstellungen nicht durchsetzen konnte. Zu seinen Regie-Meisterleistungen zählten vor allem die Literaturverfilmungen - und dabei fällt es bei Wicki nicht ins Gewicht, ob er für den Bildschirm oder für die Leinwand inszeniert. Man denke nur an "Das Wunder des Malachias" (1961) nach Bruce Marshall, "Die Eroberung der Zitadelle" (1977) nach einer Erzählung von Günther Herburger, oder die Alfred-Andersch-Verfilmung "Sansibar oder der letzte Grund" (TV 1985-87). Zu den absoluten Höhepunkten aber gehören seine beiden Joseph-Roth-Verfilmungen. 1970/71 entstand die (kon-)geniale TV-Adaption der Roth-Erzählung "Das falsche Gewicht" mit Helmut Qualtinger in der Hauptrolle, 1989 wurde nach dreijähriger Arbeit sein grandioses Spätwerk "Das Spinnennetz" nach einem frühen Roman des österreichischen Dichters fertig, da u.a. etliche Filmbänder, darunter ein "goldenes" für die Regie, und den deutschen Filmpreis 1990 einheimste. "Es gibt nicht einen Film aus seiner Hand der nicht seinen enormen, oft rauschhaften, immer aber präzis komponierenden Bildersinn bekräftigt....In allen seien Filmen war Wicki ein kritischer Experimentator mit den Erscheinungen unserer Zeit. ...Es sind Filme, insgesamt, die einen offenbaren Ernst ins Pathos stilisieren und die kleine Gebärde, auch die der Sanftheit, dennoch nie auslassen", schrieb die NZZ anläßlich seines 70. Geburtstages. In einem Interview vom 28. Oktober 1992 sagte er zum Beruf des Regisseurs: "Ich habe immer arbeiten wollten, habe mir immer die Arbeite als Regisseur herbeigewünscht und mich einen Teufel Darum geschert, was gerade en vogue war... - ich glaube , daß einfach nur dann etwas entsteht, wenn man nicht anders kann, weil man etwas machen will und machen muss. Nur aus diesem unmittelbaren Trieb, aus diesem "Ich bin so und kann nicht anders, und ich mache es, ob jemand meinen Film sieht oder nicht..."
zu Morituri: Zum Tod von Bernhard Wicki zeigt das Bayerische Fernsehen den amerikanischen Spielfilm "Morituri", den Bernhard Wicki 1964 inszenierte.
Die Zeit des Zweiten Weltkrieges: Kapitän Müller erhält den Auftrag, ein deutsches Frachtschiff mit kriegswichtigem Rohgummi an Bord durch die Blockade in den Hafen des besetzten Bordeaux zu bringen. Sein erster Offizier ist ein linientreuer Nationalsozialist, zur Besetzung zählen etliche Gefangene des Deutschen Reiches. Ein vom britischen Geheimdienst erpresster Deutscher soll die Ladung den Allierten zuspielen. Als eine von ihm angezettelte Meuterei scheitert, sprengt er das Schiff selbst in die Luft. Bernhard Wicki gelingt es, in diesem "technisch brillanten Film" trotz aller Spannung, "weit über ein bloßes Kriegsabenteuer hinausgehen"(Lexikon des Internationalen Films). Der Regisseur des Meisterwerks "Die Brücke" lässt die "Pervertierung aller menschlichen Werte" durch den Krieg, "die Unmöglichkeit des Menschseins in einer ihren Wesen nach unmenschlichen Situation ... sichtbar zu machen. In einer klugen Disposition der filmischen Mittel steigert Wicki das Drama über den emotionalen Höhepunkt hinaus in eine schon ins Irreale umschlagende Dämonie" (Katholischer Filmdienst).
Der für diesen Zeitpunkt vorgesehene Spielfilm "Hope and Glory - Der Krieg der Kinder" wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.
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