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SDS-Artikel: Deutschen war Arafats Kampf nicht radikal genug
Algerischer Staat finanzierte Palästina-Solidaritätskonferenz - "Keine Kosten gescheut"

München (ots)

Der deutschen SDS-Delegation war die politische
Linie von Arafats Al Fatah auf der Palästina-Propagandakonferenz 1969
in Algier nicht radikal genug. Dies geht aus einem 1970 erschienenen
Artikel des deutschen Teilnehmers Wolfgang Schwiedrzik hervor. Statt
dessen propagierten die Deutschen den radikaleren "Befreiungskampf"
im Sinne des Marxismus-Leninismus. Den Kern dieser Gruppierungen
bildeten damals die PFLP und DFLP. Diese Terror-Organisationen
lehnten sämtliche UNO-Resolutionen zum Nahost-Konflikt ab, forderten
die Vernichtung Israels und propagierten - im Unterschied zu Arafat -
den uneingeschränkten Terror auch im Westen. Sie bildeten das
palästinensische Bindeglied zum internationalen Terrorismus, unter
anderem zur RAF.
Im "Report aus München" (ARD) vorliegenden Artikel vom 16.1.1970
warf Schwiedrzik Arafat sogar Verrat am palästinensischen Kampf vor.
Schwiedrzik kritisierte in Rückblick auf den Kongress in Algier
Arafats Al Fatah als die "modernen Revisionisten", die "in
Wirklichkeit auf Seiten des Imperialismus und Kolonialismus" stünden
und nichts unversucht ließen, "um die nationale Befreiungsbewegung zu
verneinen und ihr entgegenzuarbeiten". Bitter enttäuscht über Arafats
Solidaritätskongress schrieb Schwiedrzik, Veranstaltungen dieser Art
würden "eine offene Diskussion zwischen den wirklich kämpfenden
Organisationen über die konkreten Probleme des bewaffneten
Befreiungskampfes (...) ausschließen".
Für ihre extreme Position habe die deutsche Delegation aber kaum
Unterstützung erhalten. Schwiedrzik: "Der Versuch der westdeutschen
und westberliner Delegation, mit einer Gegenresolution gegen die zur
Akklamation vorgelegten Resolutionen die politische Diskussion im
Plenum zu erzwingen, wurde vom Tagungspräsidium ohne Diskussion
souverän hinwegmanipuliert."
Da sich die Deutschen mit ihren radikalen Positionen nicht
durchsetzen konnten, verließen sie "nach der per Akklamation
erfolgten und vom Präsidium als einstimmigen Beschluß interpretierten
Verabschiedung der politischen Resolution" das Plenum.
Auch laut eidesstattlicher Versicherung der deutschen
Konferenzteilnehmerin Inge Presser hatten die männlichen deutschen
Delegierten "Veränderungswünsche". Presser: "Sie hielten die
Einschätzung der Lage durch die marxistischen Strömungen der PLO für
adäquater." Die Veränderungswünsche seien jedoch "vom Podium
abgelehnt" worden. "Wütend" verwies laut Presser der Berliner
Teilnehmer Udo Knapp auf die besondere Rolle der Deutschen, "die - so
wörtlich - 'in drei Jahren die Arbeiterklasse hinter sich hätten'".
Obwohl anschließend im Saal "tumultartig tosendes Gelächter"
ausbrach, sei Knapps Äußerung "seitens der anderen männlichen
deutschen Delegierten unwidersprochen" geblieben. Zu diesen zählte
auch Joschka Fischer.
Schwiedrzik hat vor wenigen Tagen auch im Interview mit dem
Spiegel erklärt: "Wir waren radikal - und unverantwortlich. Vor allem
was die Steigerung von Kampfformen anging, kannte unsere Phantasie
keine Grenzen."
Die fünfköpfige SDS-Delegation flog laut Schwiedrziks Artikel auf
Einladung der Al Fatah nach Algerien. Gastgeber war der algerische
Staat, der "keine Kosten gescheut hatte, um die Anwesenheit der Al
Fatah sowie der westeuropäischen 'Linken' für die Aufbesserung seines
lädierten Images propagandistisch auswerten zu können".
Rückfragen bei Stefan Meining (089-3806-5263) und Christian Nitsche
(0171-4135478), Veröffentlichung nur bei vollständiger Quellenangabe:
"Report aus München"

Original-Content von: BR Bayerischer Rundfunk, übermittelt durch news aktuell

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