Bayerisches Fernsehen
Sonntag, 4. Mai 2003, 11.00 Uhr
Kulturgespräch
München (ots)
Mac Donald's in Mesopotamien? Was bleibt von der irakischen Kultur?
Das Nationalmuseum komplett verwüstet, Bibliotheken verbrannt, unersetzbare Kunstwerke zerstört oder verschwunden - mit diesen Verlusten sei, so ein westlicher Augenzeuge, die kulturelle Identität des Irak ausgelöscht worden. In über 30 Jahren Diktatur und Unterdrückung durch Saddam Husseins Regime hat der Irak zudem einen gigantischen "brain drain" erlitten: Führende Künstler und Intellektuelle verließen das Land, die verbliebene Intelligenz wurde mundtot gemacht. Nach drei Kriegen und jahrelangen Embargos stellt sich die Frage: Was bleibt den Erben Nebukadnezars an kultureller Identität? Wendet sich das Volk - wie im Nachbarland Iran - den Mullahs zu oder droht dem Land, das gerne als die Wiege der Kultur bezeichnet wird, die McDonaldisierung? Zunächst wird es darum gehen, die verschwundenen Museumsschätze wiederzufinden. Prof. Dr. Michael Petzet ist Präsident des Internationalen Rates für Denkmalpflege (ICOMOS) und Mitglied verschiedener Kommissionen, die sich um die Rettung der einzigartigen Artefakte aus dem Zweistromland bemühen. Im Kulturgespräch berichtet er über die neuesten Entwicklungen. Helmut Schäfer, künstlerischer Leiter am Theater an der Ruhr, Mühlheim, war im letzten Jahr mit seinem Ensemble zu einem längeren Gastspiel in Bagdad. Es war der erste offizielle Besuch einer westlichen Theatertruppe in Saddams Reich seit über 11 Jahren. Dabei gewann er einzigartige Einblicke in die irakische Kulturszene. Einer, der wegen Saddam ins Exil ging, ist der Schriftsteller Hussain Al-Mozany. Seit 1980 lebt er in Köln, hat unter anderem Kafka, Rilke und Grass ins Arabische übersetzt. Obwohl er die kulturellen Verluste seines Heimatlandes bedauert, sieht er keine Gefahr für eine kollektive Identitätskrise. Die irakische Kultur, sagt er, sei so stark und gefestigt, dass selbst Krieg und Diktatur das nationale Bewusstsein nicht zerstören können. Die Psychoanalytikerin Dr. Thea Bauriedl bezweifelt dies. Sie beschäftigt sich mit den psychischen Folgen von Krieg und Zerstörung und befürchtet weitreichende Schädigungen des kulturellen Selbstverständnisses der Iraker. Die Sendung wird moderiert von Beatrice Sonhüter.
ots-Originaltext: BR Bayerischer Rundfunk
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=7560
Kontakt:
BR Bayerischer Rundfunk
Pressestelle
Telefon:089 / 5900 2176
Original-Content von: BR Bayerischer Rundfunk, übermittelt durch news aktuell