Bayerisches Fernsehen
Sonntag, 15. Juni 2003, 14.10 Uhr
ZUM TODE
VON GREGORY PECK
Moby Dick
Spielfilm, USA 1956
(ots)
München Gregory Peck, einer der ganz Großen des klassischen Hollywoods, ist tot. Der 87-jährige starb in der Nacht zum Donnerstag, dem 12. Juni, in seinem Haus in Los Angeles. Bei ihm seine Frau Veronique, mit der seit 48 Jahren glücklich verheiratet war.
1989 wurde der Star ohne Allüren und ohne Skandale für seine besonderen Verdienste um das Kino mit dem "Life Achievement Award" des "American Film Institute" und einem Spezialpreis in Cannes, 1993 aus dem gleichen Grund mit dem "Goldenen Bären" Berlins gewürdigt - nur drei Ehrungen und Auszeichnungen aus einer nicht endenden Liste, auf der etliche Golden Globes, ein Oscar und vier weitere Nominierungen stehen. Erst wenige Tage vor seinem Tod war Peck vom American Film Institute für seine Leistung als Atticus Finch in "Wer die Nachtigall stört" zum größten Filmhelden aller Zeiten gekürt worden. Für diese Rolle hatte er 1962 den Oscar erhalten. Von lässiger Schlaksigkeit, hochgewachsen und sensationell gut aussehend, wurde er zum Ideal des aufrechten Amerikaners und des romantischen Helden, zum "Inbegriff des linkischen Charme- Puritaners, der zu jeder Zeit und an jedem Ort furchtlos schwache Frauen beschützt" (AZ, 5.4.1991). Er war der gejagte Geliebte von Ingrid Bergman in Hitchcocks Thriller " Ich kämpfe um dich" (Spellbound), der fanatische Kapitän Ahab in "Moby Dick" oder der charmante Schurke in "Duell in der Sonne". Er verzauberte Audrey Hepburn in "Ein Herz und eine Krone", er verliebte sich in seine mörderische Klientin in "Der Fall Paradin", litt als Hemingway-Held in "Schnee am Kilimandscharo", geriet in den Spionagedschungel in "Arabeske", verkörperte "Mac- Arthur - Held des Pazifik" und den selbstzweiflerischen "Kommandanten", kämpfte gegen einen sadistischen Killer in "Ein Köder für die Bestie" und noch einmal in Martin Scorseses Remake "Kap der Angst" (1991) oder besiegte einen Finanzhai in "Das Geld anderer Leute" (1991). Zuletzt brillierte er 1998 als Father Mapple in einer TV-Verfilmung des "Moby Dick". Sein Vorgänger in der meisterhaften John-Huston-Adaption aus dem Jahr 1956, in der er unvergesslich den Ahab verkörperte, war kein Geringerer als Orson Welles. 1999 stand der "letzte wahre Kinoheld" der renommierten Dokumentarfilmerin Barbara Kopple für ihr Porträt "Conversation with Gregory Peck" Rede und Antwort. "Gregory Pecks Figuren sind oft Glücksspieler, Gentlemen und Zweifler zugleich. Persönlichkeiten mit Brüchen, bedroht in ihrer Identität. Peck zeigt sie als Suchende und dabei macht er uns nichts vor", schrieb Michael Esser anlässlich der Peck- Retrospektive zum Gewinn des "Goldenen Bären" (1993). Und Stanley Kramer, der mit Peck 1959 den Science-Fiction-Film "Das letzte Ufer" drehte, sagte über seinen Star: "Er steht einfach da, groß und stattlich. .. Man weiß, dass man ihm einfach vertrauen muss. .. Vertrauenswürdigkeit ist Pecks besonderes Kennzeichen". Für Kirk Douglas war "Gregory Peck einzigartig. Er repräsentierte Integrität, Leidenschaft und Ehre". Und Danny De Vito, seinem Partner aus "Das Geld anderer Leute", "war es eine Ehre ihn zu kennen, eine Ehre, mit ihm zu arbeiten.
In Memoriam Gregory Peck zeigt das Bayerische Fernsehen am Sonntag, dem 15. Juni um 14.10 Uhr John Hustons klassische Romanverfilmung nach Herman Melville Moby Dick (Moby Dick) Spielfilm, USA 1956 Regie: John Huston mit Gregory Peck, Richard Basehart, Orson Welles u.a.
Man schreibt das Jahr 1814. In der kleinen amerikanischen Hafenstadt New Bedford mustert der junge Ishmael zusammen mit dem indianischen Harpunier Queequeg auf der "Pequod" an. Kapitän des Walfangschiffs ist Ahab. Er hat vor Jahren im Kampf mit einem weißen Wal ein Bein verloren, seitdem verfolgt er das Tier mit glühendem Hass; er will Moby Dick - so nennen die Walfänger den weißen Wal - wiederfinden und töten. Ahabs Hass überträgt sich auf die Mannschaft der "Pequod", gemeinsam schwört man Moby Dick den Tod. Andere Wale interessieren den Kapitän wenig, obwohl der Ertrag der Reise einzig und allein von einem guten Fang abhängt. Ahab ist nur hinter seinem Todfeind her. Eines Tages kommt Moby Dick tatsächlich in Sicht, aber der erste Versuch, ihn zu stellen, schlägt fehl. Nach einem schweren Sturm taucht der Wal zum zweiten Mal vor dem Schiff auf. Ein dramatischer Kampf beginnt. Angegriffen von Ahab und seinen Harpunieren, zerschlägt Moby Dick ein Boot nach dem anderen. Rasend vor Wut stößt Ahab ihm schließlich eine Harpune in den Leib und springt ihn an. Es ist ein Sprung in den Tod, denn der Wal reißt ihn mit in die Tiefe. Und als die Matrosen weiterhin versuchen, Moby Dick zu töten, ereilt auch sie das Schicksal des Ahab.
Herman Melvilles "Moby Dick", 1851 erschienen, gehört zu den großen Romanen der Weltliteratur. Um seine Verfilmung rissen sich John Huston und Orson Welles gleichermaßen: Welles verlor den Kampf und musste mit der Rolle des Father Mapple zufrieden sein. Wie immer gelang ihm eine grandiose Charakterstudie, die er in seine imposante Galerie skurriler Porträts eingliedern konnte. Mit der gleichen Besessenheit, die Ahab eigen ist, ging John Huston (1906-1987) daran, Herman Melvilles legendären Abenteuerroman mit phantastischen Bildern und einer ausgefeilten Farbdramaturgie in Szene zu setzen. Drei Jahre lang arbeitete er an dem Film. Er und sein Kameramann Oswald Morris kombinierten das Farbmaterial mit Schwarzweiß- Entwicklungsprozessen. Die dadurch gedämpften Sepiafarben vermitteln ungemein suggestiv ein Gefühl von Trauer und Vergänglichkeit. Seine mehrfach preisgekrönte Adaption zählt zu den größten Abenteuerfilmen der Kinogeschichte, sie nutzt die abenteuerlichen Elemente des Romans, ohne seine hintergründige Symbolik preiszugeben. Eigentlich wollte der Regisseur nicht Gregory Peck als Ahab, sondern seinen Vater Walter Huston haben, andere glaubten, Welles sei die beste Besetzung gewesen. Dass dieser ein einmaliger Ahab gewesen wäre, bewies er wenig später mit seiner Theateradaption des Moby- Dick-Stoffes in Blankversen. "Moby Dick - Rehearsed" wurde auf vollkommen leerer Bühne gespielt. Welles' Ahab war atemberaubend. John Huston aber sagte in ironischer Bewunderung zur Besetzung: "Ich konnte mir Orson in der Haut des Ahab nicht vorstellen. Für zwei Wale ist in 'Moby Dick' einfach kein Platz". Gregory Peck meinte mit Humor dazu: "Eigentlich wäre nur einer für die Rolle in Frage gekommen: der Regisseur persönlich!". Peck aber enttäuschte Huston - und sich selbst - positiv, beider Bedenken waren überflüssig. Der Star, der sonst auf den guten Amerikaner spezialisiert war, glänzte mit der Darstellung dieses zerrissenen, von Dämonen gejagten Charakters. Peck, der auch die schwierigsten Stunts selbst absolvierte, geriet dabei mehrmals in Lebensgefahr. Dennoch ließen weder er noch Huston locker: Der große Regisseur stellte die Figur des Ahab ins Zentrum seines Films. Sein Hauptdarsteller, von ihm perfekt in Szene gesetzt, zeigte auf meisterhafte Weise, wie Ahab im Wahnsinn Gewalt und Tod entgegen taumelte.
ots-Originaltext: BR Bayerischer Rundfunk
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