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"Report Mainz", heute, 13.12.2010, 21.45 Uhr im Ersten
Hinweise auf illegale Waffenexporte von Heckler & Koch
Bildbeweise für deutsche Kriegswaffen im Krisengebiet

Mainz (ots)

Mexikanische Polizeieinheiten sollen unter Verletzung der Export-Grundsätze der Bundesregierung mit deutschen Gewehren ausgerüstet worden sein. Das geht aus aktuellen Aufnahmen hervor, die dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" vorliegen. Darin sind Polizisten mit Sturmgewehren beim Einsatz in der Stadt Juárez im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua zu sehen. Der Freiburger Rüstungsexperte Jürgen Grässlin identifizierte die Gewehre für "Report Mainz" eindeutig als das Modell "G36" des oberschwäbischen Rüstungskonzerns Heckler & Koch. Die Bundesregierung hat die als Unruhegebiete geltenden mexikanischen Bundesstaaten Chihuahua, Jalisco, Chiapas und Guerrero im Jahr 2007 von Waffenexporten ausgenommen. "Amnesty international" und andere Menschenrechtsorganisationen dokumentieren hier seit Jahren schwerste Menschenrechtsverletzungen, auch durch Militär und Polizei.

Zudem liegt "Report Mainz" exklusiv die schriftliche Aussage eines früheren hochrangigen Mitarbeiters der Firma Heckler & Koch vor, der an der Abwicklung des Rüstungsexports nach Mexiko beteiligt war. Darin erklärt der Informant, Heckler & Koch habe mexikanische Unruhestaaten "verbotenerweise beliefert". Sogar Ersatzteile für die G36-Sturmgewehre seien exportiert worden. In dem Dokument heißt es: "Der Bundesregierung wurde eine Falschaussage mitgeteilt, um die anstehenden Exporte nicht zu gefährden und die verbotenen Lieferungen zu verschleiern." Nach Angaben des Informanten soll Heckler & Koch dem Verantwortlichen der staatlichen Beschaffungsstelle in Mexiko (DCAM - Dirección de Comercialización de Armamento y Municiones), General Aguilar, ein "Bestechungsgeld in Höhe von 25 US-Dollar für jedes verkaufte HK G36 und 20 US-Dollar für jede HK-Kurzwaffe" gezahlt haben. Heckler & Koch bestreitet, dass Geld an die DCAM geflossen sei. Die Frage nach einer Bezahlung der DCAM durch Heckler & Koch entbehre "jeder sachlichen Grundlage".

Nach Angaben des Informanten wurden Polizisten im mexikanischen Krisengebiet Jalisco noch im Herbst 2008 an G36-Sturmgewehren von Heckler & Koch ausgebildet. "Report Mainz" liegt dazu außerdem ein offizielles Schreiben der Polizei von Jalisco vor, in dem Heckler & Koch für diese dreitägige "Vorführung des Waffensystems 'Heckler und Koch' (Sturmgewehr HK G36)" im Herbst 2008 gedankt wird. Konfrontiert mit den Recherchen, musste Heckler & Koch jetzt gegenüber "Report Mainz" einräumen, dass eine Waffenpräsentation im Herbst 2008 in Jalisco mit Blick auf "mögliche spätere Lieferungen" tatsächlich stattgefunden hat. Das Unternehmen bestreitet jedoch, dass es sich dabei um eine Schulung gehandelt habe.

"Report Mainz" hat die Rechercheergebnisse dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), vorgelegt. Im Interview macht er deutlich, dass die Regierung den Vorgang sehr ernst nimmt: "Die Auflagen, die die Bundesregierung erteilt, werden nicht umsonst erteilt, sondern sie werden selbstverständlich erteilt, damit sie eingehalten werden. Nicht ohne Grund sind Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bewehrt, das sind schwere Vergehen, und die müssen entsprechend geahndet werden."

Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), Mitglied des Bundessicherheitsrats a. D., forderte Sanktionen gegen Heckler & Koch, wenn die Vorwürfe zutreffen würden: "Dann muss die Bundesregierung Konsequenzen ziehen in Bezug auf diese Firma auch bei künftigen Entscheidungen." Im Extremfall dürften keine Exporte mehr zugelassen werden.

Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90 / Die Grünen), Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, erklärte in "Report Mainz": "Das Maß ist voll. Diese Förderung der Lieferung von deutschen Waffen in ein Krisengebiet in Mexiko war illegal. Das wusste die Firma Heckler & Koch, das hat sie sogar offensichtlich durch eigene Mitarbeiter, durch das Hinschicken, das Bezahlen von Spesen und Auslagen ganz massiv unterstützt. Ich denke, das muss Konsequenzen haben gegenüber der Firma Heckler & Koch, das kann nicht einfach so weitergehen. Bei zukünftigen Anträgen muss der Bundessicherheitsrat das berücksichtigen." Ströbele sagte weiter: "Die Beweislage ist einmalig dicht. Ich glaube, niemand wird den Sachverhalt bestreiten können, nach dem, was ich an Unterlagen dazu gesehen habe."

Monika Lüke, Generalsekretärin von "Amnesty International", erklärte im Interview mit "Report Mainz": "Wenn tatsächlich deutsche Waffen in die Unruheprovinzen geliefert wurden, dann ist das ein Beitrag zu Menschenrechtsverletzungen, die gerade jetzt in diesen Unruheprovinzen auch durch staatliche Sicherheitskräfte und Polizei regelmäßig und massenhaft stattfinden."

Konfrontiert mit den Recherchen bestreitet Heckler & Koch, Waffen illegal in mexikanische Krisengebiete geliefert zu haben. Wörtlich erklärte die Sprecherin Martina Tydecks: "Selbstverständlich ist jede Lieferung Gegenstand einer behördlichen Einzelprüfung und Genehmigung, die von Heckler & Koch jeweils buchstabengetreu umgesetzt wird."

Zitate gegen Quellenangabe frei. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.: 06131/929-3351.

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