Minister-Pensionen in meisten Ländern großzügiger als für Bundesminister "Report Mainz", heute, 24. Januar 2012, 21.45 Uhr im Ersten
Mainz (ots)
Die meisten Bundesländer leisten sich großzügigere Pensionsregelungen für ihre Regierungsmitglieder als der Bund. Das berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" heute Abend unter Berufung auf eine Auswertung der Ruhegehaltsregelungen in den Ministergesetzen aller Länder und des Bundes. Hoch verschuldete Länder wie das Saarland und Sachsen-Anhalt zahlen Regierungsmitgliedern schon nach kurzer Amtszeit und lange vor der für Bundesminister geltenden Regelaltersgrenze von 67 Jahren umfangreiche Ruhegehälter. So haben die vier saarländischen Minister von FDP und Grünen, die wegen des Scheiterns der Jamaika-Koalition in der vergangenen Woche entlassen wurden, trotz ihrer vergleichsweise kurzen Amtszeit von nur rund zwei Jahren bereits ab 60 Jahren Anspruch auf rund 1.700 Euro Pension monatlich. Ein Durchschnittsverdiener müsste für die gleiche Summe mehr als 60 Jahre in die Rentenkasse einzahlen. Außerdem haben die vier Minister trotz ihres nur zweijährigen Intermezzos in der Saarbrücker Landesregierung bereits Anspruch auf zwei Jahre Übergangsgeld von rund 152.000 Euro.
Die Bundesregierung hat die Pensionsregelungen für Bundesminister im Jahr 2008 deutlich verschärft (BGBl I 2018, Gesetz vom 23.10.2008). Die Mindestamtszeit für Pensionsansprüche wurde damals auf vier Jahre heraufgesetzt und der Bezugsbeginn an die für Beamte geltende Regelaltersgrenze von 67 Jahren angeglichen. Diese Reform galt zudem rückwirkend bis 2005. Bundesminister, die weniger als vier Jahre im Amt waren, wie Michael Glos (CSU) und Olaf Scholz (SPD), erhielten daher keine Pensionsansprüche. Die meisten Bundesländer haben ihre Pensionsregelungen bei Mindestamtszeit und Bezugsbeginn jedoch bisher nicht an den Bund angepasst. So bekommen Landesminister vielfach bereits nach nur zwei (in Bremen, Hessen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen) oder drei (in Niedersachsen) Jahren im Amt Pensionsansprüche. Sie können zudem unter Umständen altersunabhängig (in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern) bzw. bereits ab 55 Jahren Pension beziehen (in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt).
Im Interview mit "Report Mainz" kritisieren die Verfassungsrechtler Prof. Hans Herbert von Arnim und Prof. Ulrich Battis die in den meisten Ländern im Vergleich zum Bund großzügigeren Ministerpensionen scharf. Prof. von Arnim erklärte: "In mehreren Ländern bekommen Regierungsmitglieder geradezu Luxuspensionen, sie bekommen sie zu früh und sie bekommen sie nach ganz kurzen Amtszeiten. Das ist unhaltbar, da müssen schleunigst Reformen vorgenommen werden." Es sei sachlich durch nichts zu begründen, warum Landesminister bei der Pensionsregelung besser gestellt sein sollten als Bundesminister, die eine viel größere Verantwortung zu tragen hätten. Prof. von Arnim mahnte gegenüber "Report Mainz" eine rasche Neuregelung an: "Die Länder mit den üppigen Pensionen für Regierungsmitglieder haben sich viel zu lange Zeit gelassen. Sie müssen jetzt endlich die Reform durchführen und die unhaltbaren Auswüchse bei der Altersversorgung beseitigen." Auch Verfassungsrechtler Prof. Battis hält die großzügigen Pensionen in den meisten Ländern vor dem Hintergrund der Diskussion um die Rente mit 67 für nicht vertretbar: "Es gibt hier eine zu hohe Versorgung, die im krassen Widerspruch steht zur Versorgung der Normalbürger, aber auch zur Versorgung von Bundes- und anderen Landesministern. Und das ist ein mehrfacher Widerspruch zur Gleichbehandlung und zur Gerechtigkeit." Im Interview mit "Report Mainz" erklärte Prof. Battis weiter, diese Pensionsregelungen seien ein Anachronismus: "Diese Deluxe-Versorgung ist ein Relikt aus einer anderen Epoche, ein Relikt, das beseitigt werden muss, und zwar schnell."
Auf Anfrage von "Report Mainz" bei den Staatskanzleien aller Bundesländer erklärten nun acht Länder, sie planten eine Neuregelung der Ministerpensionen mit Blick auf den Bezugsbeginn und die Mindestamtszeit. Demnach prüft Berlin zurzeit eine Neufassung des Senatorengesetzes. Festlegungen gebe es aber noch nicht. In Brandenburg liege ein fertiger Gesetzentwurf vor, der die Altersgrenze für Ministerpensionen auf die für Landesbeamte geltende Regelaltersgrenze anheben soll und der sich zurzeit in der Regierungsabstimmung befinde. Bremen plant nach eigenen Angaben ebenfalls, die rentenrechtlichen Regelungen auf die Senatsmitglieder anzupassen. In Hamburg sei eine Anhebung der Altersgrenze für den Bezugsbeginn für Ministerpensionen "in der Diskussion". Mecklenburg-Vorpommern plant nach eigenen Angaben eine Erhöhung der Mindestamtszeit und eine Heraufsetzung der Altersgrenzen für den Bezug von Ruhegehalt. Es sei geplant, "im Laufe des Jahres 2012 einen Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen". Niedersachsen erklärte, eine Gesetzesinitiative zur Neuregelung überlasse die Landesregierung den Landtagsfraktionen, diese hätten einen ersten Diskussionsentwurf jedoch vorerst zurückgestellt. Die Debatte werde aber sicher "in absehbarer Zeit weitergeführt werden". Nordrhein-Westfalen erklärte, im Herbst 2011 sei eine Überprüfung der Regelungen zur Altersversorgung der Regierungsmitglieder eingeleitet und ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden. Sachsen-Anhalt betonte, die Ministerpensionen "auf den Prüfstand" zu stellen, dabei gebe es "keine Tabus". Im Interview mit "Report Mainz" räumte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), ganz offen Handlungsbedarf ein: "Das ist schon viele Jahre so praktiziert, das haben wir so übernommen, aber das heißt nicht, dass es so bleiben muss, und deswegen prüfen wir das."
Strengere Pensionsregeln für Minister, die aber immer noch vom Bund abweichen, gelten beispielsweise in Ländern wie Rheinland-Pfalz (Anspruch nach 5 Amtsjahren mit 65, ab 8 Jahren Amtszeit mit 62 und ab 10 Jahren mit 60), Bayern (Anspruch nach 5 Amtsjahren mit Regelaltersgrenze, mit 62 nach mindestens 10 Jahren Amtszeit) und Baden-Württemberg (Anspruch mit 62 Jahren nach 5 Jahren Amtszeit, nach 6 und 7 Amtsjahren Anspruch mit 60 bzw. 58 Jahren, bei mehr als 8 Amtsjahren Anspruch ab 57 Jahren).
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