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DDR-Reichsbahn führte auch Gefangenentransporte für Stasi durch
Opferverbände: Deutsche Bahn AG muss sich zu Vergangenheit bekennen
"Report Mainz", heute, 10. Juni 2014, um 21.45 Uhr im Ersten

Mainz (ots)

Die Reichsbahn der DDR setzte nicht nur politische Häftlinge in großem Stil zur Zwangsarbeit ein, sie führte für die Stasi und das DDR-Innenministerium auch über Jahrzehnte hinweg regelmäßig Gefangenensammeltransporte durch. Das berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" (heute, 10. Juni 2014, 21.45 Uhr, Das Erste) unter Berufung auf Erkenntnisse der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Die Gefangenenwaggons waren meist an normale Züge der Reichsbahn angekoppelt. Die Gitterstäbe wurden nach außen hin mit Milchglasscheiben verdeckt. Die politischen Gefangenen wurden darin zu den Gefängnissen verbracht und mussten oft tagelang in engsten Zellen ausharren. Die Fahrten konnten sich teilweise bis zu einer Woche hinziehen. Zeitzeugen schildern, sie seien wie Vieh zusammengepfercht worden, berichten von glühender Hitze im Sommer, eisiger Kälte im Winter, kaum Luft zum Atmen und zu wenig zu trinken. Viele Häftlinge empfanden diese Transporte als zusätzliche Folter und Demütigung. Unter den Gefangenen wurden die Transporte "Grotewohl-Express" genannt, die sarkastische Bezeichnung bezieht sich auf den früheren DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl.

"Die Reichsbahn war im Stasi-Foltersystem und im unmenschlichen Gefängnisalltag ein fester Bestandteil. Es wird Zeit, dass sich die Deutsche Bahn AG zu diesem Teil ihrer Vorgeschichte bekennt", erklärte Rainer Wagner, Vorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Wagner war selbst politischer Häftling und erlebte die Gefangenentransporte als menschenunwürdig: "Der Transport gehörte zu den belastendsten Erfahrungen während meiner Haftzeit. Schon die äußeren Umstände kamen einer psychologischen Folter gleich", erklärte Wagner.

Auch der politische Häftling Harry Sebekow, der wegen einer Flugblattaktion gegen den Schießbefehl an der Mauer inhaftiert wurde und im Tagebau in Bitterfeld Zwangsarbeit für die Reichsbahn leisten musste, schildert die Gefangenentransporte gegenüber "Report Mainz" als schreckliche Erlebnisse: "Ich habe Panikzustände durch die Enge bekommen. Also diese acht Personen in diesem engen Abteil, und dann noch eingeschlossen. Quälend war auch die Länge der Fahrt. Dann wurde abgekoppelt, dann wieder irgendwie angekoppelt und dann blieb der Zug stehen irgendwo. Und diese Ungewissheit hat einen innerlich verrückt gemacht. Weil man nicht wusste, wo geht's eigentlich hin? Wo ist das Ziel?"

Die Gefangenenwaggons gingen nach Angaben der UOKG nach der Wende in den Bestand der Deutschen Bahn AG über. Sie sollten auf dem Betriebsgelände in Wittenberge zu Bürowagen umgebaut bzw. verschrottet werden. Einer dieser Waggons sei 1995 unter Mitwirkung des Vorstands von der Deutschen Bahn AG an Opfervereine verkauft worden. Seit 2004 ist er in der Gedenkstätte Hohenschönhausen ausgestellt - als Beleg für die "inhumane Behandlung von Gefangenen".

Die Deutsche Bahn AG teilte auf Anfrage von "Report Mainz" mit, ihr lägen "keine Informationen zu den entsprechenden Sachverhalten" vor. Sie bestätigte jedoch, dass sie einen Gefangenenwaggon an Opfervereine übergeben habe: "2004 konnte er auf Kosten der Deutschen Bahn AG mit einer Lok des DB Museums in die Gedenkstätte Hohenschönhausen überführt werden. Dieser Wagen steht für den Umgang der DDR mit Häftlingen, deswegen wurde damals ganz bewusst das Anliegen der Gedenkstätte unterstützt", teilte die Deutsche Bahn AG mit.

Weitere Informationen unter www.reportmainz.de. Zitate gegen Quellenangabe "Report Mainz" frei. Pressekontakt: "Report Mainz", Tel. 06131/929-33351.

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