"Echtes Leben: Muslimisch, emanzipiert, frei"
Baden-Baden (ots)
Als muslimische Frau in Deutschland selbstbestimmt leben zu können, dafür kämpfen Gökcen Tamer-Uzun, Aysel Özdemir und Sonja Fatma Bläser. Die drei starken Frauen zeigen, dass Islam und Emanzipation kein Widerspruch sind. Sie haben eine klare Haltung und kämpfen gegen Vorurteile in und außerhalb ihrer Community. Was treibt sie an? Die SWR Reportage "Muslimisch, emanzipiert, frei. Frauen im Aufwind" von Susanne Babila beobachtet diese Frauen, die auf unterschiedliche Weise versuchen, als Muslima selbstbestimmt zu leben. Zu sehen in der Reihe "Echtes Leben" am Sonntag, 9. September 2018 um 17:30 Uhr im Ersten.
Wissen über andere Religionen als Schutz gegen Vorurteile Gökcen Tamer-Uzun diskutiert mit angehenden Lehrerinnen über die Bedeutung des Schleiers im Islam und die Stellung der Frau. Die Meinungen gehen weit auseinander. Tamer-Uzun bildet Religionslehrerinnen an der pädagogischen Hochschule aus. Als erste Frau hat sie vor zehn Jahren schon das Lehrfach "islamischer Religionsunterricht" in Baden-Württemberg mitbegründet. Denn der herkömmliche Unterricht an den Moscheen reiche nicht aus. Mit ihren Studierenden besucht sie auch eine Synagoge, weil sie weiß, dass nur das Wissen über andere Religionen vor Vorurteilen schützt.
Durch Gemeinschaft gegen das Schubladen-Denken Viele der Studierenden haben türkische Wurzeln. "Unsere Eltern haben uns religiös erzogen, ohne zu wissen, welche kulturellen Einflüsse dabei eine Rolle spielten." Für Tamer-Uzun sind Emanzipation, Demokratie und Islam kein Widerspruch. "Ganz im Gegenteil", sagt die 39-Jährige, "die Frage ist nur, ob Frauen oder Männer den Koran interpretieren". Als Pädagogin und Mutter zweier Töchter ist ihr wichtig, als gläubige Muslimin selbstbestimmt und frei leben zu können. Das treibt auch Aysel Özdemir an. Die Seelsorgerin kümmert sich im Stuttgarter Klinikum um krebskranke Frauen und Palliativpatienten. Damit betritt die 43-Jährige neues Terrain, denn bislang war unter Muslimen die seelsorgerische Tätigkeit Männern, vor allem Imamen überlassen. Die gläubige Muslimin trägt Kopftuch und wehrt sich gegen den Vorwurf, unterdrückt zu sein. Ganz im Gegenteil: Sie kämpft dafür, dass Frauen in ihrer eigenen Community und in der Mehrheitsgesellschaft gleichberechtigt sind.
Es gibt auch falsche Toleranz
Der Kampf für Demokratie und Selbstbestimmung verbindet Gökcen Tamer-Uzun, Aysel Özdemir und Sonja Fatma Bläser. Die couragierte Deutsch-Kurdin Bläser gründete vor Jahren den Verein "Hennamond". Die Beratungsstelle in Köln-Nippes ist Anlaufstelle für Frauen und Männer, die Rat und Schutz suchen. Viele von ihnen sind Musliminnen, die häusliche Gewalt erfahren oder von Zwangsheirat bedroht sind. "Häufig werde das fälschlicherweise mit dem Koran gerechtfertigt", sagt die 54-Jährige. Mit dieser Haltung eckt sie bei konservativen Eltern und Verbänden an und erhält nicht selten Drohungen per Post und Mail. Sie betreut auch das Projekt "Helden des Alltags" und spricht mit jungen Gefängnisinsassen der JVA Wuppertal-Ronsdorf über Themen wie Sexualität, Religionsverständnis und Homophobie. Bläser stammt selbst aus einer konservativen muslimischen Familie und sollte als junges Mädchen gezwungen werden, einen Mann aus der Türkei zu heiraten. "Wir haben versäumt, offen über Probleme zu sprechen, die mit dem Islam gerechtfertigt werden", sagt Bläser, "und müssen lernen, zwischen falsch verstandener Toleranz und der Akzeptanz von Vielfalt zu unterscheiden."
Akkreditierte Journalisten können den Film vorab sehen (ab 6. September 2018) im Pressedienst Das Erste unter presse.daserste.de und im SWR Presseportal unter presseportal.swr.de Informationen, kostenloses Bildmaterial und weiterführende Links unter: http://x.swr.de/s/swrreportagemuslimischmuslimafrauenselbstbestimmtdaserste
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