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Pressedienst: Weihnachtszeit, Nussplätzchenzeit – darauf sollten Allergiker:innen achten

Pressedienst: Weihnachtszeit, Nussplätzchenzeit – darauf sollten Allergiker:innen achten
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Weihnachtszeit, Nussplätzchenzeit – darauf sollten Allergiker:innen achten

Allergie-Expert:innen des Deutschen Allergie- und Asthma­bunds (DAAB) und der Charité erklären, worauf es im Umgang mit Nah­rungsmittel- bzw. Nussallergien besonders in der Weihnachtszeit ankommt und was für anaphylaxiegefährdete Menschen wichtig zu beachten ist

Bad Homburg v. d. Höhe, 14.12.2023 — Eine Nussallergie ist keine Bagatelle, denn der (un­be­ab­sichtigte) Verzehr von Nüssen kann bei den Betroffenen zu einer schweren allergischen Reak­tion bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock führen. Anaphylaktische Reaktionen treten immer öfter auf[i] – so haben nahrungsmittelbedingte Anaphylaxien um 9,8 Prozent zugenom­men, wobei Nüsse zu den häufigen Auslösern gehören.[ii],[iii] Betroffene sollten in der Zeit rund um Weih­nach­ten besonders aufpassen. Denn viele der saisonalen Spezialitäten enthalten Nüsse als Zutat – insbesondere Haselnüsse, ohne dass dies immer direkt ersicht­lich ist (siehe primäre Abbildung/Abbildung 1). Zwar besteht eine Kenn­zeichnungspflicht für die wichtigsten Allergieauslöser in der Zutatenliste auf verpackten Lebens­mitteln, doch können Nüsse, Nussbestandteile oder Erzeugnisse daraus, bei der Her­stellung und/oder beim Transport unbeab­sichtigt in die Lebensmittel gelangen. So können die fertigen Pro­dukte so genannte „Spuren“ von Aller­gie­aus­lö­sern ent­halten, bei denen es sich auch um ein Nuss­stück oder eine halbe oder ganze Nuss handeln kann. Hinweise auf unbeab­sichtigte Nuss­einträge, die „Spuren-Kennzeichnung“ gehört nicht zur verpflichtenden Allergen-Kennzeich­nung.[iv] Zwar geben die meisten Hersteller freiwillig an, ob Nuss-„Spuren“ enthalten sein können – darauf verlassen können sich Nahrungsmittelallergiker jedoch nicht. Und auch in Lebensmitteln, in denen man sie erst gar nicht vermutet, können Nüsse enthalten sein. „Informationen zum rich­ti­gen Lesen von Le­bens­­mittel­verpackun­gen, Hin­wei­se zum Um­gang mit der „Spuren“-Kenn­zeich­nung erhalten Pa­tien­t:innen mit Nussaller­gien beim Deutschen Allergie- und Asthma­bund“, erläu­tert Sabine Schnadt, Oeco­trophologin, Deutscher Allergie- und Asthma­bund (DAAB).

Vorsicht Kreuzallergie

Wer von einer Pollenallergie („Heuschnupfen“) betroffen ist, sollte ggf. mit Vorsicht bei Weih­nachtsgebäck zugreifen: Auch sogenannte Kreuzallergien auf Früh­blüher wie Birke oder Hasel können in Einzelfällen schwere allergische Reaktio­nen auf Nahrungsmittel auslö­sen. „Für Pollen­aller­giker ist das Risiko höher, auf einen bestimmten Proteinbestandteil in der Nuss zu reagieren, der den allergieauslösenden Proteinbestandteilen aus den Pollen sehr ähnelt. Das Immunsystem eines Menschen, der eine Pollenallergie gegen beispiels­weise Hasel- oder Birkenpollen hat, un­ter­schei­det dann nicht zwischen dem Allergen aus den Pollen und dem Allergen, das über eine Haselnuss mit der Nahrung aufgenommen wird“, erklärt Schnadt. Da pollenassoziierte Nahrungs­mittelallergene jedoch eher labil sind, d. h. bei Erhitzen oder Verdauung zerstört werden, treten bei dieser Art der Nussallergie eher lokale Symptome wie z. B. Schwellungen und „Kratzen“ auf, die auf den Mund-Rachenraum beschränkt sind, was als orales Allergiesyndrom bezeichnet wird. Wichtig ist zu beobachten, ob jemand mit einer leich­ten Reaktion Anzei­chen einer schweren Reak­tion ent­wickelt. Sollten sich nach dem Verzehr eines Lebens­mittels Beschwerden zeigen, werden Medika­mente zur Soforthilfe (orale Anti­hista­mi­­nika, Kortison und für den Fall einer schweren Reaktion Adrenalin) in Abhängigkeit von der auftretenden Symptomatik gege­ben.[v]

Anaphylaxie ist immer ein Notfall – schnelles Handeln ist gefragt

Bei der klassischen primären Nahrungsmittelallergie, die vor allem Kinder und Jugendliche be­trifft, können schwere allergische Reaktionen auftreten. „So genannte Speicherproteine, das sind Proteinbestandteile in Nüssen, die im Gegensatz zu den nicht pollen-assoziierten Proteinen stabil, d. h. beständig gegenüber Erhitzen oder Verdauung sind, können allergische Reaktio­nen hervorrufen, die über den Mund-Rachenraum hinaus­ge­hen und schwere systemische, d. h. den ganzen Körper betreffende allergische Reak­tio­nen hervorru­fen“, so Schnadt. Eine solche anaphy­lak­tische Reaktion äußert sich zu Beginn oft durch ein Unruhe- oder Angstge­fühl, metalli­schen Geschmack im Mund, Kribbeln auf der Zunge, Juckreiz in den Handflächen oder an den Fuß­sohlen, Quaddeln, Schwellungen an Augen­lidern und/oder Lippen sowie anfall­artiges Erröten des Gesichts und Hitzewallung. Auch kann es zu Übelkeit, Brechreiz, Bauchkrämpfen und Durch­fall kommen.[v]

Dabei wird die Anaphylaxie in vier Schweregrade eingeteilt und kann inner­halb von Mi­nuten zum Kreislaufstill­stand (Grad 4) führen.[vi] Sind zwei Organsysteme gleich­zeitig betroffen – wie z. B. Juckreiz, Quaddeln oder Rötung an der Haut und Erbre­chen/Magen-Darm­beschwerden – ist dies ein sicheres Anaphylaxie-Zeichen. Dann sollten unverzüglich die Medikamente zur Sofort­hilfe (Notfallset, falls vorhanden) eingesetzt und danach die Notärztin oder der Notarzt gerufen werden. „Zu den Soforthilfe-Medikamenten gehören in erster Linie ein Adrenalin-Auto­injektor (AAI), ein Antihistaminikum und ein Kortison-Präparat und – insbesondere bei Patient:innen, die bereits mit Atemwegsbeschwerden reagiert haben – ein Präparat, das ergän­zend zum Adrenalin die Atmung zusätzlich erleichtert“, so Schnadt.

„Das Notfallset muss anaphylaxiegefähr­deten Patient:innen von der Ärztin bzw. dem Arzt verordnet werden. Dabei ist der AAI, mit dem sich die Betroffenen selbst oder durch je­mand anderes Adrenalin in den Ober­schen­kel verabrei­chen können, das wichtigste Medika­ment für den anaphylaktischen Notfall“, erklärt Prof. Dr. Margitta Worm, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immuno­logie und Leiterin der Allergologie und Immunologie, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité Universitätsme­dizin Berlin. Der AAI sollte dann sofort ein­gesetzt und der oder die Betroffe­ne sicher gela­gert werden: bei Atemnot sitzend, bei Kreis­lauf­beschwerden liegend, bei Bewusst­losigkeit in stabiler Seitenlage.[vii] Der Anaphylaxie-Notfallplan steht auf der Website des Deutschen Allergie- und Asthma­bunds kostenfrei zum Download bereit.[vii]

Sicherer Umgang mit dem Adrenalin-Autoinjektor ist lebenswichtig

„Um im Notfall einer Anaphylaxie richtig und sicher handeln zu können, ist es wichtig, dass die Patient:innen den AAI immer bei sich tragen und mit dem Umgang des Gerätes vertraut sind, um die lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktion so schnell wie möglich zu stoppen“, so Worm (siehe Abbildung 2). Dazu sollten die Betroffenen auf ihr jeweiliges verordnetes AAI-Modell ge­schult werden. Denn es gibt verschiedene AAI-Modelle, die sich in Beschaffen­heit und Anwen­dung zwar ähneln, jedoch nicht identisch sind. Daher sollten die Patient:innen darauf achten, dass sie in der Apotheke immer genau das Modell erhalten, das ihnen verordnet wurde und auf das sie trainiert sind. Darüber hinaus emp­fehlen die aktuellen medizinischen Leitlinien zur Anaphylaxie, dass be­stimmte Patient:innen zur Sicherheit zwei AAI erhalten sollten – z. B. bei hohem Körpergewicht (wenn eine Adrenalin-Injektion womöglich nicht ausreicht) oder bei besonders hohem Anaphy­laxie-Risiko.[viii] Zudem ist es sinnvoll, für anaphylaxiegefährdete Kinder auch einen AAI in der Kita oder Schule griffbereit zu hinterlegen, um im Falle einer Anaphylaxie sofort han­deln zu können. Wichtig ist auch, dass Betreuungspersonen die Handha­bung beherrschen. Die Arbeitsgemein­schaft Ana­phy­laxie Training und Edu­kation e. V. (AGATE) bietet zertifizierte Schulungen und der Deutsche Allergie- und Asthmabund Online-Seminare für den richtigen Umgang mit dem jeweiligen AAI.[ix], [x]

Hintergrundwissen: Nuss ist nicht gleich Nuss(allergie)

„Insgesamt werden unter „Nussallergie“ allergische Reaktionen auf acht verschiedene Auslöser zusammengefasst: Hasel­nuss-, Mandel-, Walnuss-, Pekannuss-, Cashewkern-, Pistazien-, Paranuss- und Macadamianuss-Allergie. Jede Nusssorte kann schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Bei Kindern gibt es allerdings häu­figer schwere allergische Reaktionen auf Haselnuss, Cashew oder Walnuss. Man­deln hinge­gen sind insbesondere bei Kindern zwar häufig positiv bei Blutuntersuchungen, aber sehr selten klinisch relevant. Das heißt, dass der Verzehr von Mandeln – trotz positivem Test – meist nicht zu Beschwerden führt. Mandeln können jedoch, wie auch alle anderen Nüsse, bei Pollenallergikern im Mund-Rachenraum Symptome wie Kribbeln, Kratzen oder auch Schwellun­gen hervorrufen“, erklärt Schnadt.

Die Erdnuss ist trotz ihres Namens keine echte Nuss, sondern gehört zu den Hülsen­früchten (wie Linsen oder Bohnen). Erdnüsse beinhalten hochpotente Aller­gene und sind bei Kindern und Jugendlichen der häufigste Anaphylaxie-Auslöser, wie eine aktu­elle wissenschaftliche Auswertung zeigt (siehe Abbildung 3)[iii]. „Unsere Daten aus dem Anaphylaxie-Register zeigen, dass Nüsse insgesamt bei unter 18-Jährigen zu den häufigen Anaphylaxie-Auslösern gehören. So wurden bei Kindern 65 Prozent der Nahrungsmittel-bedingten Anaphylaxie-Fälle durch fünf Allergene ausgelöst, darunter Erdnüsse, Cashewkerne und Haselnüsse – neben Kuh­milch und Hühnerei. Zwar ist die Bandbrei­te der häufigen Nahrungsmittelauslöser bei Erwach­senen größer, doch auch hier sind u. a. Hasel- und Erdnüsse, andere Baumnüsse bzw. Walnüsse unter den Auslösern, die für 65 Prozent der Anaphylaxie-Fälle verantwortlich sind“, betont Worm.

„Nussallergien können auf einzelne Nuss­sorten bestehen oder auch mehrere verschiedene Sorten. Dies muss im Rahmen der Allergie­diagnostik abgeklärt werden. Gemieden wird immer nur, was auch Beschwerden verursacht. Es gibt unter den Nüssen allerdings zwei „Paare“, die aufgrund sehr ähnlicher Allergene eine hohe Kreuzreak­tivität aufweisen: Cashew und Pistazie sowie Walnuss und Pekannuss. Wer also auf Cashew reagiert, hat ein Risiko auch Pistazie nicht zu vertragen. Daher wird hier in den meisten Fällen empfohlen auf bei­de Nüsse zu verzich­ten. Gleiches gilt für Wal- und Pekannüsse“, so Schnadt. Eine individuelle telefonische Beratung, Webinare und Informations­materialien zu Nuss- und allen anderen Nah­rungs­mittelallergien sowie zur Anaphylaxie inkl. Notfallmanage­ment und Anaphylaxie-Pass bietet der DAAB.

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Infobox: Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB)

Der DAAB bietet Infor­matio­nen und Beratung zu allen Bereichen des Themas Nahrungsmittel- bzw. Nussallergie: Nüsse (daab.de)

  • Diagnose
  • Vermeidung von Nüssen
  • Beratung zu Nussallergien
  • Ansprechpartner:innen (Ernährungsfachkräfte) vor

Ort im Netzwerk

  • Notfallmanagement
  • Webinare, schriftliches Informationsmaterial und telefonische individuelle Beratung auch zum Thema Anaphylaxie und Notfall­manage­ment

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[i] Panesar SS et al. Allergy. 2013;68:1353-1361.

[ii] Lee S et al. Journal of Allergy and Clinical Immunology. 2017;139:182-188.

[iii] Dölle-Bierke S et al. Journal of Allergy and Clinical Immunology: In Practice.2023;11:2069-79.

[iv] Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) (EU) Nr. 1169/2011 des europäischen Parlaments und Rates https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Ernaehrung-Lebensmittel/EU-Qualitaetskennzeichen/GTSpezialitaeten/VO_1169-2011.html (Zugriff Dezember 2023).

[v] Klimek L, Blümchen K, Ring J. Allergologie 2023;46(4):269-277.

[vi] Pumphrey RS. Clinical & Experimental Allergy .2000;30:1144-50.

[vii] Anaphylaxie-Notfallplan des Deutschen Allergie- und Asthmabunds (DAAB) https://www.daab.de/fileadmin/images/Anaphylaxie/Im_Alltag/Anaphylaxie-Notfallplan-2018.pdf (Zugriff Dezember 2023).

[viii] Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie – Update 2021. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), des Ärzteverbands Deutscher Allergologen (AeDA), der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA), der Deutschen Akademie für Allergologie und Umweltmedizin (DAAU), des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI), der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie (DGP), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), der Patientenorganisation Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB) und der Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie – Training und Edukation (AGATE) Allergo J Int 2021;30:1–25. Konsensbasierte Leitlinie ("k").

[ix] Zertifizierte Schulungen für den richtigen Umgang mit jeweiligen AAI bietet die Arbeitsgemein­schaft Ana­phy­laxie Training und Edu­kation (AGATE) unter: www.anaphylaxieschulung.de (Zugriff Dezember 2023).

[x] Online-Seminare für den richtigen Umgang mit jeweiligen AAI bietet der Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) unter: https://www.daab.de/termine/online-seminare/anaphylaxie-online-seminare (Zugriff Dezember 2023).

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