ZDF-Pressemitteilung
Rechtsextremisten mit neuen Aktivitäten im Internet
"Kennzeichen D" berichtet: am Mittwoch, 26. April 2000, 22.15 Uhr im ZDF
Mainz (ots)
Nach Recherchen des ZDF-Magazins "Kennzeichen D" haben die rechtsextremistischen Aktivitäten im Internet einen neuen Höhepunkt erreicht. Seit einiger Zeit stellen Neonazis Anti-Antifa-Listen mit Namen und Privatadressen von Personen ins Netz, die sie als politische Gegner betrachten. So nennt eine "Schwarze Liste" Namen von Journalisten und Ausländern, die mit Zuordnungen wie "Grund für Ärger: Kanake", "Zecke" bzw. "kooperiert mit Kanaken" kommentiert werden. Noch aggressiver agiert die so genannte "Kameradschaft Gera": Sie verbreitet im Netz einen Steckbrief mit Fotos von einem DGB-Jugendbildungsreferenten, der sich gegen Rechtsradikalismus engagiert.
Der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes Reinhard Wagner sieht in diesem Vorgehen eine neue Qualität im Umgang mit dem politischen Gegner im Internet. Es diene in erster Linie der Einschüchterung; es bestehe aber auch die Gefahr, dass Einzeltäter die Informationen benutzten, um Straftaten zu begehen, sagte Wagner dem ZDF. Der niedersächsische Verfassungsschutz-Sprecher Rüdiger Hesse registriert eine zunehmende Hasspropaganda gegen jüdische Mitbürger: "Das ist eine neue Entwicklung, die wir feststellen", sagte Hesse.
Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, warnte gegenüber "Kennzeichen D" vor der zunehmenden Aggressivität von Neonazis im Internet und fragte, "warum wir mit Zeitlupe den Dingen hinterher laufen, von denen wir wissen, dass sie mittlerweile mit Highspeed online unterwegs sind. Ich habe kein Verständnis dafür, dass Politik, Justiz und Polizei so nachlässig und zeitlupenmäßig reagieren."
Auch die neuen Musikangebote rufen zum Terror auf. Eine im Internet angebotene CD mit dem Titel "Die Härte" verbreitet offene Terroraufrufe zu Melodien der "Neuen Deutschen Welle". Zitat: "Zeige offen, was Dir nicht passt, du doch auch Kanaken hasst, gehör nicht zu den Ignoranten, es werden nicht weniger Asylanten. Immer ein bisschen Feindlichkeit, sei täglich für den Terror bereit."
Friedman wies im ZDF darauf hin, dass im Internet "durch dieses Austoben von rassistischen Vorurteilen schlimmer noch als im 'Stürmer' alle Minderheiten über einen Kamm geschoren werden, Gewalt angedroht wird, auch Gebrauchsanweisungen formuliert werden, wie man Menschen bedrohen kann. Rechtsextremismus im Internet ist eine der schwierigsten, problematischsten Fragen, und die Politik scheint erst einmal einen Offenbarungseid zu leisten."
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