Dienstag, 16. Juni 2009, 22.15 Uhr, 37°, Traumjob Kassiererin
Mainz (ots)
Dienstag, 16. Juni 2009, 22.15 Uhr
37° Traumjob Kassiererin Vom Lächeln am laufenden Band Sibylle Trost
"Freundlich sein, immer lächeln, das gehört einfach zu meinem Beruf", strahlt die blonde Nadine mit der schicken Designer-Brille und schiebt in rasender Geschwindigkeit die Waren über den Scanner. Nur keine Zeit verlieren, denn Schnellsein gehört zur Kernkompetenz einer Kassiererin. Doch wenn mal ein alter Mann kommt und mehr Zeit braucht, um das Kleingeld zu finden, dann hat die junge Frau auch dafür Geduld. Über 150 Mal pro Schicht sagt sie "Vielen Dank!" und "Noch einen schönen Tag!", während Tausende von Artikeln durch ihre Hände rauschen. Absolute Konzentration und Aufmerksamkeit gehört dazu, sonst fehlt am Feierabend Geld in der Kasse, und das gibt Ärger. Nadine ist froh, einen Vollzeitjob zu haben und häufig nachts arbeiten zu können, wegen der Zuschläge. Dann tauchen in dem großen Supermarkt am Berliner Bahnhof Zoo häufig jugendliche Alkohol-Käufer auf. Das bedeutet oft Ärger, wenn die forsche junge Frau energisch den Personalausweis verlangt. Nadines Mutter hat sich für ihre Tochter allerdings einen anderen Berufsweg vorgestellt. Doch für die 25-Jährige ist der Job an der Kasse ein Einstieg in die Berufswelt, vielleicht wird sie ja irgendwann sogar einmal selbst Filialleiterin.
Sabrina, Mitte 30, drei Kinder, von Beruf Industriekauffrau. Nach zehn Jahren Babypause hat sie wieder Bewerbungen geschrieben, diesmal an Supermärkte. Sie wurde sofort eingestellt und arbeitet jetzt Teilzeit wie fast alle Kassiererinnen im Einzelhandel. 20 bis 25 Stunden pro Woche. Ein Arbeitsplatz, der für die Mutter gut zwischen Haushalt und Kinder passt. Ohne ihren Mann könnte sie es finanziell nicht schaffen. Sabrinas Verdienst reicht fürs Haushaltsgeld, sie ist krankenversichert und bei der Rentenkasse gemeldet. Die Einzelhandelsbranche arbeitet gern mit Teilzeitkräften, denn sie sind flexibel einsetzbar. Wenn eine Mitarbeiterin ausfällt, findet sich schnell Ersatz.
Kaum sitzt Sabrina an der Kasse, muss sie neben den Warenposten auch die Kunden gut im Auge behalten. Lächeln, beschwichtigen, die aufmunternde Ulknudel sein. Bis zu 150 Kunden und mindestens 30 Artikel in der Minute - das ist das tägliche Pensum einer Kassiererin. Hinzu kommen noch die gestressten Kunden, die zum Feierabend noch rasch ein paar Lebensmittel aufs Band werfen, der Tag lief schlecht, gleichzeitig noch ein Krisengespräch am Handy - so begegnet vielfach der Kunde dem Blick der "Servicemitarbeiterin Kasse".
Um die gestressten "Feierabend-Kunden" aufzulockern, hat jede Kassiererin ihre eigene Strategie entwickelt. Oft hilft schon ein strahlendes "Guten Abend!" oder gerade den Schlechtgelaunten mit besonderer Freundlichkeit zu begegnen. Die Damen hinter der Kasse haben sich eine Art "interne Menschenkenntnis" zugelegt, um mit allem, was kommt, fertig zu werden. Abwertende Bemerkungen müssen sie an sich abprallen lassen: "Sonst würden wir manchmal einfach nur noch heulen", bekennt Nadine.
Von den 2,7 Millionen Beschäftigten im deutschen Einzelhandel arbeiten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mindestens 193000 an der Kasse im Foodbereich. Davon sind 90 bis 95 Prozent Frauen. Ein Arbeitsplatz in dem umkämpften Markt der Lebensmittel und Dumpingpreise, der hohe Anforderungen an die Frauen stellt: Verantwortungsbewusstsein, Toleranz, Freundlichkeit, Flexibilität und absolute Konzentration, damit kein Fehler passiert; schließlich geht es ums Geld - das des Kunden und das des Unternehmens. In Zeiten von Geschäftsschließungen sind die Damen an der Kasse froh, einen Job zu haben. Denn wo Nadine lebt, so sagt sie, "wird nicht gefragt, was arbeitest du, sondern arbeitest du überhaupt?" Auch Ines ist froh um ihren Job an der Kasse. Sie weiß aus eigener Erfahrung, dass "die Arbeit in der Gastronomie noch härter ist". Gelassen erträgt sie die geringe Achtung, die ihrem Berufsstand entgegengebracht wird. "Die Kunden denken, wir sitzen nur rum." Dabei beginnt Ines' Arbeitstag erstmal mit Kistenschleppen. "Abschachteln" heißt das Auspacken der Waren vor dem sorgfältigen Einsortieren. "Eine körperlich schwere Arbeit für eine Frau", sagt Ines und gibt lachend zu bedenken, dass sie sich das Fitness-Studio sparen kann. Und ihr Arbeitstag ist erst dann beendet, wenn sie nach dem letzten Kunden den Laden mit der großen Kehrmaschine gereinigt hat. Ein Job, der ihren ganzen Einsatz verlangt.
Die "37°"-Sendung "Traumjob Kassiererin" gibt einen Einblick in den vielfältigen und anstrengenden "Arbeitsplatz Kasse". Vier Frauen in unterschiedlichen Märkten zeigen, wie sie mit den Anforderungen und dem Negativ-Image ihres Berufes fertig werden und dabei versuchen, auch finanziell über die Runden zu kommen. Denn bei Teilzeitkräften geht es oft nicht ohne Zweitjob. Ein Film über die fleißigen Frauen an der Kasse, der zeigt, wie sie trotz Arbeitsdruck ihre Würde und ihren Humor bewahren und mit ihrer feinen Beobachtungsgabe den Kunden einen Spiegel vorhalten.
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