Pressemitteilung
Erstes Interview mit Russlands Präsident Wladimir Putin im deutschen Fernsehen für ZDF (Dirk Sager) und ARD (Thomas Roth) am 9. Juni 2000 in Moskau
Auszüge aus dem Interview
Mainz (ots)
Putin über den Besuch in Berlin:
Ich möchte sehr, dass dieser Arbeitsbesuch die Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen fördert. Der Besuch zielt auf die Entwicklung der Kooperation sowohl zwischen den Staaten als auch zwischen den einzelnen Bürgern.
Putin über Kohl:
Russland bringt bis heute Helmut Kohl große Achtung entgegen. Wir glauben, dass er für die Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen sehr viel getan hat. Sowohl Russlands erster Präsident, Boris Jelzin, als auch der ehemalige Bundeskanzler haben tatsächlich einen großen Beitrag zur Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Staaten geleistet.
Putin über das Präsidentenamt:
Die Hauptaufgabe in der Position, in der ich mich heute befinde, besteht darin, nicht hinderlich zu wirken. Das Wichtigste ist, keinen Schaden anzurichten. Menschen, die im Bereich der Bildung, der Kultur oder der Wirtschaft zusammenarbeiten, können das besser als Präsidenten, Kanzler oder Könige. Sie spüren die Notwendigkeiten dieser Kooperation feiner und genauer.
Putins Reformkurs für die Wirtschaft:
Wir müssen in Russland noch viel tun, damit sich unsere Partner im Ausland, darunter Deutschland, in der russischen Wirtschaft zuversichtlich fühlen und geschützt wissen. In der Duma liegt jetzt ein Paket von Gesetzen, die die Interessen des Eigentümers 100-prozentig sichern und die Einmischung des Staates in die Lösung wirtschaftlicher Probleme minimieren sollen. Wir werden bemüht sein, die Wirtschaft zu deregulieren und auf unbegründete Eingriffe des Staates in die Wirtschaft zu verzichten. Wir werden die Situation im Bereich der Finanzen und des Bankwesens verbessern und selbstverständlich auch im Besteuerungssystem. Ab nächstem Jahr wird zum Beispiel die Steuerlast gesenkt. All das wird unsere Beziehungen auf einen hohen Stand bringen. Das wird uns ermöglichen, den Stand von früher nicht nur zu erreichen, sondern auch zu überbieten. Es ist an der Zeit zu handeln, von Worten zu Taten überzugehen.
Putin über Anreize für ausländische Investoren:
Ich weiß, dass es sich bei der ersten Welle ausländischer Investitionen um die Rückkehr des als ausländische Investitionen getarnten nationalen Kapitals handelt. Sobald die Geschäftswelt fühlt, dass die Wirtschaft liberaler wird, dass der Staat die Einhaltung allgemeiner Spielregeln garantiert, kehren die Geschäftsleute ins Land zurück. Bei der zweiten Welle handelt es sich dann tatsächlich um ausländische Investoren, die sich recht vorsichtig verhalten. Sie brauchen einen größeren Schutz durch die örtlichen Behörden.
Putins Bekenntnis zum Rechtsstaat:
Keine Tat der Regierung oder des Präsidenten zielt darauf ab, demokratische Institutionen abzubauen. Im Gegenteil. Alles, was wir sagen und tun, dient der Festigung der Gesetzlichkeit im Rahmen der geltenden Verfassung. Wenn ich von der "Obrigkeit des Gesetzes" und von der "Diktatur des Gesetzes" spreche, meine ich nur eines: Dieses Gesetz muss von allen und überall auf dem ganzen Territorium der Russischen Föderation einheitlich aufgefasst werden. Wir müssen einen einheitlichen Rechtsraum im Lande schaffen. Alle Bürger in Russland müssen die gleichen Rechte genießen und gleichermaßen geschützt werden. Das betrifft sowohl unsere Bürger als auch Ausländer, die in Russland leben und arbeiten.
Das ZDF zeigt das Interview in einem "ZDF spezial" am Freitag, 9. Juni 2000, 22.15 Uhr, die ARD in "Bericht aus Berlin" um 22.15 Uhr.
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