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Donnerstag, 17. August 2000, 21.15 Uhr
auslandsjournal
Australien - zweite Heimat für Kriegsverbrecher
Mainz (ots)
Sydney, ein Monat vor Beginn der Olympischen Spiele. So ungetrübt Australien sich gerne präsentieren möchte, frei von Skandalen ist es nicht. Was kaum jemand außerhalb Australiens weiß: Das Land ist Heimat geworden für Kriegsverbrecher und Nazi-Schergen, die ungestraft blieben.
Ihre Namen sind nur wenigen bekannt, ihre Gesichter auch. Seit Jahrzehnten halten sie sich in Australien auf, sind australische Staatsbürger geworden: alte Männer, die im Verdacht stehen, einst Massenmorde im Auftrag der Nazis oder als willige Kollaborateure begangen zu haben. Da ist der gebürtige Lette Karlis Ozols, verdächtigt, an der Ermordung von 30 000 Juden teilgenommen zu haben. Heute wohnt er in Melbourne. Oder der deutschstämmige Heinrich Wagner, im Verdacht, bis zu 19 Kinder eigenhändig erschossen zu haben. Vor Jahren bekam er einen Herzinfarkt, das Verfahren wurde eingestellt.
"Allein aus Krankheitsgründen wurde dieser Fall eingestellt, nicht, weil der Staatsanwalt dachte, hier lägen nicht genügende Beweise vor", so Robert Greenwood, der ehemalige Leiter einer Spezialeinheit zur Untersuchung von Kriegsverbrechern in Australien. Greenwood empfindet es nicht nur in diesem Fall als Schande, dass sein Land nach seinen Worten so gut wie nichts im Kampf gegen die mutmaßlichen Kriegsverbrecher erreicht hat. Die Justizministerin Amanda Vanstone hingegen verteidigt die Bemühungen Australiens gegenüber dem ZDF-auslandsjournal als "fabelhafte Arbeit". Verfahren und Verurteilungen wären an der Komplexität der Fälle und Krankheiten der Beschuldigten gescheitert.
Eine Entschuldigung, die viele Kritiker nicht gelten lassen wollen. Konrad Kwiet, Professor für Holocaust-Studien an der Macquarie Universität Sydney, spricht der australischen Regierung den Willen zur Verfolgung der Kriegsverbrecher ab. "Nach dem Zweiten Weltkrieg sind um die 4000 Kriegsverbrecher nach Australien ausgewandert, 850 von ihnen haben wir vor einem knappen Jahrzehnt ermittelt", erzählt Kwiet, der damals Mitglied der Kriegsverbrecherkommission war. Kein Einziger sei verurteilt worden. Deshalb würden auch heute noch Hunderte von Kriegsverbrechern in Australien völlig unbestraft leben.
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