ZDF-Programmhinweis
Dienstag, 20. Februar 2001, 22.15 Uhr
37°
Mainz (ots)
Jedem Tier bin ich dankbar
Zwischen Rinder- und Menschenwahn im Landkreis L.
Film von Peter Schmidt
Er kennt sie alle, die Bauern und ihre Tiere im Landkreis L., die Metzger, die Futtermittelhersteller. Ulrich Rupp ist Chefveterinär. Kühe, Schafe, Enten, Gänse - für alle ist er zuständig. Impfungen und Stichkontrollen sind sein tägliches Brot. "Aber die Bauern rufen mich auch, wenn ein Tier so krank ist, dass auch ein Tierarzt nicht mehr helfen kann. Wenn ich komme, ist die Existenzangst der Bauern groß, gerade jetzt, im Zeitalter von BSE."
"Die Technokratie besiegte den bäuerlichen Verstand, die Agrarökologie," meint der Ökobauer Walter Heim aus G. In seiner Umgebung ist er als "Bauernschrat" verkannt, den aber alle gerne rufen, wenn sie nicht weiter wissen im Stall. Von den Großeltern lernte er die Landwirtschaft. "Von der Pike auf, und ich arbeite immer noch so. Mit meiner Frau habe ich vier Kinder großgezogen und auch heuer, wo meine Frau schon sieben Jahre tot ist, stehe ich im Stall. Kühe sind unsere Partner, die unser Mitgefühl verdienen. Wir haben sie zur milchproduzierenden Maschine degradiert." Ulrich Rupp fährt täglich durch den Landkreis, spricht mit den Bauern und kennt ihre Sorgen. "Die EU-Agrarpolitik, Subventionsmaßnahmen haben das Bild von ursprünglicher Landwirtschaft entfremdet. Um dem Anspruch der Verbraucher gerecht zu werden, sah die Agrarwissenschaft nur die Industrialisierung, die Tiere wurden nicht gefragt."
"Wir haben auch leider kein Verhältnis mehr zu unseren Tieren," erläutert die 47-jährige Bäuerin Gabriele Kulmus aus Sch. "Mir tut das leid, aber was sollen wir denn machen? Für Milch gibt's so viel Geld wie vor 25 Jahren. Die Kosten sind gestiegen. Aber die Arbeit macht Spaß, wir bleiben auch Bauern, aber es muss ein Umdenken, eine Veränderung her." Mit ihrem Mann sorgt sie für 78 Kühe, Kälber, Bullen.
"Das ist kein Rinderwahn, das ist Menschenwahn. Das kann nicht erfolgreich sein," ergänzt Bauer Walter Heim. "Wer mehr als 20 Tiere im Stall hält, wird den Tieren nicht gerecht. Die Atmosphäre der Liebe, des Mitgefühls geht dann verloren. Meine Tiere geben maximal 5000 Liter im Jahr, und ihr Futter, das habe ich alles selbst angebaut. Wenn die Tiere in Einschüchterung, in engen Großställen leben, dann hat das auch eine negative Auswirkung auf die Evolution. Vor diesem Scherbenhaufen stehen wir heute."
Siegfried Stohr hofft auch auf eine Rückbesinnung. 60 Prozent Umsatzeinbußen hatte der 35-jährige Metzgermeister in den letzten drei Monaten. "Dabei wissen meine Kunden, wie ernst ich meine Arbeit nehme. Ich sehe mir jedes Tier lebend an, kaufe es direkt beim Bauern, per Handschlag. Erst dann wird geschlachtet, getestet, erst Tage später beginnt die Weiterverarbeitung. Jedem Tier bin ich dankbar, dass ich es schlachten darf. Was würden wir tun ohne die Tiere, wie sollen wir überleben?" Dr. Rupp steht vor dem Problem, in den letzten Jahren auf wissenschaftliche Berater gehört zu haben "und jetzt war alles falsch?" "Die Wissenschaft ersetzt nicht den gesunden Menschenverstand und kennt keine Ethik," kontert Bauer Heim, "BSE ist unsere Chance für einen Neuanfang."
Der 37°-Film berichtet vor dem Hintergrund der BSE-Seuche von zwei betroffenen Bauern, einem Tierarzt und einem Metzger.
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