ZDF-Programmhinweis
Mittwoch, 24. Januar 2001, 22.15 Uhr
Schmutzige Scheine
Über kriminelle Geldgeschäfte berichtet Jens Monath
Mainz (ots)
Zollkontrolle eines Mobilen Einsatzkommandos in der Nähe der Luxemburger Grenze. Auf der Suche nach Geldwäschern. Geld also, das aus kriminellen Geschäften stammt. Nur scheinbar willkürlich werden Autos herausgewunken, Personen kontrolliert. "Nach vielen Jahren im Einsatz entwickelt man ein Gespür für eventuelle Betrüger", sagt der Chef der Truppe, Werner Thiel. Er behält Recht.
Das Ehepaar in einem schwarzen Mercedes gibt an, 17 000 Mark dabei zu haben - nicht mehr. Denn wer mehr als 30 000 Mark dabei hat, muss erklären, aus welchen Geschäften das Geld stammt. Dann macht sich Thiel an die Arbeit, durchsucht das Auto. Unter der Fußmatte findet er zwei prall gefüllte Briefumschläge: zusammen 95 000 Mark. Vermutlich Geld, das dem Fiskus vorenthalten wurde. Also: keine Geldwäsche, sondern Steuerhinterziehung. Thiel leitet das Bußgeldverfahren gegen das Ehepaar ein, das kann die Hälfte des gefundenen Geldes betragen.
Dann kommt es noch ärger: Eine junge Frau versucht, Kontounterlagen unter ihrem Pullover zu verstecken. Die Zöllner setzen sich mit ihr zu einem Gespräch in den Bus. Plötzlich ergreift die junge Frau Panik: Sie springt aus dem Bus der Fahnder, rennt über die Autobahn und zerreißt die Bankdokumente. Die Frau verschwindet im Wald.
Die Steuerhinterziehung soll jährlich mehr als 100 Milliarden Mark in Deutschland ausmachen, sagen Experten. Kein Wunder, dass der Druck aus Berlin zunimmt: Immer mehr Politiker wollen die Steuerhinterziehung in das so genannte Geldwäschegesetz einbeziehen.
Mit diesem Gesetz soll ausschließlich die Organisierte Kriminalität bekämpft werden: Menschenhandel, Prostitution, Waffenhandel, Drogenschmuggel. Nur selten gelingt das so gut wie in einem Fall aus Berlin, dessen Hintergründe das ZDF exklusiv darstellt.
In der Dokumentation von Jens Monath packt einer der Geldwäscher vor der Kamera aus. Wie das Geschäft gelaufen ist, wer dahinter steckt. Es geht um Marihuana - mindestens acht Tonnen sind nach Berlin geschmuggelt und dort verkauft worden. Geldwäsche in Höhe von zirka 32 Millionen Mark. Das ist zumindest die Menge, die die Staatsanwaltschaft in Berlin vor Gericht beweisen kann.
Der Geldwäscher nennt ganz andere Zahlen: Bis zu 120 Tonnen Marihuana seien in den vergangenen Jahren nach Berlin gebracht worden. Die Geldwäsche betrage seiner Schätzung nach bis zu 200 Millionen Mark. Die Staatsanwaltschaft kann diese Angaben weder bestätigen noch widerlegen. Aber sie hält sie für möglich.
Nach Ansicht des Geheimdienstkoordinators im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, bedroht Geldwäsche die nationale Sicherheit Deutschlands. Deshalb soll mehr gegen die Geldwäsche getan werden, auch auf staatlicher Ebene. Ein gutes Beispiel dafür ist die so genannte Tabakklage der Europäischen Kommission, der sich Deutschland jetzt angeschlossen hat.
Die Hintergründe der Tabakklage sind der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt: Die Europäische Kommission hat nach jahrelanger Arbeit ihrer Anti-Betrugseinheit eine Klage gegen zwei amerikanische Tabakgiganten, Reynolds und Philip Morris, eingereicht. Die Vorwürfe sind schier unglaublich: verbrecherische Bereicherung, Konspiration, organisierter Schmuggel und Geldwäsche von Drogengeldern. Geklagt wird gegen weltweit operierende und so genannte seriöse Unternehmen.
Autor Jens Monath geht der Klage nach. Reist nach Montenegro, von wo große Mengen geschmuggelter Ware und vor allem Zigaretten in Milliardenhöhe nach Europa gehen. Er spricht mit einem der Hintermänner des ganzen Geschäfts in der Schweiz, lässt sich erzählen, wie die Deals meist laufen. Und erfährt in Basel von dem Geldwäsche-Experten Prof. Mark Pieth, dass die Globalisierung schon längst dazu geführt hat, dass große Unternehmen nicht mehr zwischen sauberen und schmutzigen Scheinen unterscheiden können, dass immer stärker legales und illegales Geld sich vermischen. Am Beispiel der Schweizer Banken rechnet Pieth vor, dass bereits 30 Prozent der Bankengelder aus kriminellen Geschäften stammen, Tendenz steigend.
Das Fazit der Dokumentation ist niederschmetternd: Fast zwei Billionen Mark werden nach Experten-Schätzungen weltweit jährlich gewaschen. Allein in Deutschland 50 Milliarden. Das Geldwäschegesetz hat versagt, hat die Organisierte Kriminalität kaum treffen können. Das bestätigt auch der Frankfurter Oberstaatsanwalt Günter Wittig, ein Experte für Geldwäsche und Organisierte Kriminalität: Nur eine Handvoll Verurteilungen habe es gegeben, nicht mehr. So könne man der Organisierten Kriminalität nicht Herr werden.
Für weitere Informationen steht Ihnen der Autor, Jens Monath, unter den Telefonnummern 06131/70-6733 oder 0171/5445792 gern zur Verfügung.
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