ZDF-Pressemitteilung
Neuer Fall von Polit- und Bankenfilz in Berlin
Mainz (ots)
Berliner Landesbank zahlte Millionenbuße wegen Steuerhinterziehungsverfahren
Politiker genehmigten Übernahme der Geldbußen der LBB-Vorstandsmitglieder durch die Bank
(neu: Stellungnahme Generalstaatsanwalt Berlin; Grünen-Fraktionschef)
Die Berliner Landesbank (LBB) hat nach Informationen des ZDF-Magazins Frontal21 sechs Millionen Mark Geldbuße zur Beendigung eines Verfahrens wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gezahlt. Im Gegenzug verzichtete die Staatsanwaltschaft Berlin auf Strafbefehle gegen leitende Mitarbeiter der LBB. Laut einer Aufsichtsratsvorlage der LBB vom 20. Januar 2000 übernahm die Bank ferner Geldbußen für Vorstandsmitglieder in Höhe von insgesamt 500 000 Mark, damit diese weiterhin als nicht vorbestraft gelten. "Frontal 21" liegen die entsprechenden Bankdokumente vor.
Im Aufsichtsrat der LBB, der die Übernahme der Geldbußen genehmigte, saßen laut Geschäftsbericht der Bank mehrere Berliner Politiker, so der Senator für Finanzen, Peter Kurth (CDU), die ehemalige Senatorin für Finanzen, Annette Fugmann-Heesing (SPD), Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) und der Bundestagsabgeordnete Ditmar Staffelt (SPD). Ein Aufsichtsratsmitglied, das namentlich nicht genannt werden wollte, bestätigte "Frontal 21", dass der Aufsichtsrat die Übernahme der Vorstandsmitglieder-Geldbußen einmütig verabschiedete.
Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge bestätigte auf Nachfrage die Recherchen von "Frontal 21". So seien fünf Verfahren gegen Mitarbeiter der Bank gegen Zahlung einer Geldbuße von je 100 000 Mark eingestellt worden. Er korrigierte damit den Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin, Sascha Daue, der ursprünglich von Geldbußen von je 50 000 Mark gesprochen hatte. Weitere Angaben wollte Daue unter Hinweis auf ein noch laufendes Ermittlungsverfahren gegen ein Vorstandsmitglied der Landesbank nicht machen.
Professor Klaus Marxen, Strafrechtler der Humboldt-Universität Berlin, bewertete die Übernahme der Vorstandsmitglieder-Geldbußen durch die Bank auf Anfrage von Frontal21 als eine "Kompensation (...), die mit dem Gesetzesziel und dem Willen des Gesetzgebers nicht übereinstimmt".
Aus der Aufsichtsratsvorlage der LBB geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft ursprünglich eine Geldbuße von 100 Millionen Mark von der Bank forderte. Die später ausgehandelte Lösung bewertete die Bank laut Aufsichtsratsvorlage als "bemerkenswert konziliant". Laut LBB sollte als Teil des Abkommens "über den Abschluss des Verfahrens keinerlei Presseerklärung seitens der Staatsanwaltschaft erfolgen."
Hintergrund des Verfahrens wegen des Verdachts der Beihilfe zu Steuerhinterziehungen sind Vermögensanlagen der LBB in Luxemburg. Die Staatsanwaltschaft beurteilte laut der Aufsichtsratsvorlage das Ermöglichen von teilweise anonymisierten Transfers von Geldern über ein Luxemburger Sammelkonto als "rechtlich bedenklich".
Scharf kritisierte der Vorsitzende der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Wolfgang Wieland, diese von Frontal 21 aufgedeckten Vorgänge. "Das ist ein neuer, unerhörter Fall von Selbstbedienung. Es ist eine Schande, dass eine landeseigene Bank Steuern hinterzieht, indem sie Gelder ihrer Kunden ins Ausland transferiert. Wenn es aber schon geschieht, hätte es (...) nicht verschleiert werden dürfen, und vor allem hätte nicht aus Steuergeldern den einzelnen Bankern auch noch ihre Schuld beglichen werden dürfen", sagte Wieland im ZDF.
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