ZDF-Pressemeldung
ZDF-Schwerpunkt "Unsere Nachbarn - die Muslime"
Intendant Stolte: Auftakt zu Dialog über verschiedene Erscheinungsformen des Islams in Deutschland
Mainz (ots)
Das ZDF beginnt am Dienstag, 9. Oktober 2001, mit einem umfassenden Programmschwerpunkt zum Islam mit dem Titel "Unsere Nachbarn - die Muslime". ZDF-Intendant Dieter Stolte erklärte in Mainz: "Wir wollen bewusst einen Akzent setzen, unseren Zuschauern vertiefend die geistigen Wurzeln des Islam darzustellen, mögliche Konfliktlinien in einer säkularisierten Welt herauszuarbeiten und die verschiedenen Erscheinungsformen des Islam im Zusammenleben in Deutschland und Europa begleiten. " Der 11. September 2001 muss, so Stolte, Anstoß sein, unabhängig von der aktuellen Berichterstattung den Dialog der Kulturen voranzubringen und alle Integrationsansätze zu nutzen. Dafür sei das ZDF mit seinem umfassenden Funktionsauftrag besonders geeignet.
Dienstag, 9. Oktober 2001, 14.15 Uhr Himmel, Hölle und Nirvana - Die großen Erlöser Mohammed - die Stimme Gottes Film von Sissy von Westphalen und Eike Schmitz Redaktion: Christian Huf
Über eine Milliarde Menschen bekennen sich weltweit zum Islam, der jüngsten unter den drei großen Weltreligionen. Schlagzeilen macht der Islam heute mit militanten Fanatikern, die Massaker, Bombenanschläge und Terrorjustiz für ihre politischen Ziele einsetzen. Genau wie die friedliche Mehrheit der Gläubigen berufen sich auch die Extremisten auf ihren Propheten Mohammed, den Mann aus Mekka.
Wer war der Gründer des Islam? Ein Sohn der Wüste, Kaufmann und Karawanenhändler, der Erleuchtung, Verfolgung und Exil erlebte; der letzte Prophet, verehrt als Nachfahre von Abraham, Moses und Jesus; ein Feldherr und Staatsbegründer, der seine Anhänger zu einem beispiellosen Siegeszug inspirierte, von Arabien um die ganze Welt. Mit Mohammed beginnt die Erfolgsgeschichte des Islam und damit der Sieg des Monotheismus über die Naturreligionen. Eigenhändig zerstört er Hunderte von Götterfiguren am Heiligtum der Kaaba. Der steinerne Würfel in der Wüste jedoch wird zum Heilszentrum und die Pilgerfahrt nach Mekka zum Höhepunkt im Leben jedes Gläubigen.
Der Film "Mohammed - die Stimme Gottes" sucht nach Spuren des frühen Islam im heutigen Orient. Er führt in die Geschichte und an die Schauplätze des Islam. Beduinen und Basarhändler, Mystiker und Muezzine, Moscheen und Marabuts - faszinierende Bilder schildern die Stärke und die Vielfalt islamischer Traditionen am Ende des 20. Jahrhunderts.
Dienstag, 9. Oktober 2001, 22.15 Uhr 37° Islam heißt doch nicht Terror Muslime unter uns Film von Uta Claus, Petra Otto, Anita Rehm, Heike Slansky und Tina Soliman Redaktion: Hanne Huntemann und Brigitte Klos "Terror hat im Islam keinen Platz", das sagt nicht nur Mehmet S., 34. Er gehört zum Islamischen Kulturverein und ist sicher, dass die Moschee in Sindelfingen die größte Deutschlands ist. Jeden Freitagmittag beten hier an die 500 Männer, und seit drei Wochen beziehen sie auch die Opfer aus den USA in ihr Gebet mit ein. Deutschland ist Mehmets Heimat. Mit neun Jahren kam er hierher, seit 17 Jahren arbeitet er bei Daimler Chrysler, 150 Meter entfernt von der großen Moschee. Jeder Zehnte in Sindelfingen und auch in Stuttgart ist Moslem. Doch die wenigsten gehen in die Moschee. Die meisten leben ihren Glauben unauffällig, beten zu Hause. Seit dem Attentat in den USA hat sich vieles für sie verändert. Sie trauern um die Opfer, und sie spüren ein wachsendes Misstrauen bei den deutschen Nachbarn.
Die Ehe zwischen Zehra und Michael B., beide 25 Jahre, erfuhr aufgrund des Terror-Anschlages in New York und Washington eine ungeahnte Belastung. Sie ist Moslem und er bekennender Christ. Beide empfanden ihre jeweils andere Religion als Bereicherung für ihre Partnerschaft. Doch jetzt fragt sich Michael, "War ich vielleicht zu naiv, was den Islam betrifft? Wo ist die Trennlinie zwischen Islamismus und Islam?"
In der Bundesrepublik leben inzwischen zirka drei Millionen Moslems. Sie kommen aus der Türkei, aus Südostasien, aus den Maghreb-Staaten, aus Afrika. Vor allem in den industriellen Ballungsgebieten Deutschlands sind sie zu Hause, willkommene Arbeitskräfte für Bereiche, in denen deutsche Arbeitnehmer fehlen. In den Großstädten beleben sie die Gastronomie-Szene, die Tourismus-Branche und viele andere geschäftlichen Bereiche. Viele der jungen Moslems sind hier geboren und aufgewachsen, leben bereits in dritter Generation in einem Land, in das einst ihre Großeltern und Eltern einwanderten. Für manche Familien ist es inzwischen schwierig, ihren Kindern die Botschaft des Islam zu vermitteln. Seit einiger Zeit fordern die islamischen Religionsgemeinschaften einen entsprechenden Unterricht in den Schulen. Berlin hat nun den Anfang gemacht.
An zwei Schulen wird seit den Sommerferien in der zweiten Klasse islamischer Religionsunterricht erteilt. Der siebenjährige Fatih lernt nun seit Anfang September, was im Koran steht. Seine Eltern - die vor 15 Jahren aus der Türkei nach Berlin-Kreuzberg kamen - sind gläubige Moslems. "Aber meine Frau", so sagt Husseyin Ö. "ist der bessere Moslem". Keziban Ö. trägt ein Kopftuch, betet fünf Mal am Tag zu festgesetzter Stunde und liest im Koran. Manchmal liest sie den Kindern vor. Meistens haben die aber keine Lust. "Der Islam, das ist ein guter Glaube", sagen die Eltern. "Gläubige Menschen können nicht schlecht sein, vor ihnen muss man keine Angst haben. Sie dürfen nicht lügen, nicht stehlen, nicht mit Drogen handeln, nicht töten, und sie müssen hilfsbereit sein". Zu den Gläubigen zählen sie auch Juden und Christen - eben alle, die an Gott glauben. Die 37°-Sendung "Islam heißt doch nicht Terror" stellt Menschen in den Mittelpunkt, die in Deutschland den Islam leben. Sie geben Auskunft über eine fremde Welt und machen auf verblüffende Weise deutlich, dass Islam, Christentum und Judentum mehr verbindet, als sie trennt.
Direkt im Anschluss daran um 22.45 Uhr
37°plus - Die Diskussion: Islam heißt doch nicht Terror
Der Ausschließlichkeitsanspruch des Islam und der beiden anderen monotheistischen Religionen hat in der Geschichte immer wieder zu einem gefährlichen Gemisch aus Religion und Politik geführt und dadurch zu den bekannten Katastrophen. Die Diskussion soll den religiösen Kern des Islam, die spirituellen, toleranten und friedensbringenden Anteile herausarbeiten, aber auch die Ursachen der fanatischen Komponente analysieren und zu klären versuchen, welche Chancen und Grenzen für einen Dialog der Religionen in unserer Zeit bestehen.
Moderator der Sendung ist Peter Frey. Seine Gäste sind Präses Manfred Kock, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands, der Journalist und Islam-Kenner Peter Scholl-Latour und der Islamwissenschaftler Bekir Alboga, Imam an der Yavuz-Sulta-Selim Moschee in Mannheim und Bildungsreferent für den Christlich-Islamischen Dialog.
im Anschluss daran um 23.30 Uhr 37°
Kopftuch und Minirock Junge Türkinnen zwischen Koran und Karriere Wiederholung vom 3.11.1998 Film von Jana Matthes und Andrea Schramm Redaktion: Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt
Das ZDF wiederholt diese Dokumentation, die auf sehr intensive Weise deutlich macht, wie junge muslimische Frauen in der säkularisierten Welt Deutschlands ihre Religion auf unterschiedliche Weise bewahren und versuchen, eine Balance zwischen ihrer Kultur und der Moderne zu finden. Ein Film, der noch immer nicht an Aktualität eingebüßt hat.
Wenn Gülcin in den Semesterferien im Krankenhaus jobbt, wird sie von manchen Patienten in Zeichensprache angeredet. Sie wird für die Putzfrau gehalten. Dabei spricht die 23-Jährige nicht nur akzentfrei Deutsch, sondern studiert Medizin im vierten Semester. Der Meter Stoff um ihren Kopf, so sagt sie, mache den Unterschied.
Der Glaube an Allah und seine Gebote steht für sie im Mittelpunkt - und ihre berufliche Zukunft. Sie will Ärztin werden, studiert Medizin und will in der Türkei Menschen helfen, dem Land, das sie noch immer ihre Heimat nennt. Die beste Freundin von Gülcin heißt Meyrem. Sie trägt kurze Röcke, armfreie Shirts und - natürlich - kein Kopftuch. Trotzdem bezeichnet sie sich als Muslima - wenn sie es auch mit den Pflichten des Islam nicht so genau nimmt. Der Film "Kopftuch und Minirock" begleitet die beiden Mädchen auf dem schmalen Grat zwischen Anpassung und Rebellion. Immer wieder bringen sie den Mut auf, sich gegen die Einschränkungen der einen und die Klischees der anderen Kultur zu wehren und ihren eigenen Weg zu gehen.
nach "heute nacht" um 23.30 Uhr: Die ZDF-dokumentation Der Schatten des Propheten Ein christlich-moslemischer Dialog Wiederholung vom 30.11.1999 Film von Renate Beyer Redaktion: Dr. Wolf-Rüdiger Schmidt
In Deutschland leben derzeit rund drei Millionen Muslime, die meisten von ihnen sprechen Deutsch, gehen so, wie jeder andere auch, ihrer Arbeit nach und praktizieren problemlos ihren Glauben. In allen größeren Orten gibt es Moscheen. Dennoch wird in der breiten Öffentlichkeit das Bild des Islam weitgehend bestimmt von den politischen Ereignissen in Iran, Irak und neuerdings auch in Afghanistan. Die Lehre Mohammeds wird nach wie vor gleichgesetzt mit Engstirnigkeit und Fanatismus. Bis heute hat sich die Vorstellung gehalten, der Islam habe es sich zum Ziel gesetzt, mit "Feuer und Schwert" in den Dschihad, den "heiligen Krieg" zu ziehen.
Aber es waren die Christen, die im Mittelalter die Meinung vertraten, Muslime seien auf Grund ihres Glaubens von vornherein sündig, und Gewalt gegen sie sei grundsätzlich gerechtfertigt. Die Muslime jedenfalls haben die Christen als Furcht und Schrecken verbreitende Kreuzfahrer erlebt, die im Namen ihres Herrn Jesus Christus im Orient Blutbäder anrichteten. Ein weiteres Schlagwort, das im Westen viele Antipathien gegen den Islam wachruft, ist die "Scharia", das islamische Recht. Nach diesem mittelalterlich anmutenden Rechtssystem - so weiß es bei uns ein breites Publikum - werden im Islam die Frauen unterdrückt, Ehebrecherinnen werden gesteinigt, und Dieben wird die Hand abgehackt. Was ist dran an diesen Vorstellungen? Warum ist Mohammeds Lehre dem Westen immer fremd geblieben? Ist der Islam wirklich eine so aggressive Religion, dessen Absolutheitsanspruch keinen Raum für Andersgläubige lässt?
Die Dokumentation geht diesen Fragen nach und macht deutlich, dass es zwischen Christen und Muslimen weitaus mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze gibt und dass die Vorstellungen vieler Christen vom Islam auf uralten Vorurteilen und kulturellen Besonderheiten beruhen.
Zusätzlich wird sich das ZDF auch in seinen Regelsendungen mit diesem wichtigen Thema befassen.
Die Sendung "Volle Kanne, Susanne" berichtet über ein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen. Neben Erzieherinnen christlichen Glaubens haben dort mehrere evangelische Kindergärten muslimische Pädagoginnen angestellt. Dieses Integrationskonzept zeigt Erfolg: Es eröffnet den Kindern Verständnis für die jeweils andere Religion, fördert die Toleranz und trägt dazu bei, auch die Kontakte unter den Eltern zu verbessern. Abgerundet wird das Thema Integration im Kinder- und Jugendbereich durch ein Studiogespräch mit dem Vertreter einer evangelischen Gemeinde aus dem Ruhrgebiet.
In der Sendung "heute in Europa" wird die Situation der islamischen Gemeinden in Frankreich und Polen dargestellt.
In den kommenden Wochen wird das ZDF im Rahmen seines Programmschwerpunktes sowohl in den aktuellen Sendungen und den Magazinen als auch in speziellen Dokumentationen das Thema Islam und die damit zusammenhängende Fragestellung des Dialogs dieser Glaubensrichtung mit den anderen Weltreligionen behandeln.
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