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ZDF-Programmhinweis
Dienstag, 23. Oktober 2001, ab 22.15 Uhr
37° Unter Verdacht? - Muslime in Deutschland

Mainz (ots)

"Terror hat im Islam keinen Platz", das sagt nicht
nur Mehmet S., 34. Er gehört zum Islamischen Kulturverein und ist
sicher, dass die Moschee in Sindelfingen die größte Deutschlands ist.
Jeden Freitag Mittag beten hier an die 500 Männer, und seit fünf
Wochen beziehen sie auch die Opfer aus den USA in ihr Gebet mit ein.
Deutschland ist Mehmets Heimat. Mit neun Jahren kam er hierher, seit
17 Jahren arbeitet er bei Daimler Chrysler, 150 Meter entfernt von
der großen Moschee. Jeder Zehnte in Sindelfingen und auch in
Stuttgart ist Muslim. Doch die wenigsten gehen in die Moschee. Die
meisten leben ihren Glauben unauffällig, beten zuhause. Seit dem
Attentat in den USA hat sich vieles für sie verändert. Sie trauern um
die Opfer, und sie spüren ein wachsendes Misstrauen bei den deutschen
Nachbarn.
Die Ehe zwischen Zehra und Michael B., beide 25 Jahre, erfuhr
aufgrund des Terror-Anschlages in New York und Washington und den
wiederholten Äußerungen Osama bin Ladens eine ungeahnte Belastung.
Sie ist Muslima und er bekennender Christ. Beide empfanden ihre
jeweils andere Religion als Bereicherung für ihre Partnerschaft. Doch
jetzt fragt sich Michael, "war ich vielleicht zu naiv, was den Islam
betrifft? Wo ist die Trennlinie zwischen Islamismus und Islam?"
In der Bundesrepublik leben inzwischen zirka drei Millionen
Muslime. Sie kommen aus der Türkei, aus Südostastien, aus den
Maghreb-Staaten, aus Afrika. Vor allem in den industriellen
Ballungsgebieten Deutschlands sind sie zu Hause, willkommene
Arbeitskräfte für Bereiche, in denen deutsche Arbeitnehmer fehlen. In
den Großstädten beleben sie die Gastronomie-Szene, die
Tourismus-Branche und viele andere geschäftliche Bereiche. Viele der
jungen Muslime sind hier geboren und aufgewachsen, leben bereits in
dritter Generation in einem Land, in das einst ihre Großeltern und
Eltern einwanderten.
Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld hat sich die Stimmung bei den
türkischen Bewohnern sehr verändert. Frauen mit Kopftuch sind
verängstigt, sie erfahren Anpöbeleien auf der Straße, manchmal auch
körperliche Angriff. Auch die Kinder berichten von Feindseligkeiten
durch Mitschüler, aber auch durch Lehrer. Das Beratungs- und
Fortbildungszentrum muslimischer Frauen früher eher Treffpunkt und
Weiterbildungsstätte ist inzwischen zur Anlaufstelle für
Konfliktsituationen geworden.
Die 37°-Sendung "Unter Verdacht - Muslime in Deutschland" stellt
Menschen in den Mittelpunkt, die in Deutschland den Islam leben. Sie
geben Auskunft über eine fremde Welt und darüber, was sich für sie im
Zusammenleben mit den deutschen Nachbarn verändert hat.
im Anschluss
37°plus Die Diskussion:
Unter Verdacht? - Muslime in Deutschland
Die Ereignisse seit dem 11. September haben Auswirkungen -
Misstrauen und Angst wächst gegenüber dem Islam, der schon immer als
fremd, manchmal sogar als bedrohlich erlebt wurde. Trotz jahrelangen
Zusammenlebens wissen wir zu wenig von der jeweils anderen Kultur,
der anderen Religion. Und tatsächlich hat der
Ausschließlichkeitsanspruch des Islam, aber auch der beiden anderen
monotheistischen Religionen in der Geschichte immer wieder zu einem
gefährlichen Gemisch aus Religion und Politik geführt und dadurch zu
den bekannten Katastrophen.
"Wir müssen die Sprache der Religionen lernen", fordert der
Friedenspreisträger des Dt. Buchhandels Jürgen Habermas. Dies ist zur
Zeit wichtiger denn je, denn immer mehr Muslime spüren Aggressionen,
Unverständnis und Ablehnung. Das Zusammenleben der verschiedenen
Kulturen ist schwieriger geworden. Sich mit dem Fremden
auseinanderzusetzen, den Anderen zu verstehen und zu tolerieren setzt
Information voraus, das Wissen um den Glauben des Anderen, aber auch
um den eigenen religiösen Standpunkt.
Moderator der Sendung ist Michael Steinbrecher. Seine Gäste -
Muslime und Christen aus unterschiedlichen Bereichen - werden ihre
Erfahrungen im interreligiösen Dialog kontrovers diskutieren.
23.30 Uhr
Kopftuch und Minirock
Junge Türkinnen zwischen Koran und Karriere
Das ZDF wiederholt diese Dokumentation, die auf sehr intensive
Weise deutlich macht, wie junge muslimische Frauen in der
säkularisierten Welt Deutschlands ihre Religion auf unterschiedliche
Weise bewahren und versuchen, eine Balance zwischen ihrer Kultur und
der Moderne zu finden. Ein Film, der noch immer nicht an Aktualität
eingebüßt hat.
Wenn Gülcin in den Semesterferien im Krankenhaus jobbt, wird sie
von manchen Patienten in Zeichensprache angeredet. Sie wird für die
Putzfrau gehalten. Dabei spricht die 23-Jährige nicht nur akzentfrei
deutsch, sondern studiert Medizin im vierten Semester. Der Meter
Stoff um ihren Kopf, so sagt sie, mache den Unterschied.
Der Glaube an Allah und seine Gebote stehen für sie im Mittelpunkt
und ihre berufliche Zukunft. Sie will Ärztin werden, studiert Medizin
und will in der Türkei Menschen helfen, dem Land, das sie noch immer
ihre Heimat nennt.
Die beste Freundin von Gülcin heißt Meyrem. Sie trägt kurze Röcke,
armfreie Shirts und - natürlich - kein Kopftuch. Trotzdem bezeichnet
sie sich als Muslima - wenn sie es auch mit den Pflichten des Islam
nicht so genau nimmt.
Der Film "Kopftuch und Minirock" begleitet die beiden Mädchen auf
dem schmalen Grat zwischen Anpassung und Rebellion. Immer wieder
bringen sie den Mut auf, sich gegen die Einschränkungen der einen und
die Klischees der anderen Kultur zu wehren und ihren eigenen Weg zu
gehen.
0.15 Uhr
Der Schatten des Propheten
Ein christlich-moslemischer Dialog
In Deutschland leben derzeit rund drei Millionen Muslime, die
meisten von ihnen sprechen deutsch, gehen so, wie jeder andere auch,
ihrer Arbeit nach und praktizieren problemlos ihren Glauben. In allen
größeren Orten gibt es Moscheen. Dennoch wird in der breiten
Öffentlichkeit das Bild des Islam weitgehend bestimmt von den
politischen Ereignissen im Iran, Irak und neuerdings auch in
Afghanistan. Die Lehre Mohammeds wird nach wie vor gleichgesetzt mit
Engstirnigkeit und Fanatismus. Bis heute hat sich die Vorstellung
gehalten, der Islam habe es sich zum Ziel gesetzt, mit "Feuer und
Schwert" in den Dschihad, den "heiligen Krieg", zu ziehen.
Aber es waren die Christen, die im Mittelalter die Meinung
vertraten, Muslime seien auf Grund ihres Glaubens von vornherein
sündig und Gewalt gegen sie sei grundsätzlich gerechtfertigt. Die
Muslime jedenfalls haben die Christen als Frucht und Schrecken
verbreitende Kreuzfahrer erlebt, die im Namen ihres Herrn Jesus
Christus im Orient Blutbäder anrichteten. Ein weiteres Schlagwort,
das im Westen viele Antipathien gegen den Islam wachruft, ist die
"Scharia", das islamische Recht. Nach diesem mittelalterlich
anmutenden Rechtssystem - so weiß es bei uns ein breites Publikum -
werden im Islam die Frauen unterdrückt, Ehebrecherinnen werden
gesteinigt und Dieben wird die Hand abgehackt. Was ist dran an diesen
Vorstellungen? Warum ist Mohammeds Lehre dem Westen immer fremd
geblieben? Ist der Islam wirklich eine so aggressive Religion, dessen
Absolutheitsanspruch keinen Raum für Andersgläubige lässt?
Die Dokumentation geht diesen Fragen nach und macht deutlich, dass
es zwischen Christen und Muslimen weitaus mehr Gemeinsamkeiten als
Gegensätze gibt und dass die Vorstellungen vieler Christen vom Islam
auf uralten Vorurteilen und kulturellen Besonderheiten beruhen.
Zusätzlich wird sich das ZDF auch in seinen Regelsendungen mit
diesem wichtigen Thema befassen.

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