ZDF-Programmhinweis
Dienstag, 27. August 2002, 20.15 Uhr
Wenn alle Dämme brechen
Menschen in der Flut
Mainz (ots)
Reportage von Peter Kunz, Anne Reidt, Gunther Scholz, Sibylle Trost
Völlig erschöpft steht er da, Jörg Kunath, Feuerwehrmann aus Pirna, das erste Mal zurück in seiner eigenen, schlammverschmierten Wohnung. "Ich hab' nur noch das, was ich auf dem Leib trage", sagt er leise, stockend. Er war rund um die Uhr für andere da, hat Deiche ausgebessert, Menschen evakuiert, Keller ausgepumpt. Die Arbeit hat ihn vergessen lassen, dass er selbst durch die Jahrhundertflut alles verloren hat. "Aber was ist das schon gegen das Schicksal meines Kameraden, der starb, als er anderen Menschen in den Fluten helfen wollte", sagt Jörg Kunath, so als müsse er sich selbst beruhigen. Gedankenverloren schaut er in die Ferne, unfähig weiterzusprechen.
"So eine Zerstörung habe ich schon einmal durchgemacht", erzählt die alte Dame aus dem kleinen Dorf im Erzgebirge. "Damals 1945", fügt sie leise hinzu. "Und jetzt diese Sintflut, die alles mit sich gerissen hat." Hab und Gut, Haus und Hof. Fassungslos und tief erschüttert geht sie auf und ab entlang der alten Mauer, die bis vor kurzem ihren einmaligen Kräutergarten umgab. Nur noch eine einzige Schlammwüste. "Es ist wie im Krieg."
Einzelschicksale, die das Leid vieler beschreiben, über die die Flut hereingebrochen ist mit einer Urgewalt, die zuvor unvorstellbar schien. Vom Erzgebirge bis zur Mark Brandenburg. Zehn Tage lang haben vier ZDF-Reporter Menschen im Kampf gegen die Flut und ihre Zerstörung begleitet. Sie erzählen von deren dramatischen Erlebnissen über das aktuelle Ereignis hinaus, verweilen und beobachten, wie sich ihr Leben in Trümmern und Verwüstung täglich verändert, sie sich fast stündlich neuen Herausforderungen stellen müssen.
"Es sind ja nicht nur Haus, Garten und Möbel, die die Flut zerstört hat", sagt Anke Meier aus dem idyllischen Müglitztal, in dem ganze Orte weggerissen wurden. "Es ist vor allem der Glaube ans Leben selbst, der erschüttert ist. Über Nacht kommt die Flut und raubt dir alles, woran du gearbeitet, woran du geglaubt hast." Die dramatischen Ereignisse haben sie derart mitgenommen, dass sie erst einmal raus musste, weit weg. Gemeinsam mit ihrer zweijährigen Tochter. Ehemann Sven bleibt allein zurück, versucht zu retten, was noch zu retten ist.
Den einen hat die Flut über Nacht alles genommen. Unvorbereitet. Anderen sind zumindest einige Stunden, wenige Tage geblieben, sich gegen die Fluten zu wappnen. "Das Warten ist zermürbend. Das macht dich kaputt", erzählt Fritz Scheele aus dem Märkischen in Brandenburg. Seine Frau nickt. Völlig müde und ausgelaugt von den Strapazen und voller Angst, was da noch alles kommen mag. Tag und Nacht harren sie aus, schleppen Hab und Gut an höher gelegene Orte, sichern Haus und Hof, während nicht weit entfernt Tausende Helfer die Deiche befestigen. "Wir weichen erst, wenn alle Dämme brechen", macht sich Fritz Scheele immer wieder Mut, der Jahrhundertflut zu trotzen.
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