ZDF-Programmhinweis
auslandsjournal, Donnerstag, 26. September 2002, 21.15 Uhr mit Dietmar Ossenberg
Mainz (ots)
Atomklau leicht gemacht - Russland als Selbstbedienungsladen für Terroristen
Sturzbetrunken torkelte Leonid Smirnow über den Bahnhof von Podolsk bei Moskau. Nur durch Zufall wurden einige Polizeibeamte auf ihn aufmerksam. Auf der Suche nach Wodkadieben fanden sie bei Smirnow zwar nichts Hochprozentiges, aber etwas höchst Explosives. Der Diplom-Physiker trug 1,5 Kilogramm gestohlenes Uran bei sich. Drei Jahre musste der heute 57-Jährige dafür ins Gefängnis. "Mal habe ich 60 Gramm mitgenommen, mal 70, mal 120. In einem Konservenglas", erzählt der Atomdieb. "Das habe ich in eine Plastiktüte gewickelt und in meiner Aktentasche an der Wache vorbei nach draußen getragen. Ganz einfach. Ohne Kontrolle". Ganze 29 aufgeklärte Fälle dieser Art hat es zwischen 1991 und 2002 in Russland gegeben. Wie hoch die Dunkelziffer bei Plutonium-Diebstählen ist, vermag keiner zu sagen.
"Gestohlen wird überall", erklärt der Physiker und Experte für Strahlensicherheit Wladimir Kusnetzow. "Nicht nur in den zivilen Betrieben und Instituten. Am meisten passiert in den Militärobjekten, die miserabel bewacht werden." Seit Jahren warnt er vor den Risiken bei Transporten und Lagerung von Atomschrott. Früher selbst Atominspektor in Russland, wurde Kusnetzow wegen seiner kritischen Haltung entlassen. Nun hat er ein Buch geschrieben, das am Donnerstag in Moskau vorgestellt wird. Darin macht Kusnetzow auf gravierende Sicherheitsprobleme in Russlands Kernenergiesektor aufmerksam.
Wie einfach es ist, in die Sicherheitszonen russischer Atomobjekte einzudringen, bewies der Parlamentsabgeordnete Sergej Mitrochin. In einer spektakulären Aktion gelang es ihm, durch ein Loch im Stacheldrahtzaun in das atomare Endlager Krasnojarsk einzusteigen. Begleitet von einem Kamerateam konnte er ungehindert bis aufs Dach der Anlage vordringen. Er warnt: "An unserer Stelle hätte dort eine Gruppe Terroristen eindringen und eine Atomexplosion organisieren können."
Die schlechte Bewachung des hochgefährlichen Materials ist vor allem auf die unterdurchschnittliche Bezahlung der Arbeiter zurückzuführen. Eine enorme Gefahr, gerade in Zeiten des international agierenden Terrorismus. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, beschlossen die G-8 Staaten bei ihrem Treffen im Juni 2002, Russland in den kommenden zehn Jahren mit bis zu 20 Milliarden Dollar zu unterstützen. Mit diesem Geld soll sowohl die Sicherheit, als auch die Entsorgung von radioaktivem Material gewährleistet werden. Besonders die USA, die sich mit zehn Milliarden Dollar an dem Projekt beteiligen, zeigten sich besorgt über die momentanen Sicherheitsvorkehrungen. Doch das Plutonium oder Uran in die Hände von Al-Kaida oder von Saddam Hussein fallen könnten, bereitet wohl nicht nur Georg W. Bush Alpträume.
ZDF-Korrespondent Dietmar Schumann hat die Sicherheit der russischen Atomanlagen unter die Lupe genommen und berichtet von Menschen, die gegen die tickende Zeitbombe der strahlenden Gefahr ankämpfen.
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