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Mainz (ots)

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ZDF, 25. Oktober 2020, 23.45 Uhr 

Precht 
USA und der Westen - Wie bedroht sind unsere Demokratien?
Richard David Precht im Gespräch mit Josef Joffe, Herausgeber "DIE 
ZEIT"

Kurz vor der Präsidentenwahl in den USA spricht Richard David Precht 
mit "ZEIT"-Herausgeber Josef Joffe, einem profilierten Kenner 
Amerikas. 
Das demokratische System der USA stehe auf dem Spiel. Wie konnte es 
soweit kommen, dass ein Autokrat wie Donald Trump im Amt ist? Wie 
stark ist die Demokratie der USA noch? Und wie sieht es in Europa 
aus?
Wer wird gewinnen: Trump oder Biden? Viele fürchten, dass bei vier 
weiteren Jahren Trump den USA eine noch tiefere Spaltung und offener 
Rassismus unter der Führung eines Autokraten drohen. Aber wie konnte 
es im Land mit einer der ältesten Demokratien der Welt so weit 
kommen? Und was sagt dies über die Stabilität unserer westlichen 
Demokratien insgesamt aus? Fragen, die Richard David Precht an einen 
der renommiertesten US-Kenner in Deutschland, Josef Joffe, stellt.

Gerade durch den populistischen und durch Skandale erschütterten 
Wahlkampf eines Donald Trump scheinen die Systemfehler der 
amerikanischen Verfassung deutlicher als je zuvor zutage zu treten. 
Die Gründerväter von 1776 konnten nicht vorhersehen, dass es 244 
Jahre später zu versuchter Wählerunterdrückung, einem politisierten 
Supreme Court und sogar einer drohenden Nichtanerkennung der Wahl 
durch den amtierenden Präsidenten kommen könnte. Vor allem das 
indirekte Wahlsystem und der gerade für Afroamerikaner und 
Afroamerikanerinnen erschwerte Zugang zur Wahlurne werden zum 
Stolperstein dieser stolzen Demokratie. 

"Haben es die USA versäumt, ihre Verfassung rechtzeitig an die 
Herausforderungen der Gegenwart anzupassen?", fragt Richard David 
Precht. Sind auch andere Demokratien gefährdet, weil sie sich nicht 
flexibel genug auf die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen 
Veränderungen unserer Zeit einstellen? In einigen Staaten Europas, in
Polen und Ungarn beispielsweise - und möglicherweise schon bald in 
anderen Ländern, sind Populisten und Autokraten an der Macht, die 
Demokratie und Rechtsstaat auf ihre Weise interpretieren. Ist der 
Fortbestand der westlichen Demokratien gefährdet?  

Die wirtschaftlichen Rückschläge durch die Globalisierung, 
Migrationsbewegungen, Elitenbildung und die Herausforderungen der 
Klimakrise haben die soziale Ungleichheit in der Welt verschärft. Je 
weniger die Politik mit Lösungen aufwarten kann, umso mehr treibe sie
die Menschen in die Arme populistischer Autokraten, so Precht. Wo die
persönlichen Interessen in den Vordergrund rückten, werde eine 
Demokratie, die das Gemeinwohl fördert, neuerdings als Bedrohung der 
eigenen Freiheit empfunden. Eine Verdrehung, die sich gerade in 
Zeiten einer Pandemie zeigt, wenn auch hierzulande Schutzmaßnahmen 
gegen das Virus als Angriff auf die persönliche Freiheit angesehen 
werden. 

Wie aber kann der Zwiespalt zwischen Freiheitswillen und Gemeinwohl, 
Machtmissbrauch und Ohnmacht, zwischen Ökonomisierung und Solidarität
entschärft werden, damit die Demokratie nicht irreparablen Schaden 
nimmt? Muss unsere demokratische Grundordnung neu gedacht werden?

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