ZDF-Programmhinweis
Donnerstag, 9. Oktober 2003, 21.15 Uhr, auslandsjournal
Mainz (ots)
Donnerstag, 9. Oktober 2003, 21.15 Uhr auslandsjournal mit Nikolaus Brender Wölfe der Nacht - Moskaus berüchtigte Motorradgang
Wenn es Nacht wird in Moskau, steigen sie auf ihre Maschinen und kreuzen durch die Straßen: Männer mit Bärten und langen Haaren. Die Haut unter der strapazierten Lederkluft ist voller Tätowierungen. Die Motorradrocker nennen sich "Night Wolves", zu deutsch "Wölfe der Nacht". Zorn im Bauch und Benzin in den Adern? Das Klischee stimmt nur auf den ersten Blick. Blutsbrüder der im Westen berüchtigten "Hell´s Angels" sind die Moskauer Wölfe mit Sicherheit nicht.
Moskau 1989: Dreizehn gleichgesinnte Genossen und Motorradfans gründen die "Night Wolves". Protest gegen das sowjetische System, illegale Rockkonzerte und pure Rebellion kennzeichneten die Anfangsjahre. Ihr Präsident nennt sich "Chirurg". Er ist tatsächlich Arzt und sieht aus wie ein lebendes Tattoo. Seine Nase scheint bereits mehr als eine Operation hinter sich zu haben. Der Name "Chirurg", so erklärt er uns, hat etwas mit seinem früheren Job zu tun. Es muss wohl eine Art Hass-Liebe sein, die ihn jede Nacht auf den rasenden Bock lockt, denn als Arzt behandelte er besonders häufig die Opfer von Motorradunfällen. Heute haben die "Nachtwölfe" 300 Mitglieder. Ein exklusiver Club. Das Rudel unterwirft sich harten Regeln: Frauen, Alkoholiker oder Schwule haben keine Chance. "Frauen sollten zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern, anstatt mit einem Motorrad auf der Straße herumzufahren", erklärt der Chirurg. Wild, frei und rebellisch, so stellen sich viele seit dem Film "Easy Rider" den typischen Rocker vor. Typen, für die Randale, Angst und Terror Tagesprogramm sind. Von der Realität in Russland sind solche Bilder allerdings kilometerweit entfernt. Nur ihr Outfit erinnert noch an die westlichen Vorbilder. Moskaus Edelrocker pflegen gute Beziehungen zur Stadtregierung, unterstützen den Präsidenten Vladimir Putin und laden die Politiker sogar zu ihren Konzerten ein. Beruflich sind die meisten Wölfe etabliert, besitzen Design-Zentren oder halten Anteile an einträglichen Firmen. Auf dem Bankkonto der "Firma" Wolf stehen nichts als schwarze Zahlen. Die Ritter der Nacht kontrollieren immerhin den größten Teil des Motorradhandels. Dass es sich bei den Bikern nicht um arme Schlucker handelt, zeigt auch die stolze Beitrittsgebühr für neue Mitglieder: Umgerechnet 5000 US-Dollar muss ein Motorradfan zahlen, bevor er sich "Night Wolve" nennen darf.
ZDF-Korrespondent Roland Stumpf hat die Wölfe bei ihren Streifzügen durch die russische Hauptstadt begleitet.
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