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ZDF-Politbarometer September 2004
Nach den Wahlen: Regierung im Aufwind
Erstmals Mehrheit für Reformen

Mainz (ots)

Trotz der Verluste bei den Landtagswahlen in diesem
Monat befindet sich die SPD in einem Stimmungsaufschwung zu Lasten
der Union: In der politischen Stimmung kommt die SPD jetzt auf 29
Prozent (+4), die CDU/CSU auf 43 Prozent (-3), die Grünen auf 11
Prozent (+1), die FDP auf 7 Prozent (+1) und die PDS unverändert auf
6 Prozent.
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen
längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie
taktische Überlegungen der Wähler stärker zur Geltung. Dies
berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD erhielte danach
27 Prozent (+1), die CDU/CSU 44 Prozent (-1), die Grünen erhielten 10
Prozent, die FDP 6 Prozent, die PDS ebenfalls 6 Prozent sowie die
sonstigen Parteien zusammen 7 Prozent (alle unverändert). Damit hätte
eine Koalition aus CDU/CSU und FDP weiterhin eine klare Mehrheit im
Bundestag.
Die Stimmungsverbesserung für die SPD ist auch die Folge einer
stärker wahrgenommenen Führungsschwäche innerhalb der Union. So
sind zwar 78 Prozent der Befragten der Meinung, dass die SPD nicht
voll hinter der Politik von Gerhard Schröder steht (steht dahinter:
16 Prozent). Allerdings sind inzwischen auch 61 Prozent der Meinung,
dass die CDU in wichtigen politischen Fragen nicht hinter Angela
Merkel steht (steht dahinter: 32 Prozent). Im Juni waren nur 49
Prozent von einer unzureichenden Unterstützung der CDU für Angela
Merkel ausgegangen. Entsprechend weniger trauen inzwischen auch
Merkel zu, die Union erfolgreich in die Bundestagswahl zu führen: So
meinen jetzt nur noch 35 Prozent (Mai: 40 Prozent), dass die Union
mit Angela Merkel die größeren Chancen hat, die nächste
Bundestagswahl zu gewinnen und 26 Prozent (Mai: 27 Prozent) mit
Edmund Stoiber. 10 Prozent (Mai: 11 Prozent) sagen mit einem anderen
Kandidaten, zumeist ohne einen konkret benennen zu können, und 29
Prozent können die Frage nicht beantworten. Ganz ähnlich fällt auch
das Meinungsbild innerhalb der CDU/CSU-Anhänger aus: 35 Prozent (Mai:
46 Prozent) Angela Merkel, 29 Prozent (Mai: 28 Prozent) Edmund
Stoiber, 14 Prozent (Mai: 9 Prozent) ein anderer Kandidat und 23
Prozent weiß nicht.
Nachdem bereits in den Monaten zuvor die Zustimmung zu den
beschlossenen Reformmaßnahmen im Bereich von Gesundheit, Rente,
Arbeitsmarkt und Steuern kontinuierlich angestiegen war, gibt es
dafür jetzt erstmals eine Mehrheit: Fanden im Februar dieses Jahres
nur 35 Prozent aller Befragten diese Maßnahmen eher richtig und 55
Prozent eher nicht richtig, sind es inzwischen 48 Prozent, die eine
generelle Zustimmung bekunden und nur noch 45 Prozent, die damit
grundsätzlich nicht einverstanden sind.
An den Einstellungen zu einem EU-Beitritt der Türkei hat sich
relativ wenig geändert. Weiterhin ist es völlig umstritten, ob die
Türkei in einigen Jahren in die EU aufgenommen werden soll. Dafür
sprechen sich 45 Prozent aller Befragten aus und dagegen 46 Prozent
(weiß nicht: 10 Prozent). Abgelehnt wird die Aufnahme der Türkei von
den Unionsanhängern (dafür: 35 Prozent; dagegen: 56 Prozent).
Zustimmung findet sie mit jeweils 60 Prozent bei den Wählern der SPD
und der Grünen.
Vierzehn Jahre nach der Wiedervereinigung sagen 56 Prozent der
Deutschen, dass zwischen West und Ost die Unterschiede überwiegen
und nur 40 Prozent sagen, die Gemeinsamkeiten seien das
Vorherrschende. Bei dieser Frage unterscheiden sich die Antworten der
Ost- und der Westdeutschen fast überhaupt nicht. Relativiert werden
die wahrgenommenen großen Unterscheide zwischen Ost und West
allerdings durch ebenfalls nicht ganz unerhebliche Differenzen
zwischen Nord und Süd: Hier meinen 39 Prozent, dass die Unterschiede
überwiegen und 54 Prozent, dass die Gemeinsamkeiten dominieren.
Die vor der Wahl heftig umstrittene Aussage von Bundespräsident Horst
Köhler, dass man in Deutschland dauerhaft mit unterschiedlichen
Lebensverhältnissen leben müsse, findet in West und Ost mehrheitliche
Zustimmung, allerdings in unterschiedlicher Höhe: So teilen die
Auffassung des Bundespräsidenten im Westen 71 Prozent (nicht
einverstanden: 25 Prozent) und im Osten 52 Prozent (nicht
einverstanden: 46 Prozent).
In diesem Monat gehört Otto Schily nicht mehr zu den zehn
wichtigsten Politikern. Dafür ist Ulla Schmidt wieder in die Top Ten
aufgestiegen: Weiterhin auf Platz eins Joschka Fischer mit einem
minimal besseren Durchschnittswert auf der +5/-5-Skala von 1,6
(Aug.: 1,5). Mit deutlichem Abstand und etwas verbesserten 0,3
(Aug.: 0,1) folgt Wolfgang Clement jetzt unmittelbar vor
Bundeskanzler Schröder, der sich von minus 0,3 auf jetzt 0,1
verbessern kann. Gleichauf Angela Merkel mit nur noch 0,1 (Aug.: 0,4)
vor Edmund Stoiber mit 0,0 (Aug.: 0,2), Franz Müntefering mit 0,0
(Aug.: minus 0,3) und Friedrich Merz mit unveränderten 0,0. Danach
Guido Westerwelle mit minus 0,5 (Aug.: minus 0,6). Auf dem vorletzten
Platz Hans Eichel mit leicht besseren minus 0,6 (Aug.: minus 0,8) vor
Ulla Schmidt mit minus 0,8.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der
Zeit vom 21. bis 23. September 2004 unter 1.245 zufällig
ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist
repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz
Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7
Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste bundesweite Politbarometer sendet das ZDF am Freitag,
15. Oktober 2004, nach dem "heute-journal".
ots-Originaltext: ZDF
Digitale Pressemappe: 
http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=7840

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