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Reich-Ranicki im "ZDF-Mittagsmagazin": "Nur eine bornierte und fanatische Minderheit in Israel widersetzt sich der deutschen Sprache"

Mainz (ots)

Marcel Reich-Ranicki fordert, dass Bundespräsident
Horst Köhler seine Rede im israelischen Parlament Anfang Februar auf
deutsch halten soll. Im "ZDF-Mittagsmagazin" am Mittwoch, 19. Januar
2005, sagte Reich-Ranicki: "Es handelt sich um eine kleine, doch wohl
bornierte und fanatische Minderheit, die sich der deutschen Sprache
widersetzt. Die junge Generation hat dafür, glaube ich, in Israel gar
kein Verständnis."
Der jüdische Publizist und Literaturkritiker könne es zwar zur "Not
verstehen", dass einzelne israelische Politiker einer von Köhler auf
deutsch gehaltenen Rede fernbleiben wollen. "Ich kann das aber auf
keinen Fall billigen. Ich finde das eine bedauerliche Entscheidung
und ein Missverständnis." Reich-Ranicki, der selbst Überlebender des
Holocausts ist, glaubt sogar, "dass der Bundespräsident viel
Sympathie finden wird, wenn er sich nicht beirren lässt und in der
deutschen Sprache in der Knesset spricht."
Zudem sieht Reich-Ranicki Deutsch nicht als die Sprache der
Täter. "Wieso die Sprache der Täter? Das ist die Sprache der großen
Dichter, die zum Teil Juden waren." Die Nazis, so Reich-Ranicki
weiter, hätten zwar "die deutsche Sprache verhunzt", aber die
deutsche Sprache habe "gerade in den Zeiten des Dritten Reichs einen
herrlichen neuen Höhepunkt erreicht. Freilich nicht in Deutschland,
sondern im Exil, wo die besten deutschen Schriftsteller waren, die
nichts mit den Nazis zu tun haben wollten." Denn gerade zwischen
1933 und 1945 seien die Meisterwerke von Thomas Mann oder von
Bertolt Brecht entstanden.
Reich-Ranicki sagte weiter, dass es vor allem deutschsprachige Juden
gewesen seien, "die die geistigen Grundlagen der modernen Welt"
gelegt haben. "Albert Einstein, der gerade jetzt gefeiert wird, oder
Sigmund Freud. Wir können uns ja die Psychologie ohne Freud, die
Physik ohne Einstein, die Musik ohne Gustav Mahler und Arnold
Schönberg, die Literatur ohne Franz Kafka nicht vorstellen. Der
Beitrag der Juden zur deutschen Kultur sollte in Israel nicht
vergessen werden."

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