Gremienspitzen von ARD und ZDF fordern Intendanten zur besseren Abstimmung bei Live-Übertragungen von Königshochzeiten auf
Mainz (ots)
Bei einem Treffen am 4. April in München haben die Mitglieder des Präsidiums des ZDF-Fernsehrats und die Gremienvorsitzenden der ARD die Intendanten von ARD und ZDF aufgefordert, ein Verfahren zu entwickeln, das die Vermeidung von Parallelübertragungen gesellschaftlicher Ereignisse wie z.B. Hochzeiten in Königshäusern sicherstellt. Anlass ist die Tatsache, dass es den Programmverantwortlichen bei der anstehenden Hochzeit des englischen Thronfolgers Prinz Charles erneut nicht gelungen ist, zu einer vernünftigen Arbeitsteilung zu kommen. Wie der Vorsitzende des Treffens Bernd Lenze betonte, sind solche Doppelübertragungen angesichts des geringen zusätzlichen Informationsgehalts dem Gebührenzahler kaum zumutbar.
Die Vertreter der Gremien von ARD und ZDF haben bei diesem Treffen darüber hinaus insbesondere aktuelle medienpolitische Fragen wie den Brüsseler "Blauen Brief" mit dem ARD-Vorsitzenden Professor Dr. Thomas Gruber und dem Intendanten des ZDF Professor Markus Schächter erörtert. Die Gremienvertreter vereinbarten, sich weiterhin mindestens einmal jährlich zu einem solchen Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen den Gremienspitzen der beiden großen öffentlich-rechtlichen Fernsehsysteme zu treffen. Sie betonten zugleich mit Blick auf die allgemeine Medienentwicklung die wachsende Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Hauptsäulen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Die Gremienvertreter wiesen die Meinung der EU-Kommission, der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland sei nicht ausreichend kontrolliert, entschieden zurück. In ihrer einstimmig verabschiedeten Resolution (siehe Anlage) betonen sie die intensive Kontrolle der Erfüllung und Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrages durch die Rundfunk- und Fernsehräte der Sender. Als gewählte Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen sichern sie die Interessen der Allgemeinheit an einem staatsunabhängigen öffentlichen Rundfunk. Mit ihren Beratungs- und Kontrollrechten haben sie den entscheidenden Einfluss auf die programmliche, finanzielle und personelle Entwicklung der Sender. Ein Versuch, staatliche Kontrollen an ihre Stelle zu setzen, stünde nicht in Einklang mit dem deutschen Grundgesetz.
Hinsichtlich der Bestimmung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrages haben die Gremienspitzen insbesondere auf die Konkretisierung durch Selbstverpflichtungen nach § 11 Abs. IV des Rundfunkstaatsvertrages verwiesen. An diesen erstmals im Oktober 2004 veröffentlichten Leitlinien bzw. Programmperspektiven haben die Gremien maßgeblich mitgewirkt. Nun gelte es, im Rahmen des für das Jahr 2006 anstehenden Berichts über die Erfüllung des Funktionsauftrags geeignete Verfahren für die Kontrolle durch die Gremien zu entwickeln. Hierüber wollen sich die Vertreter der Gremien von ARD und ZDF weiter austauschen.
In Bezug auf die Außendarstellung der Gremien wurde übereinstimmend festgestellt, dass die tatsächlich laufend geleistete Gremienarbeit in der Öffentlichkeit nur wenig wahrgenommen wird. Dies sei zwar im Modell der anstaltsinternen Kontrolle an sich angelegt und eher ein Zeichen der Funktionsfähigkeit des Systems. Gleichzeitig bestehe aber zu Recht auch eine Erwartungshaltung der Öffentlichkeit, dass die Gremien als Vertreter der Allgemeinheit und der Publikumsinteressen ihren Einfluss im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem nach außen deutlich machten. Auch in der Mitteilung der EU-Kommission sei hier ein Informationsdefizit feststellbar. Aus dieser Unkenntnis dürfe aber keinesfalls der Fehlschluss zugelassen werden, dass das bestehende und in der Rundfunkfreiheit angelegte Modell der binnenpluralen Kontrolle durch gesellschaftliche Vertreter nicht funktioniere.
Anlage:Stellungnahme der Gremienspitzen von ARD und ZDF zur Mitteilung der EU-Kommission vom 3. März 2005
Stellungnahme der Gremienspitzen von ARD und ZDF zur Mitteilung der EU-Kommission vom 3. März 2005:
Binnenplurale Kontrolle sichert die Erfüllung und Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrages
Der staatsunabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet in ganz Europa einen wichtigen Beitrag zum Pluralismus der Meinungen und Kulturen, zum Erhalt regionaler Identitäten und zur Stärkung der demokratischen Meinungsbildung. Daher hat der Europarat seine Mitglieder - zu welchen auch die EU gehört - ausdrücklich aufgefordert, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerade im Zeitalter der Digitalisierung aktiv zu unterstützen und zu stärken (Bericht zur grenzüberschreitenden Medienkonzentration Nov. 2004).
Die binnenplurale Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland entspricht seiner Bedeutung für die demokratische Kultur. Nur die staatsferne und staatsunabhängige Struktur und Kontrolle kann die besondere Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisten. Die Rundfunk- und Fernsehräte repräsentieren die maßgeblichen Kräfte der Gesellschaft. Als Vertreter der Allgemeinheit wachen sie staatsunabhängig über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist in Rundfunkstaatsverträgen, Gesetzen und den gesetzlich geforderten Selbstverpflichtungen detailliert ausgestaltet. Dieses dichte Geflecht von Vorgaben gibt den Gremien den nachvollziehbaren und konkreten Maßstab, um die Rundfunkanstalten unter Beachtung ihrer verfassungsrechtlich verbürgten Programmautonomie effektiv programmlich mit gestalten und kontrollieren zu können.
Den Gremien stehen hierzu weit reichende Kompetenzen zu. Dazu gehören Rechte zur Beratung und Mitgestaltung bei Programmfragen, Entscheidungsrechte bei Personalfragen sowie weitgehende Budgetrechte. In Form von Satzungen und Richtlinien können die Gremien den Anstalten bindende Vorgaben für die Erfüllung ihres Auftrages machen. Die Führungsebene der Rundfunkanstalten ist den Gremien gegenüber persönlich verantwortlich. Dies stellt sicher, dass Beratung und Überwachung auch wirksam sind.
Die binnenplurale Kontrolle ist aber auch deswegen effektiv, weil die Mitglieder der Gremien von ARD und ZDF bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in erster Linie Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit sind. Das unterscheidet sie maßgeblich von Überwachungsorganen privater Unternehmen.
Demzufolge machen die Gremien von diesen Gestaltungsmöglichkeiten ausgiebig Gebrauch, wenn dies auch oftmals nicht in dem Maße bekannt wird, wie es im Lichte der öffentlichen Debatte um die Zukunft der binnenpluralen Rundfunkordnung geboten erscheint. So haben die Gremien die Selbstverpflichtungen der Anstalten gemäß § 11 IV RStV, die zum 1.10.2004 erstmals veröffentlicht wurden, wesentlich mitgeformt.
Neue wirtschaftliche, technische und programmliche Entwicklungen machen immer wieder eine Anpassung der Gremienaufsicht als ständige Aufgabe der Binnenkontrolle notwendig. Damit entsprechen wir zugleich Forderungen sowohl des Bundesverfassungsgerichts wie der europäischen Gemeinschaft. Hierdurch ist gewährleistet, dass das gemeinsam mit KEF und Rechnungshöfen "flächendeckende" und staatsunabhängige Kontrollsystem erhalten bleibt.
Die in der informellen Mitteilung vom 3. März 2005 zum Ausdruck gebrachte Auffassung der EU-Kommission, die Erfüllung des öffentlich- rechtlichen Funktionsauftrages sei nicht ausreichend kontrolliert, ist zurückzuweisen.
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