Hans Leyendecker im "ZDF-Mittagsmagazin": Fernsehen verändert die Arbeit der Untersuchungsausschüsse
Mainz (ots)
Nach Ansicht des Leitenden Redakteurs der Süddeutschen Zeitung, Hans Leyendecker, verändert das Fernsehen die Arbeit der Untersuchungsausschüsse. Das erklärte er im "ZDF-Mittagsmagazin" am 25. April 2005. So habe sich etwa auch Joschka Fischer heute immer wieder an die Leute gewandt, an die Menschen draußen, die die Übertragung sahen. Genau darin sieht Leyendecker auch eine Schwierigkeit der Ausschussarbeit: "Viele Probleme sind zu kleinteilig, die Menschen vor den Fernsehern können dies nicht mehr nachvollziehen", sagte er. Das habe Fischer ausgenutzt und eine Rede über das Gesamtproblem gehalten. Darin liege allerdings, so Leyendecker, die eigentliche Funktion eines Ausschusses: der Klärung dieser Detailfragen und der Schlussfolgerung, wer dafür die Verantwortung übernehmen müsse. "Immerhin ist hier die Rede von 800 bis 900 Ermittlungsverfahren in Deutschland, die durch diese Art der Visa-Vergabe verursacht wurden."
Leyendecker ist der Meinung, der öffentliche Auftritt Fischers sei vor allem für den Minister von Vorteil. Anders als bei anderen Ausschüssen sei das Publikum hier nicht so sehr an den Feinheiten interessiert. "Ich habe viele Ausschüsse miterlebt, aber selten ein so großes Desinteresse, was die Inhalte angeht. Und da sein erster Auftritt dem Bild entsprach, das man von ihm hat, hat er da sicher Pluspunkte gemacht."
Fischer sei ein sehr charismatischer Politiker und geübt in Selbstdarstellung, sagte Leyendecker. Und diese Doppelvariante von "Bremsen und Gasgeben" habe er präsentiert. "Er hat die Opposition attackiert und gleichzeitig seine Demut gegenüber den Fehlern bekannt." Das Problem allerdings sei, so Leyendecker, dass ein Minister für das hafte, was seine Leute machen. Und das seien in der Regel Führungsfehler. Dazu habe sich Fischer allerdings bisher nicht geäußert.
Generell sprach sich Leyendecker für die öffentliche Vernehmung im Untersuchungsausschuss, wie in den USA auch üblich, aus. Transparenz sei immer gut. Die Frage sei jedoch, wer im Fernsehen gezeigt werde. Wenn man es im Fernsehen ausstrahle und dafür plädiert Leyendecker "dann auch mit sehr viel mehr Zeugen, die auch gehört werden können". Dazu zählten auch die Belastungs- zeugen, wie etwa der Oberstaatsanwalt, nicht nur die Entlastungszeugen.
Rückfragen bitte an:
Pressestelle
Telefon: 06131 / 70 2120
Original-Content von: ZDF, übermittelt durch news aktuell