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ZDF-Politbarometer April II 2005
Zustimmung für Kapitalismuskritik - aber SPD verliert
Fischer verliert weiter - aber Grüne stabil

Mainz (ots)

Trotz einer grundsätzlichen Zustimmung zur
Kapitalismuskritik von Franz Müntefering verschlechtert sich die
Stimmung für die SPD merklich, während die Grünen sich trotz
Visa-Affäre stabilisieren können. Die Union kann sich ein weiteres
Mal leicht verbessern. In der politischen Stimmung liegt die SPD
jetzt bei 28 Prozent (minus 3), die CDU/CSU bei 48 Prozent (plus 1),
die Grünen bei 10 Prozent (plus 1), die FDP bei 6 Prozent (plus 1)
und die PDS kommt auf unveränderte 4 Prozent.
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, kämen
längerfristige Überzeugungen und Bindungen an die Parteien sowie
taktische Überlegungen der Wähler etwas stärker zur Geltung. Dies
berücksichtigt die Politbarometer-Projektion: Die SPD käme danach auf
30 Prozent (minus 1), während sich die CDU/CSU auf 44 Prozent (plus
1) verbessert. Die Grünen erhielten 9 Prozent, die FDP 6 Prozent, die
PDS 5 Prozent und die sonstigen Parteien zusammen 6 Prozent (alle
unverändert). Damit hätte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP eine
klare Mehrheit im Bundestag.
Die von Franz Müntefering in die Debatte eingebrachte
Kapitalismuskritik findet grundsätzliche Zustimmung in weiten Teilen
der Bevölkerung: So teilen 74 Prozent die Meinung, dass viele
Unternehmen trotzt hoher Gewinne in Deutschland Arbeitsplätze
abbauen, lediglich 23 Prozent sind der Meinung, dass dies nur bei
wenigen der Fall sei. Dieser Meinung sind mehrheitlich alle
Parteianhängergruppen. Auch 66 Prozent der CDU/CSU-Anhänger werfen
dies vielen Unternehmen vor. Der Befürchtung von Franz Müntefering,
dass die Profitgier von Unternehmen langfristig unsere Demokratie
gefährdet, stimmen 58 Prozent zu. Dass diese Gefahr nicht besteht,
meinen 36 Prozent (weiß nicht: 6 Prozent).
Dominierend für die politische Stimmung für die SPD bleibt aber die
aus Sicht der Befragten geringe Kompetenz in den Bereichen
Wirtschaft und Arbeit und die daraus resultierende hohe
Unzufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung: So meinen
lediglich 35 Prozent, dass die Bundesregierung ihre Arbeit eher gut
mache, aber 59 Prozent, dass sie diese eher schlecht mache (weiß
nicht: 6 Prozent). Allerdings wird die Union nicht als attraktive
Alternative zur Bundesregierung wahrgenommen. So meinen nur 26
Prozent, dass eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung es besser machen
würde, 9 Prozent meinen, sie würde es sogar schlechter machen als
die jetzige Bundesregierung und für 62 Prozent wäre da kein großer
Unterschied.
Der Auftritt von Joschka Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss
hat relativ wenig an früheren Einstellungen verändert: Die aus der
Union erhobene Forderung, Joschka Fischer solle vom Amt des
Außenministers zurücktreten, findet nur unwesentlich mehr Zustimmung
als vorher: Jetzt stimmen 27 Prozent der Rücktrittsforderung zu
(März: 23 Prozent), 61 Prozent (März: 64 Prozent) halten einen
Rücktritt nicht für erforderlich (weiß nicht: 12 Prozent). Dass die
Visa-Affäre den Grünen langfristig schaden wird, glauben nur 38
Prozent und 51 Prozent glauben das nicht (weiß nicht 11 Prozent).
Darin sind sich auch mehrheitlich alle Parteinanhängergruppen einig,
wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Selbst bei den Anhängern
der CDU/CSU erwarten nur 44 Prozent, dass diese Affäre den Grünen
langfristig schaden wird, bei den Grünen selbst sind es 29 Prozent.
Deutlichere Wirkung hat die Vernehmung von Fischer auf sein
persönliches Ansehen: Die langjährige Nummer eins der Top Ten
rutscht auf Platz sechs ab. Weiterhin beliebtester Politiker bleibt
Christian Wulff. Er erreicht einen Durchschnittswert auf der +5/-5-
Skala von 1,3 (April I: 1,1). Allerdings trauen sich weiterhin zwei
von fünf Befragten kein Urteil über ihn zu. Danach ein breites
Mittelfeld angeführt auf der Position zwei von Otto Schily mit 0,4
(April I: 0,5). Es folgt mit Einbußen Gerhard Schröder mit 0,2
(April I: 0,4) unmittelbar vor Angela Merkel, die jetzt ebenfalls
auf 0,2 kommt (April II: 0,1), und vor Wolfgang Clement auch mit 0,2
(April I: 0,1). Danach folgt Joschka Fischer, der mit nur noch 0,1
(April I: 0,4) ein weiteres Mal zwei Plätze zurückgefallen ist.
Knapp dahinter Edmund Stoiber mit 0,0 (April I: minus 0,1). Danach
der Negativ-Bereich: Guido Westerwelle mit minus 0,5 (April I: minus
0,6) vor Hans Eichel mit unveränderten minus 0,7 und vor Ulla
Schmidt mit minus 0,9 (April I: minus 0,7).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der
Zeit vom 26. bis 28. April 2005 bei 1285 zufällig ausgewählten
Wahlberechtigten telefonisch geführt. Die Befragung ist repräsentativ
für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Die
Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7 Prozentpunkte, bei
den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste reguläre Politbarometer gibt es am Freitag, 27. Mai
2005, nach dem "heute-journal". Am Freitag, 13. Mai 2005, gibt es
ein Politbarometer Extra zur Lage in Nordrhein-Westfalen.

Rückfragen bitte an:

Pressestelle
Telefon: 06131 / 70 - 2120

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