Heiner Geißler im "ZDF-Mittagsmagazin": "Bisher keine echte Reform"
Mainz (ots)
In den bisherigen Vorschlägen der Großen Koalition zur Gesundheits- und Sozialpolitik fehlt dem ehemaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler der "große Wurf". "Das, was bisher herausgekommen ist, das kann man ja nicht als Reform bezeichnen. Eine Kombination aus Bürgerversicherung und Kopfpauschale wäre hingegen ein echtes Reformprojekt", sagte Geißler, am Freitag, 11. November 2005, im "ZDF-Mittagsmagazin". "Wir müssen bei den Beiträgen für die Sozialversicherung von der Lohnkoppelung wegkommen", sagte er. Bisher sei dies nicht gelungen, sondern auf Ende nächsten Jahres verschoben worden. Allerdings sei diese Verschiebung vernünftig, da dieses Projekt ein "echtes Reformprojekt" sei. Ferner sprach Geißler sich dafür aus, die Diskussionen von einer Kommission in das Parlament hinein zu verlagern. "Damit da nicht wieder lauter Leute drin sitzen, die von dem, das sie beschließen, nicht betroffen sind."
Geißler wiederholte seine, wie er es selbst nannte, fundamentale Kritik an der Wirtschaftspolitik: "Man hätte sich darauf konzentrieren müssen, die Binnennachfrage anzukurbeln. Das wäre der entscheidende Punkt gewesen. Insofern hätte man durchaus mal von diesen Maastricht-Kriterien wegkommen müssen." Geißler verwies dabei auf die USA: "Die Amerikaner machen das auch, vier bis fünf Prozent Nettokreditaufnahme, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln." Außerdem brauche man in Deutschland eine maßvolle Lohnerhöhung. "Damit die Leute wirklich wieder mehr Geld in der Tasche haben und der Einzelhandel wieder belebt werden kann. Das ist auf dem Bau genauso."
Die Vorschläge zum Arbeitsrecht lehnte Geißler ab: "Da macht man den Leuten ja noch mehr Angst. Was wir brauchen, ist, dass die Menschen wieder Zuversicht und Hoffnung bekommen, dass sie den Eindruck erhalten, es lohnt sich, wenn sie arbeiten und auch den gerechten Lohn bekommen." Vorschläge in Richtung Lohndumping oder die Diskussionen um die Ablehnung des Flächentarifvertrages seien die falschen Projekte. Das sei psychologisch "ein bisschen schief gelaufen".
Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer findet Geißler "dann in Ordnung, wenn ein Teil der Mehrwertsteuer oder möglichst viel eben, verwendet wird, um die Beiträge in der Arbeitslosenversicherung zu senken." Zudem mache "eine Mehrwertsteuer-Erhöhung nur dann Sinn, wenn gleichzeitig die direkte Abgabenlast gesenkt wird", unterstrich Geißler. Das sei beschlossen. Er sei aber gespannt, ob es auch so weit komme. Es sei vom Prinzip her nicht falsch, dass man die direkte Belastung der Menschen vermindere und dafür die indirekte Belastung - die Verbrauchssteuern - erhöhe.
Als überflüssig bezeichnete Geißler die Diskussion um den Kündigungsschutz und die Reichensteuer: "Das sind Fiesematenten, die keine Arbeitsplätze bringen, sondern durch die zum Schluss eben noch die Lieblingsprojekte durchgebracht werden können", sagte Geißler. Im Grunde könnte man heute Mittag die Verhandlungen beenden, in dem man auf diese Themen verzichte.
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