ZDF-Mittagsmagazin am 16. März 2006
Gesundheitsexperte Eckhard Nagel: Schlechte Arbeitsbedingungen treiben junge Ärzte aus dem Land
Mainz (ots)
Professor Eckhard Nagel, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften an der Universität Bayreuth, fordert ein Einlenken der Arbeitgeber angesichts der Forderungen der Ärzte nach 30 Prozent mehr Gehalt. "Denn die beziehen sich nicht auf die konkrete Bezahlung, sondern darauf, ob die Millionen von Überstunden in Zukunft bezahlt werden oder nicht" sagte Nagel im "ZDF-Mittagsmagazin". Ohne ein Einlenken der Arbeitgeber würden immer noch mehr junge Ärzte das Land verlassen. "Das ist auch volkswirtschaftlich überaus schädlich", unterstrich Nagel. Die Forderungen der Ärzte hätten, so Nagel, eine ganz andere Dimension als die der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Während sich die Diskussion dort um 40 oder 38,5 Stunden drehe, gehe es hier um 60 oder 70 statt 48 oder 54 Stunden.
Der Weggang von Ärzten könne nur gestoppt werden, wenn man die ganze Bandbreite der Probleme beachte. "Da geht es nicht nur um ein höheres Gehalt, da geht es insbesondere auch um die Arbeitsbedingungen und um die Zukunftsperspektiven für junge Ärztinnen und Ärzte." Weitere Einsparungen im Gesundheitswesen bedeuteten, dass sich die Arbeitsbedingungen auch in Bereichen außerhalb des Krankenhauses verschlechterten. Früher habe es so funktioniert: "Ein junger Arzt leistete viel freiwillige Arbeit, um am Ende als niedergelassener Arzt oder Ärztin viel Geld zu verdienen. Diese Struktur gibt es nicht mehr. Heute sind auch Chefärzte schlechter bezahlt als früher. Dementsprechend ist die Zukunftsperspektive nicht mehr gegeben", sagte Nagel.
Nagel betonte, dass die Veränderungen der letzten Jahrzehnte nicht unbeachtet bleiben dürften. Ungefähr seit 1986 habe es Einsparmaßnahmen im Bereich der Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten und Gehaltskürzungen gegeben. Die Arbeitszeiten hätten sich in dieser Zeit aber nicht verändert. Darüber hinaus habe es Ausbildungsveränderungen gegeben, wonach junge Leute für nur 1200 Euro 58 Stunden in der Woche arbeiteten. Nagel sprach von dem Konflikt als einem "Problem, was sich lange angekündigt hat". Und nun werde es kenntlich, weil die Ärzte erstmalig durch Streiks darauf aufmerksam machten.
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